Wie erfahren die Bewohner der deutschsprachigen Gemeinschaft ihre Identität und das politische Autonomiebestreben? (Sofie Decoster) |
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Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist für die meisten der unbekannte Winkel Belgiens. So wird zum Beispiel oft von der Deutschsprachigen Gemeinschaft und von den Ostkantonen als von einem und demselben Begriff gesprochen.. Oder wir benutzen, zu großem Bedauern der Bewohner, den falschen Namen Duitse Gemeenschap. Außerdem berichtet die flämische Presse überhaupt nichts von dem, was in der Deutschsprachigen Gemeinschaft passiert. Sie wird beständig vergessen und bleibt das „unbekannte Kind“ des Föderalstaates.
Obengenannte Gründe sind für mich genügend Anlass gewesen, meine Diplomarbeit diesem ‚vergessenen Gebiet’ zu widmen. Meine Arbeit bezieht sich vor allem auf die Stellung der Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu einigen Themen die die vergangenen zwei, drei Jahre die deutschsprachige Presse beschäftigt haben, nämlich die Frage nach der Identität der deutschsprachigen Belgier und die Frage nach dem politischen Autonomiebestreben. Diese zwei Begriffe sind von der Politik als ganz aktuell und besonderes wichtig für die Bevölkerung befunden worden. Meine Fragen waren dann: Wie betrachten die Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft diese zwei Begriffe und spielen sie tatsächlich eine solch große Rolle für die Bewohner, oder sind sie vor allem für die politische Welt innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft von großer Bedeutung? Wenn sich die Antwort als positiv ergibt, wäre eine weitere Frage: in wie weit instrumentalisiert die Politik eine (selbsterfundene) öffentliche Meinung?
VERANTWORTUNG DER QUELLEN UND DER ARBEITSMETHODE
Ich habe dafür gewählt, meine Diplomarbeit in drei Teile aufzuteilen: ein erster Teil beschränkt sich auf die historische Geschichte der Gebiete, die wir heute die Ostkantone und die Deutschsprachige Gemeinschaft nennen. Ein zweiter Teil erklärt die politische Entwicklung der Deutschsprachigen Gemeinschaft während der verschiedenen Staatsreformen und ihre Aufgaben. Diese zwei Teile bilden ein Sprungbett zum dritten und wichtigsten Teil, nämlich die Stellung der Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft zum Identitätsbild und zum politischen Autonomiestreben. Ein letzter Punkt in diesem dritte Teil bilden einige Ereignis, die ich als „der bewegte Sommer 2002“ zusammengefasst habe. Diese Ereignisse haben in der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine große Polemik verursacht und stehen ebenfalls mit der Identitäts- und Autonomiefrage in Zusammenhang.
Für den ersten Teil habe ich mich vornämlich auf Bücher und Artikel basiert, die sich mit der historischen Entwicklung des Gebietes befassen. Viele Informationen zum Literaturkanon was die Geschichte betrifft, habe ich in der Deutschsprachigen Gemeinschaft selbst gefunden. Andere Bücher und Artikel habe ich in der öffentlichen Bibliothek von Löwen und in den Bibliotheken der K.U.-Leuven gefunden.
Der zweite Teil basiert auch hauptsächlich auf Bücher und Artikel, aber hier kommen Publikationen und Ausschüsse des RDG, Reden vom Minister-Präsidenten Lambertz und Zeitungsartikel dazu. Außerdem habe ich im Internet die belgische Verfassung benutzt um Rechtsartikel zu vergleichen und die richtige Nummer der bezüglichen Gesetze zu notieren.
Der dritte Teil basiert hauptsächlich auf existierende Umfragen von DG-Historikern oder vom RDG, auf Zeitungsartikel des Grenz-Echos oder anderer Zeitungen und auf zwei Umfragen, die ich selbst aufgestellt habe. Aber selbstverständlich habe ich mich auch in diesem Teil manchmal auf existierende Quellen wie Bücher, Artikel usw. basiert.
Was meine Arbeitsmethode betrifft, habe ich mich anfangs also einige Fragen gestellt, denn ich bin mir bereits einige Jahre bewusst, dass ich zu diesem Teil Belgiens nur wenig Bescheid wusste. Eine erste Frage lautete also: Wer sind genau diese deutschsprachigen Belgier, von denen wir im Zentrum unseres Landes so wenig erfahren? Wie sehen sie sich selbst; als Belgier, Deutsch-Belgier oder Ostkantoner? Wie nennen sie das Gebiet, in dem sie wohnen? Was meinen sie dazu, dass sie über keine eigene Region verfügen und weshalb ist das so? Sind sie zufrieden mit ihrem Platz im belgischen Staatsgefüge und ihrer erreichten Autonomie, oder wünschen sie mehr? Wenn sie mehr wünschen, was wünschen sie dann? Um die Antworten auf diese Fragen möglichst genau zu umschreiben, habe ich verschiedene Male Feldforschung in Eupen und Sankt-Vith gemacht.
Anhand dieser Fragen konnte ich im November eine erste Umfrage aufstellen, die nach der Identität der deutschsprachigen Belgier sondierte. Dank der Literatur über die ich verfügte, wurden einige meiner Fragen bereits im Voraus in einigen Büchern oder Artikeln gelöst, aber als ich dann die Antworten auf meine Fragebogen bekam, stellte sich heraus, dass diese Ergebnisse nicht immer entsprachen, was ich gelesen hatte. Zweitens stellte sich heraus, dass ich noch eine zweite Umfrage brauchte, die manche Details mehr erklären würde. Deshalb bin ich Mitten März nochmals zu Eupen gefahren, um die Leute noch einige zusätzliche Fragen zu stellen. Nachher habe ich auch diesen Fragebogen schriftlich in Eupen und Sankt-Vith ausgeteilt.
Dank diesen zwei Fragebogen, den Gesprächen, die ich geführt habe, den Zeitungsartikeln, die ich benutzt habe und meinen Büchern und Artikeln, werde ich in dieser Diplomarbeit versuchen, ein ziemlich genaues Bild zu skizzieren über das, was man die Identität der DG und das Streben nach Autonomie nennt.
TEIL I: ALLGEMEINE SITUIERUNG DES THEMAS IN DER GESCHICHTE
Um die Gegenwart und die Zukunft eines Gebietes und seiner Bevölkerung zu verstehen, soll man sich seine Vergangenheit anschauen und sie analysieren. Vor allem für die Grenzregion, die die Deutschsprachige Gemeinschaft darstellt, trifft diese These zu.
1.1. GEOGRAPHISCHE UMSCHREIBUNG[1]
Im Voraus ist es wichtig, sich die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Begriffe Deutschsprachige Gemeinschaft (DG) und Ostkantone zu vergegenwärtigen, denn sie werden oft – zu Unrecht – vermischt.[2]
Die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens ist mit einer Größe von ungefähr 854 Km² die kleinste politische Komponente des Föderalstaates Belgiens, so behaupten die Einwohner und die Informationsbroschüren. Sie beherbergt etwa 71000 Leute,[3] die in zwei Kantonen wohnen: Eupen und Sankt-Vith. Es gibt noch ein dritter, französischsprachiger Kanton, nämlich Malmedy,[4] der aber nicht zur Deutschsprachigen, sondern zur Französischsprachigen Gemeinschaft gehört. Die drei Gebiete zusammen bilden die Ostkantone.[5]
Die Ostkantone,[6] also die Deutschsprachige Gemeinschaft mit dem französischsprachigen Malmedy, sind 100 km lang und 30 km breit. Gesamt umfassen sie eine Oberfläche von 868 Km². In den Ostkantonen wohnen ungefähr 90 000 Leute. Der Landstrich grenzt an die Niederlande, an die Bundesrepublik Deutschland und an das Großherzogtum Luxemburg. Diese Grenzlage wird sich als ganz wichtig für das Identitätsgefühl der deutschsprachigen Belgier[7] erweisen.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft kann geografisch in zwei Teile unterteilt werden: es gibt das dichtbesiedelte Eupener Land im Norden und den größeren zwar waldreichen aber dünnbesiedelten belgischen Eifel im Süden. Das hohe Venn, ein Hochmoorgebiet, bildet zwischen den beiden eine natürliche Spaltung. Im nördlichen Teil hat sich die Wirtschaft mit der Metallverarbeitung als großem Industriezweig gesammelt. Im Süden spielt die Forst- und Holzwirtschaft eine bedeutende Rolle, genau wie der Tourismus.
1.2. LAND OHNE NAMEN[8]
Wie bereits erwähnt, hat das kleine waldreiche Gebiet im Osten Belgiens eine mehr oder weniger isolierte Lage. Wenig ist den Belgiern über diese Region bekannt, weder über ihre Geschichte, noch über ihre gegenwärtige Lage und ihre Bewohner. Es ist sogar unbekannt, dass dieses Gebiet große Schwierigkeiten empfunden hat, was den Namen betrifft. Wie soll man die Region mit seinen elf Gemeinden, in dem die bestgeschützte Minderheit Europas wohnt,[9] nennen? Das ist eine Frage, auf die die Antwort nicht so einfach zu formulieren ist. Es gibt nämlich verschiedene Benennungen, alle aber mit einer anderen Bedeutung.
Die Kantone Eupen und Sankt-Vith gehören – wie bereits erwähnt – beide zur Deutschsprachigen Gemeinschaft oder DG,[10] was sich auf die Bevölkerung der Gegend bezieht. Der Name Deutschsprachige Gemeinschaft hat eine politische Bedeutung und bezeichnet eine Einheit von neun Gemeinden. Seit der Gründung der DG 1984[11] wird diese Benennung allgemein benutzt.
Der Eupener Kreis umfasst die Gemeinden Eupen, Kelmis (das frühere Neutral-Moresnet), Lontzen und Raeren. Zum Sankt-Vither Kreis gehören die Gemeinden: Amel, Büllingen, Burg-Reuland, Bütgenbach und Sankt-Vith. In den meisten Gemeinden wird Deutsch gesprochen, nur das Gebiet Malmedy ist französischsprachig und ist mit den zwei Gemeinden Malmedy und Weismes Teil der Französischen Gemeinschaft[12].
Die Ostkantone, eine dem Versailler Vertrag gemäß entstandene Bezeichnung, bilden die drei Kreise Eupen, Sankt-Vith und Malmedy. Die Ostkantone bilden ein erster Versuch, einen umfassenden Namen für das ganze Gebiet zu suchen. Der Ausdruck kann als eine geografische oder wirtschaftliche Entität fungieren.[13] Sowohl in der Amtssprache als bei der Bevölkerung hat diese Benennung bis die achtziger Jahre großen Anklang gefunden. Heutzutage soll man dennoch darauf achten, den Begriff zu oft und in jedem Kontext im Mund zu nehmen, denn mit dem Wegfallen des Kantons Malmedy nach der Gründung der Deutschsprachigen Gemeinschaft, verlor dieser Ausdruck an Bedeutung.[14]
Es gibt noch weitere Bezeichnungen, die alle in den letzten achtzig Jahren entstanden sind, die aber heute nicht mehr benutzt werden. Die Bezeichnung Eupen-Malmedy zum Beispiel, war vor allem in den zwanziger Jahren – also nach der Abtrennung von Deutschland – populär und war hauptsächlich in der reichsdeutschen Terminologie geläufig. Mit dieser Benennung verwies man auf die alten Kreisstädte unter der preußischen Herrschaft.[15] Belgien lehnte den Namen wegen dieser Gründe aber ab: die Bindung mit Deutschland soll verschwinden. Dabei kam noch, dass auch Sankt-Vith sich inzwischen zur Kantonshauptstadt entwickelt hatte, so dass in der Zukunft von drei Teilen die Rede sein würde, und der Name Eupen-Malmedy-Sankt-Vith war zu lang, um praktisch zu sein. Deshalb ist auch er verschwunden.
Vor dem Zweiten Weltkrieg war ebenfalls von Neubelgien[16] die Rede, eine Benennung, die heutzutage noch in zahlreichen Publikationen vorkommt. Der Name verweist auf die Deutschsprachigen, die nach dem Ersten Weltkrieg durch den Versailler Vertrag von 1919 belgische Einwohner geworden sind.[17]
Rund 1950 kam noch der Begriff Ostbelgien hinzu. Er bildete eine Art von Konkurrenz für die Benennung Ostkantone, aber dennoch war er als Beschreibung ziemlich vage. Wo stoppt Ostbelgien? Im deutschsprachigen Teil, in Limburg, oder hört auch das östliche Teil Luxemburgs dabei? Der Name Ostbelgien hat sich sogar noch ausgebreitet bis Deutschostbelgien. Andere konkurrierende Namen sind Deutschbelgien ‚Deutschprachiges Belgien, Deutsche Kulturgemeinschaft und so weiter.
1.3. SPUREN IN DIE VERGANGENHEIT[18]
In dem nächsten Kapitel werde ich versuchen, die Geschichte des deutschsprachigen ostbelgischen Gebietes ein wenig zu erläutern und zu erklären, weshalb die geschichtliche Lage des Gebietes und die vielen Nationalitätenwechsel das heutige Identitätsbewusstsein so geprägt haben.
1.3.1. BIS DEM WIENER KONGRESS
1.3.1.1. Die verschiedenen Gebiete im Mittelalter[19]
Die Ostkantone[20] wurden im Mittelalter von vier unabhängigen Gebieten verwaltet. Die Grafschaft (und später das Herzogtum) Luxemburg besaß den südlichen Teil, nämlich den belgischen Eifel mit Sankt-Vith[21]. Der nördliche Teil (das heutige Eupen[22]) wurde der Grafschaft Limburg zugesprochen und war ab 1288 Teil von Brabant.[23] Das Hochmoorgebiet Malmedy mit den wallonischen oder französischsprachigen Gebieten, gehörte zu der französischsprachigen Reichsabtei Stavelot-Malmedy[24] und war Teil des Kölner Bistums.[25] Ab dem 12. Jahrhundert entwickelte sich dort die Ortschaft Malmedy als eine eigenständige, selbstverwaltete Siedlung, die immer französischsprachige geblieben ist. Der Osten, mit Büllingen, Bütgenbach und Manderfeld-Schönenberg gehörte zum Kurfürstentum Trier.[26]
1.3.1.2.Französisch unter Napoleon und deutsch unter Bismarck[27]
1.3.1.2.1. Unter französischer Herrschaft (1794-1815)
Ab dem 10. Oktober 1795 gehörte die ganz Region zum Ourthe-Departement[28] und sie wurde in drei Kantone eingeteilt: Eupen, Malmedy und Sankt-Vith.[29] Manderfeld und Schönenberg (der äußerst östliche Teil Malmedys[30]) gehörten zum Saardepartement.[31]
Nach der schmerzlichen Niederlage Napoleons in der Schlacht bei Waterloo wurde die europäische Karte auf dem Wiener Kongress aufs neue studiert und eingehend neugeordnet. Damit wurde die Einheit der Herzogtümer Luxemburg und Limburg und der alten Reichsabtei Stavelot-Malmedy zerbrochen:[32] Eupen, Sankt-Vith, das französischsprachige Malmedy-Weismes, die Kantone Cronenburg und Schleiden und das Gebiet von Moresnet (Kanton Aubel) wurden Preußen zugesprochen.[33]
Der endgültige Grenzvertrag zwischen den Niederlanden und Preußen fand 1816 statt und sofort teilte Preußen seine neuen Besitztümer in drei Landkreise ein: Eupen, Malmedy und Sankt-Vith. Diese Einteilung ist auch heute noch üblich.[34] 1821 aber, wurde der Kreis Sankt-Vith wieder aufgelöst und mit Malmedy vereinigt, so dass in Preußen von nur zwei Landkreisen mehr die Rede war.
1.3.1.2.2. Die Sonderposition von Moresnet[35]
Moresnet[36] war Teil des Arrondissements Malmedy. Wegen seiner Galmeigruben bildete es zwischen 1816 und 1919 ein großes Streitobjekt zwischen den Niederlanden[37] und Preußen. Die beiden Mächte konnten sich über die Grenze nicht einigen, so dass eine doppele Grenze gezogen wurde: die preußische Grenze war die Linie, wie die Niederlande es sehen wollten und die holländische Grenze war die Linie, wie Preußen sie haben möchte. Weil die beiden Mächte immer noch nicht zufrieden waren – das kleine Gebiet des Aubelkantons war wirtschaftlich zu wichtig –war man zum folgenden Beschluss gekommen: Das Gebiet wurde in drei geteilt: ein Teil für die Niederlande (der ab 1830 also unter belgischer Herrschaft stand) und ein zweiter Teil für Preußen.[38] Ein dritter, neutraler Teil, Neutral-Moresnet, kam unter der Verwaltung beider Staaten, die aber keiner der beiden das Gebiet militärisch besetzen konnten.[39] Neutral-Moresnet, das ungefähr hundert Jahre auf diese Weise bestanden hat, bildete eine Art von Kleinstaat, in dem Wehrpflicht und Steuern nicht gekannt waren und wo die Polizei nur in beschränktem Maße anwesend war.[40]
1.3.1.2.3. 105 Jahre preußische Herrschaft[41]
Durch die neue Grenze ab 1815 wurden etwa 10 000 Französischsprachige zu preußischen deutschsprachigen Einwohnern und ebensoviel deutschsprachige Limburger gehörten plötzlich zum Königreich der Niederlande.
Diese Anpassung verlief nicht problemlos. Anfangs betrachteten die neuen Kreise die preußische Herrschaft mit Vorbehalt, aber einige Jahre später hatte sich auch in den neuen Bezirken das preußische Nationalgefühl verbreitet und im Laufe des Jahrhunderts (1816-1919) wuchs das Zugehörigkeitsgefühl und die Idee der Gemeinsamkeit mit der deutschen Nation noch mehr, so dass die annektierten Regionen ganz ins deutsche Gebiet hineinwuchsen und verdeutscht wurden.[42]
Eupen stand der preußischen Verwaltung anfangs eher ablehnend gegenüber. An erster Stelle spielten religiöse Überzeugungen hier eine Rolle: Eupen war katholisch und Preußen galt als stark evangelisch. Zweitens gab es die preußische Disziplin (eine Spur der Verwaltung Friedrichs des Großen), etwas, was die Eupener mit ihrer lascheren Haltung schlecht annahmen. Drittens war die Eupener Bevölkerung enttäuscht zu sehen, dass die Preußen gleiche Maßnahmen nahmen, die unter dem französischen Regime als verachtenswert betrachtet wurden.[43]
Malmedy hatte sich ohne viel murren an seine neue Lage angepasst und erzielte mit der Einverleibung viele Vorteile – vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet. Die französischsprachigen Preußen waren dem Königreich treu ergeben und fühlten sich mit dessen Schicksal innig verbunden. 1856 lobte König Friedrich Wilhelm IV. die Malmedyer in seiner Rede mit den folgenden Worten: „Je suis fier d’avoir dans ma monarchie un petit pays, où l’on parle français.“[44] Der Kreis änderte seine Meinung aber dann, als die französische Sprache immer mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. Schon 1879 verlief das ganze Schulwesen auf Deutsch und zwanzig Jahre später wurde das Französisch sogar völlig aus der Schule verbannt, so dass die Malmedyer zwar noch französisch sprechen, aber nicht mehr schreiben konnten. Die Ablehnung der Eindeutschung wuchs ständig, und obwohl die Politik Bismarcks viel Begeisterung erregte und dem deutschen Nationalgefühl einen Aufschwung gab, wirkten sich die unruhigen Revolutionsjahre (wie die Periode um 1848) auch im preußischen Königreich aus: der Eupenener Stadtrat richtete sogar eine Bitte an den König, dem Kreis mehr demokratische Rechte zu gewähren. Der Landtagsabgeordnete A.W. Hüffer bat sogar um eine freisinnige Konstitution für Preußen. 1848 wurde in Eupen die republikanische großdeutsche Idee immer größer.[45] Am Ende des 19. Jahrhunderts erreichte die Kritik seinen Höhepunkt, in erster Linie von den Geistlichen getragen, die nicht mit dem Kulturkampf Bismarcks[46] einverstanden waren.[47]
1.3.2. ZUGEHÖRIGKEIT ZU BELGIEN
Das folgende Zitat beweist, dass die problematische Frage nach der Identität 1918 entstanden ist, als die Gebiete Eupen, Malmedy und Sankt-Vith zu Belgien gefügt wurden. Die ersten Jahre nach der Einverleibung fühlten sich die Neubelgier in ihrer neuen Heimat nicht zu Hause und während verschiedener Jahrzehnte blieben die Identitätsfrage und Interesse für diesen Zeitraum sogar verpönt:
Die Geschichte bis 1914 wird von den Historikern aufgearbeitet, ab 1973 steigen die Politiker ein. Dazwischen liegt ein Segment von 60 Jahren Vergangenheit mumifiziert und luftdicht verschlossen in einem Sarg. Und jeder fürchtet, dass, sobald der Sarg geöffnet wird, die Vergangenheit aus der Asche aufsteigt. Geschichte unter Verschluss oder, um einen bekannten Titel aus einem ganz anderem Bereich aufzugreifen, ‚Verschlusssache’ Regionalgeschichte.[48]
1.3.2.1. Die schwierige Integration in Belgien unter Baltia[49]
Im Ersten Weltkrieg kämpften die Eupen-Malmedyer als Einwohner des deutschen Reiches auf deutscher Seite mit. Die Zahl an Kriegsopfern war fürchterlich groß: Eupen verlor 766 Leben und Malmedy sogar 1082. Die Enttäuschung über die deutsche Niederlage war enorm.
Schon im Juni 1919 wurde dem besiegten Land im Spiegelsaal des französischen Schlosses von Versailles der Friedensvertrag[50] vorgelegt, den Deutschland am 23. Juni akzeptierte und der schon den 26. desselben Monats in Kraft trat. Der Versailler Vertrag besagte (in Artikel 32, 33 und 34[51]), dass dieselben Gebiete, die 1815 durch den Wiener Kongress Teil von Preußen waren, Belgien als Kriegsentschädigung geschenkt werden mussten. Obwohl es in seinen Forderungen von Frankreich unterstützt wurde,[52] ist Belgien aber enttäuscht worden, weil nicht alle Gebiete, auf die es gehofft hatte, auch tatsächlich übertragen worden sind.[53] Nur Eupen, Malmedy und Sankt-Vith wurden nach einer umstrittenen Volksbefragung für ungefähr zwanzig Jahre belgische Gebietskantone.[54] Auch das so strittige Moresnet wurde an Belgien abgetreten. Mit der Annektierung war der belgische Staat 45 000 bis 50 000 Deutsche und 9000 preußische Wallone reicher geworden.
1.3.2.1.1.Der Sonderstatus zwischen 1920 und 1925[55]
a) Die Eingliederung von politisch-juridischer Seite betrachtet
Ab dem 10. Januar 1920 wurde der Versailler Friedensvertrag ratifiziert und wurde der General Herman Baltia[56] für das Hineinwachsen der neuen Gebiete Eupen, Malmedy und Sankt-Vith in Belgien zuständig. Während der Monate die auf die Integration folgten, konnten die Einwohner der Regionen sich schriftlich gegen diesen Entschluss beschweren und den Wunsch äußern, wieder bei Deutschland gefügt zu werden. Die Verunsicherung über Rückgabe oder Nicht-Rückgabe an Deutschland wuchs. Die berüchtigte Volksumfrage sollte zwischen dem 26. Januar und dem 23. Juli unter der Aufsicht des belgischen Staates stattfinden, und nachher dem Völkerbund vorgelegt werden. Dennoch ist an dieser Befragung schwere Kritik entstanden: so wurde zum Beispiel behauptet, dass die Volksbefragung verfälscht sei und von Belgien aus unter Druck gesetzt (Entzug von Lebensmittelkarten, kein Geldumtausch, Ausweisung...).
Den 23. Juli 1920 wurde das Ergebnis bekannt gemacht. Von den 63 940 Einwohnern waren etwa 33 627 stimmberechtigt. Insgesamt kamen 271 Proteststimmen heraus, unter denen ein großer Teil von deutschen Funktionären war, die die Annexion an Belgien abgelehnt hatten. Also fand der Anschluss, trotz des Widerwillens von deutscher Seite am 16. September 1920 statt. Am 17. August wurde die Abtretung vom Völkerbund bestätigt. Nur für ein Dorf hatte die Volksbefragung etwas geändert: Losheim[57] wurde nach der Befragung auf Wunsch der Bewohner wieder bei Deutschland gefügt.[58] 1935 kehrte auch das Saarland wieder zu Deutschland zurück, was die Neubelgier doch wieder Hoffnung auf eine Rückkehr in die deutsche Heimat gab.[59]
Nach der Volksbefragung und dem (bis 1940) endgültigen Anschluss an das Königreich Belgien, startete eine fünf Jahre dauernde Übergangszeit[60] unter dem Regime des Generals Baltia. Um die Gebiete völlig in den politischen und rechtlichen Bereich einzuordnen, war eine Einverleibungsperiode von 5 Jahren geplant. [61]
Den 6. März 1925 wurden die Gebiete nach einem Eingliederungsgesetz integraler Bestandteil Belgiens und bildeten sie die drei Gerichtskantone Eupen, Malmedy und Sankt-Vith. 1925 war übrigens auch das Jahr der Locarno-Verträge[62], in denen die Deutschen versprechen sollten, die Grenze, wie sie im Versailler Vertrag festgelegt waren, zu respektieren.[63]
b) Die Eingliederung von gefühlsmäßiger Seite betrachtet
Belgien hat sich für die Abtretung seiner neuen Gebiete auf historische, linguistische (die gemeinsame [Sprachen]Geschichte[64]) und wirtschaftliche Motive berufen. Viele Quellen, wie Rosensträter und Jenniges zum Beispiel, behaupten jedoch, dass diese Annexion eine ‚große farce’[65] gewesen sei, weil sie nach einem ‚Scheinferendum’[66] beschlossen worden sei, in dem die beteiligte Bevölkerung nichts zu sagen hätte. Außerdem habe Belgien für diese Gebiete nie ein ausgesprochenes Interesse gezeigt, und wollte es nur Entschädigungen bekommen.[67] Deutschland seinerseits fühlte sich verletzt, denn auch dieses Land berief sich auf linguistische und Rassenfaktoren um sein Recht auf die Gebiete gelten zu lassen.[68] Man könne sogar vom Arndtprinzip[69] sprechen: „Was ist des Deutschen Vaterland? So weit die Deutsche Zunge klingt“.
Trotz der vielen Einwände wurden die neubelgischen Bewohner dennoch als wiedergefundene Brüder oder heimgekehrte Landsleute empfangen. Es war sogar von einer freudenvollen Rückkehr zum Vaterlande[70] die Rede. Ob die Einwohner der cantons rédimés[71] auch wirklich so froh waren, heimgekehrt zu sein, ist aber eine andere Frage. Belgien blieb ein fremder Staat mit einer anderen Sprache, anderen Gesetzen und Bräuchen. Die Neubelgier empfanden Schwierigkeiten, sich mit ihrem neuen Vaterland zu identifizieren. Heinrich Rosensträter behauptet aber, im Gegensatz zu vielen anderen Quellen, dass die Bevölkerung nicht so aktiv mit dem ganzen beschäftigt war, als manche glauben lassen wollten. Er sagt, dass die Leute ihrem Schicksal eher gelähmt gegenüber sahen. Sie hätten die Annektierung an Belgien nicht gewünscht, aber sie hätten sie auch nicht abgelehnt.[72] Auch Burkhard Dietz meint, es sei nicht so sehr von absoluter Ablehnung die Rede, aber es gebe auch keine betäubende Begeisterung. Die Verschiedenheit zwischen belgischer und deutscher Verwaltung war ziemlich groß, und hier lag der tiefste Grund der Skepsis.[73]
In den zwanziger Jahren bildeten sich in den annektierten Gebieten zwei Gruppen, die in ein pro-belgisches und ein pro-deutsches Lager aufgeteilt werden können. Die erste Gruppe war der Meinung, die Volksbefragung des Versailler Vertrags sei ehrlich verlaufen und das Ergebnis sei endgültig. Die zweite Gruppe war mit dem Resultat nicht einverstanden, denn sie meinten, die Befragung sei von belgischer Seite aus manipuliert worden. Diese Gruppe forderte eine neue Volksbefragung, die ein anderes Ergebnis haben würde, und womit die Rückkehr ins deutsche Heim versichert sei.[74] Eine wahrhaftige anti-belgische Propaganda ging in den Kantonen Eupen und Malmedy auf die Strecke. Zeitungen, Streitschriften und Flugblätter klagten alle das Unrecht an, dass diese deutschen Gebiete unberechtigt zu Belgien zählten.[75] Neben diesen zwei Lagern gab es aber auch noch eine dritte Gruppe: die altbelgischen Deutschen, die fremd genug allem deutschen völlig ablehnend gegenüberstanden. Hier war sogar von einer starken ‚romanisation patriotique’[76] die Rede. Der Grund war die Befürchtung der Altbelgier, von den Neubelgiern beeinflusst zu werden. Sie wollten auf keinen Fall für deutsch angesehen werden.
Als die Integrationszeit zu Ende gelaufen war, hatte Deutschland alles dazu getan, um bei der Bevölkerung ein Gefühl von Missvergnügen und Ungerechtigkeit kreieren.[77] So wurde zum Beispiel behauptet, dass die Belgier mit der Volksbefragung von 1920 von Haus zu Haus gingen, und jeden fragten, ob er für Deutschland oder für Belgien wählte. Wenn die Leute nicht sagten, sie seien für Belgien, erhielten sie sofort einen Ausweisungsbefehl, wie einem Malmedyer Arbeiter zugestoßen sei – er habe umziehen müssen. Die Befragung soll nicht unter englischer oder amerikanischer Kontrolle gestanden haben, und sei daher völlig wertlos gewesen.[78]
1.3.2.2. Die Revisionsbewegung[79]
Und es bleibt nicht bei ständigem Murren und Missfallen. Sogar die belgischen Sozialisten in der Kammer und im Senat sollten das Eingliederungsgesetz vom März 1925[80] abgelehnt haben. Es entstehen 1925-1926 sogar belgisch-deutsche Geheimverhandlungen die beabsichtigen, die Gebiete gegen 200 Millionen Goldmark wieder an Deutschland zu verkaufen und anzugliedern. So hat es unter anderem geheime Transaktionen zwischen dem Präsidenten der deutschen Nationalen Bank Schacht in Zusammenarbeit mit dem deutschen Außenminister Stresemann und dem Präsidenten der belgischen nationalen Bank, dem Finanzminister Francqui, und dem belgischen Auslandsminister Delacroix gegeben, um Eupen-Malmedy wieder an Deutschland zu verkaufen. Das Geheimnis ist aber durchgesickert und die Absichten sind gescheitert, weil Frankreich und England sich widersetzt haben. [81]
Trotzdem blieben die Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung mit Deutschland und der Unmut in Eupen-Malmedy und Sankt-Vith groß. Diese Gefühle entwickelten sich ja so stark, dass im Januar 1929 die Christliche Volkspartei Eupen-Malmedy-Sankt-Vith entstand, die bei den Wahlen in den drei Kantonen sogar 52,1% der Stimmen erzielte. Diese neue Partei forderte eine neue Volksabstimmung und hatte als Hauptziel, die Kantone wieder mit Deutschland zu vereinigen. Noch immer im Jahre 1929 hat die belgische Regierung noch das Gerücht entkräften müssen, dass Eupen-Malmedy wieder an Deutschland zurückgegeben werden würde. Die Rückgabebewegung sei sogar von der christlichen Volkspartei Eupen-Malmedys und von den belgischen Sozialisten unterstützt worden.[82] Es gab aber ebenfalls pro-belgische Organe, wie beispielsweise die deutschsprachige Tageszeitung Grenz-Echo (1927 gegründet[83]), die immer die belgische Politik verteidigt hat.[84]
1.3.2.2.1. Im Schatten des Nationalsozialismus und die Politik der Heimattreuen Front
1933 kam Adolf Hitler in Deutschland an die Macht. Die Epoche des Dritten Reiches und des Nationalsozialismus brach an.
In den Ostkantonen, die noch immer nicht völlig integriert waren, gediehen die pro-belgischen und die pro-deutschen Gesinnungslager noch immer. Schon vom Anfang der Zugehörigkeit zu Belgien gab es unter der Wirklichkeit des Alltags ein dichtes Netz von Kontakten mit dem deutschen Reich, und nach 1933 bekam dieses Netz sogar nationalsozialistische Charakterzüge. Die Pro-Deutschen riefen sogar eine revisionistische Bewegung ins Leben, die mehr und mehr in den Einflusskreisen der NS-Propaganda geriet. Ab 1936 entpuppte sich diese Bewegung als die Heimattreue Front[85], die von Hitlers Deutschland finanziell unterstützt wurde.[86]
Im Laufe der dreißiger Jahre wurde die Kluft zwischen den Pro-Belgiern und den Pro-Deutschen immer größer. Immerhin soll man nicht vergessen, dass Pro-Deutsch nicht immer mit Pro-Nazi zu verwechseln ist, und dass Pro-Belgien nicht immer das gleiche bedeutete als Kontra-Hitler. Sogar nachdem Hitler die Macht ergriffen hatte, meinte deutschgesinnt und nazi-gesinnt nicht für alle Neubelgier das gleiche.[87] Das Regime Baltias hatte seine schwierige Aufgabe nicht erfüllen können. Die Neubelgier waren noch nicht völlig integriert; Sie blieben Fremde, obgleich die juristische und politische Eingliederung der Gebiete von Eupen, Malmedy und Sankt-Vith im Bezirk von Verviers und in der Provinz Lüttich gelungen war.[88] Die herzlichen Kontakte mit Deutschland hatten nur ein einziges Ziel: wieder Heim ins deutsche Reich kommen. Hitler spielte auf diesen Wunsch klug ein und gewann auf diese Weise die Sympathie der Neubelgier. Viele Anhänger Hitlers in den Ostkantonen wussten sogar nicht über die nationalsozialistischen Gedanken des Führers Bescheid.[89]
Die belgische Presse hat in der pro-deutsch – pro-belgischen Spaltung eine wichtige Rolle gespielt: Deutschland und Belgien führten beide Propaganda, um die Einwohner von den Kantonen Eupen, Malmedy und Sankt-Vith für sich zu gewinnen. Für die Bewohner war es sogar unmöglich geworden, unparteilich zu bleiben: ob sie es wollten oder nicht, die Eupener-Malmedyer sollten bei allem, was sie taten, ihren Vorzug bekannt machen. Dies ging von Abonnementen beim belgischgesinnten Grenz-Echo oder bei pro-deutschen Zeitungen (wie die Eupener Zeitung, St. Vither Volkszeitung...), über Sparkonten bei pro-belgischen oder –deutschen Banken zum Hörfunk, dessen Sender vielleicht von der einen oder anderen Seite beeinflusst war. Neutralität wurde unmöglich. [90] Hörfunk und die geschriebene Presse waren die meistbenutzten Medien um die Nazipolitik zu verbreiten.[91]
In den folgenden Jahren (1936-1937) näherten sich Deutschland und Belgien mehr und mehr an, obgleich letzteres zig Versuche machte, die deutschen Einflüsse in Eupen-Malmedy und Flandern zu beschränken.
Wirtschaftlich betrachtet, ist vor allem der Agrarsektor von Deutschland aus benutzt worden. So gab es 1926 (unter deutscher Lenkung) eine Krise zwischen dem landwirtschaftlichen Verband (LV) und dem belgischen Bauernverband[92]. Der LV schloss sich dem deutschen Rheinischen Bauernverband an.[93] Natürlich hatte der Verein politische Beweggründe dafür: die Rückkehr in die Heimat und das Sabotieren der belgischen Beziehungen. Auf dem politischen Gebiet, konzentrierte Deutschland sich hauptsächlich auf der Christlichen Volkspartei.[94] Aber auch das öffentliche und kulturelle Leben konnte Deutschlands Einfluss nicht entweichen. Hier verfüllte die Heimattreue Front ihre wichtigste Aufgabe, weil sie in diesem Bereich öffentlich handeln konnte. Geheimhaltung war nicht notwendig. Die Taktik war ganz einfach: auch der kleine Ostbelgier soll verdeutscht werden, dadurch dass die Heimattreue Front völkische Gemeinschaften veranstaltete, auf denen ganze Familien sich versammelten – von Großeltern (die oft noch die deutsche Periode vor 1920 miterlebt hatten) bis Enkelkinder. Diese Zusammenkünfte fanden in lokalen Vereinen statt, wo Vorträge gehalten wurden, Tonfilme gedreht und Volkslieder gesungen – selbstverständlich auf deutsch und für Deutschland. Auf diese Weise wurden die Leute nicht unmittelbar politisch erreicht und bewirkt, jedoch politisch beeinflusst.[95]
Ein vierter Bereich war die Jugendwirkung, auch eine Aufgabe der HF[96]. Die Jugend war von ausschlaggebender Bedeutung, weil sie am meisten und am einfachsten zu beeinflussen war. Sogar die Schule bildete einen Propagandapunkt. Das Gymnasium konnte sich manchmal dem deutschen Einfluss entziehen, weil es mehr im belgischen Netz von Kirche und Behörden hineingewachsen war. Dennoch bekamen fast alle Schulen finanzielle Unterstützung von Deutschland. Ein Beispiel von der deutschen politischen Manipulation ist, dass Stipendiaten ihre Dankbarkeit an Deutschland zeigen müssten, indem sie sich für die deutschen Interessen einsetzten, sogar als Spion oder Agent. Hier konnte die Propaganda nicht so sichtbar durchgeführt werden, so dass mehr Aufmerksamkeit nach der sogenannten Jugendbildung ging, zum Beispiel, zur Ausbauung der HJ.[97]
1.3.2.2.2. Die dreißiger Hahre: die Heim-ins-Reich-Bewegung
Mitte der dreißiger Jahre gab es keine Tätigkeit (kulturell, politisch oder wirtschaftlich) mehr, die nicht politisch beeinflusst war. Auch Studentenverbindungen, wie Eumavia Lovaniensis.[98] konnten dem Druck nicht entweichen, der Verein bekam finanzielle Unterstützung, obwohl dies selbstverständlich verneint wurde. Hitler hat sich seiner Subversion stark gewidmet, indem er die deutschen Instanzen bewusst die Ostkantone nazifizieren lassen hat, was eine große Dominanz des örtlichen öffentlichen Lebens darstellte.
Die deutsche Propaganda war ein komplexes Netzwerk. Es ging sogar so weit, dass Delegationen der deutschen Hitlerjugend ihre Ausflüge in Ostbelgien und Flandern organisierten, um dort das Volkstum zu erforschen. Deutschland machte alles, um das Wohlwollen der Einwohner zu genießen: So bekamen beispielsweise Familien von Kriegsveteranen des Ersten Weltkrieges bei derer Tod sogar eine Hindenburg-Spende.[99]
Ungefähr Mitte der dreißiger Jahre hatte Belgien aber die Nase von der deutschen Propaganda voll, und die Behörden reagierten mit einem neuen Gesetz (Juli 1934 ratifiziert), das mögliche Kollaborateure aus ihrer Staatsbürgerschaft entsetzte und sie sogar ausweisen konnte.[100]
1.3.3. 1940-1945: ENDLICH WIEDER HEIM INS (DEUTSCHE) REICH? [101]
Als eine Folge der Anstrengungen der Heimattreuen Front existierte am Vorabend des Zweiten Weltkrieges sowohl in Deutschland als in Belgien die Idee, dass die Ostbelgier zu den Deutschen gerechnet werden sollten. Hitler zufolge mussten diese verlorenen Söhne wieder heimgeholt werden. Mit seinem Blitzkrieg hatte der Führer Belgien am 10. Mai ohne Kriegserklärung angegriffen, trotz verschiedener Grenzgarantien und der strikten belgischen Neutralität ab 1936. Grund war ein vages Gerücht, dass Belgien mit den Westmächten zusammenarbeiten würde.[102] Als die deutschen Truppen eines schönen Sommermorgens in die Ostkantone einmarschierten, gab es in den meisten Dörfern und Städten dann auch eine riesige Begeisterung: Hakenkreuzen und Schlagzeilen mit „Heil Hitler“ waren überall an den Häusern befestigt. Am Eupener Rathaus hing sogar ein Banner worauf stand: Führer, wir danken dir.[103] Die Soldaten wurden als Helden empfangen und die Ostkantone bildeten ohne Schwierigkeit aufs neue ein Bestandteil des deutschen Reiches. Die Hoffnung auf eine Heimkehr, die während der letzten Jahre wieder aufgetaucht war, war endlich erfüllt. Mancher Einwohner betrachtete diesen Tag sogar als den schönsten seines Lebens. Am 18. Mai, 10 Tage vor der Kapitulierung Belgiens, gehörte Eupen-Malmedy wieder zur deutschen Heimat. Endlich war das „geschichtliche Unrecht“, das der Versailler Vertrag ins Leben gerufen hatte, wieder richtiggestellt.
Die Einmarschierung und die Eroberung geschahen schnell und fast ohne Zerstörungen oder Verluste. Viele Pro-Belgier waren geflüchtet, aber noch zu viele –unter denen Grenzecho-Chef Henri Michel[104], weil die pro-belgische Zeitung unter der Naziherrschaft verboten war– wurden verhaftet und zu den Konzentrationslagern geführt.[105]
Schon ab dem 23. September 1941 empfingen verschiedene Einwohner der Ostkantone die deutsche Nationalität. Dies bedeutet zugleich aber auch, dass die Leute noch ein Jahr lang einen belgischen Ausweis hatten, wodurch sie nicht nur schmuggeln konnten, sondern auch belgische Propaganda führen, und deshalb wenn notwendig, in Belgien untertauchen.[106].
Über die Stimmung der Leute in der deutschen und belgischen Presse gab es keine Übereinstimmung. In den belgischen Zeitungen war von einer bestimmten Rückhaltung die Rede, während die deutsche Presse einen ‚begeisterten Empfang’ kommentierte.[107] Diejenigen, die sich in Eupen-Malmedy ein Jahrzehnt lang für die deutsche Sache angestrengt hatten, wurden jetzt mit einem Orden belohnt: das Ehrenzeichen für die deutsche Volkspflege – III. oder IV. Klasse. [108] Außerordentlich große Ehre als Streiter für die deutsche Heimat, ist dem 38-jährigen Josef Kerres zuzuschreiben. Als Anführer der Segelflieger wollte er als erster am Morgen des 10. Mai die Fahne mit dem Hakenkreuz an eine Stange befestigen. Während seinem Versuch ist er aber von belgischen Soldaten erschossen worden. Er wurde am Eupener Friedhof beigesetzt.[109]
Obgleich der Krieg zahllose Opfer kostete, entwickelte die Abneigung dem Dritten Reich gegenüber nur langsam und vor allem im beschlossenen Kreis. Kelmis[110] bildete dazu ein mehr oder weniger aktives Zentrum des Widerstandes, genau wie in den wallonischen und altbelgischen Gebieten geschah. Sonst gab es überall eine Unzufriedenheit, die sich aber nicht äußerte, selbst nicht in einer allgemeinen passiven Widerstandsbewegung.[111] Trotzdem bestand der Widerwille ganz bestimmt. Eine schnellere Entwicklung fand statt, als im Herbst 1941 auch Einwohner der Ostkantone als Zwangsoldaten[112] in die Armee gehen sollten und als die Gestapo auch hier Andersdenkende verfolgte und in die Konzentrationslager schleppte. [113]
Diese Verfremdung der deutschen Heimat war aber nicht nur dem Nazismus zuzuschreiben. Die zwanzig Jahre in Belgien hatte die Region vom deutschen Staat wegentwickelt, so dass es während der Kriegsjahre wenig oder keine Identifikationspunkte mehr gab. Vor allem der katholische Teil der Bevölkerung lehnte den Nationalsozialismus ab.[114] Allmählich tropfte die Realität bei den Ostkantonern hinein: das schöne Bild, das sie sich während der vergangenen Jahre gebildet hatten, stimmte nicht mit der Wirklichkeit.[115] Der schöne deutsche Traum hatte sich nicht verwirklicht, im Gegenteil war das so gewünschte deutsche Vaterland ihnen ‚unheimlich und unwirklich’ geworden.[116]
Mitten September 1944 marschierten amerikanische Truppen Eupen, Malmedy und Sankt-Vith ein. Den 16. Dezember desselben Jahres fing die Ardennenoffensive [117] an. Hitler war nicht mehr luftüberlegen und besaß auch nicht mehr genug Panzerwaffen und Heerestruppen. Sein Ziel war aber, in einer letzten Verzweiflungstat, im Süden des Hohen Venns durchzubrechen, die Maas zu überschreiten und durch die Küste bei Antwerpen die Alliierten nördlich einzuschließen. Er wurde aber völlig zerschlagen. Seine Korporale hatten ihm alle die Idee abgeraten, aber starrköpfig setzte er seine Pläne durch und verhalf sein Heer am 15. Januar 1945 in die Zerstörung.[118] Während dieser Weihnachtsperiode haben Sankt-Vith und andere Eifel-Dörfer und Städte für den Krieg schweren Tribut zahlen müssen. Durch Bombardierungen von den Alliierten sind sie fast völlig zerstört worden.[119] So hat zum Beispiel auch Malmedy schwer unter den Bombardierungen der Amerikaner gelitten. Während der Vonrundstedtoffensive ist die Stadt fast völlig zerstört worden.[120] Der Zweite Weltkrieg hat an beiden Seiten viele Leben gekostet.
1.3.4. DIE SCHWARZE NACHKRIEGSZEIT[121]
Den 8. Mai 1945, nach Hitlers Misserfolg in der Ardennenoffensive, ist der Zweite Weltkrieg letztendlich vorbei und ist Hitlers Heer von den Alliierten zerschlagen worden.
Eupen und Malmedy wurden aufs neue bei Belgien gefügt. Demselben Tag wurde Henri Hoen,[122] der sich mit den drei Kantonen beschäftigen sollte, zum Bezirkkommissar ernannt.[123] 1956 bestätigten die Septemberverträge[124] zwischen Belgien und Deutschland die endgültige belgisch-deutsche Grenze. Weiterhin wurden auch belgisch-deutsche Kulturabkommen und Ausgleichszahlungen vereinbart.[125]
Mit dem Kriegsende war für die Ostkantone die schwarze Zeit aber noch nicht zu Ende gekommen. Die Bewohner waren dreifacher Verlierer. Erstens was die Kriegsopfer betrifft: Viele Männer und Jugendliche hatten an der Front das Leben gelassen. Zweitens hatten vor allem die Ostkantone schwer unter den Bombardierungen gelitten und drittens gab es die Säuberung, der niemand entgehen konnte.[126] Die Entnazifizierung war hart und erbarmungslos. Die belgische Justiz brachte kein Verständnis auf für die schwierige Lage Ostbelgiens vor dem Krieg und während der Kriegsjahre. Bei vielen herrschte Unsicherheit über die Rechtsgültigkeit der deutschen Staatsangehörigkeit und Fragen über Kriegsentschädigungen genau wie das Problem der Zwang-Soldaten[127] wurde das Leben noch lange beherrschen.[128] In der unmittelbaren Nachkriegszeit herrschte eine unheimliche Sphäre von Misstrauen und Verpetzung.
Der wallonische Autor Maxence P. sagt in seinem Buch «les atouts gaspillés ou les drames de Cantons de l’Est» darüber sogar: „la liberté individuelle, le respect du domicile et des biens n’existent plus. Dans les cantons il n’y a que des coupables: même les citoyens paisibles sont coupables, il faut être belge cocardier […]. Les prisons de Tongres, d’Alost, de Louvain regorgent d’Eupenois et de Malmédiens. On ne sait plus où les fourrer [...].“[129]
Zwischen Februar 1946 und Juli 1947 schossen Kriegsgerichte wie Pilze aus dem Boden. Sogar jeder vierte Einwohner der Ostkantone ist wegen angeblicher Kollaboration angeklagt worden. Nur 2,42 Prozent der Angeklagten ist auch wirklich verurteilt worden, aber dennoch liegt diese Zahl vier Mal so hoch wie im Rest des Landes, obwohl die Art der Strafe am meisten weniger schwer war als sonst wo.[130]. Viele Bürger sind 1945 aus ihren Bürgerrechten entsetzt und verhaftet worden und ihre Häuser sind in Verwaltung genommen[131], weil sie während der Vorkriegszeit und während des Weltkrieges sozusagen mit den Deutschen kollaboriert hatten. Auch im Schulwesen, in der Verwaltung, bei der Bahn und der Post setzte sich die Säuberung bis Ende der vierziger Jahre durch. Diese abwehrende Haltung Belgiens war der Assimilation der Deutschsprachigen aber nicht förderlich.
1.3.5. FRIEDLICHE BEZIEHUNGEN AB 1956[132]
Die Septemberverträge vom Jahre 1956 zwischen Deutschland und Belgien läuteten eine neue Epoche von Entspannung ein. Deutschland bestätigte hiermit die völkerrechtliche Ungültigkeit der Annexion von Eupen und Malmedy während des Zweiten Weltkrieges. In denselben Verträgen wurde auch die Grenzberichtigung, ein Kulturabkommen und Ausgleichszahlung vereinbart.[133] Diese neuen Entwicklungen kamen den Deutschsprachigen Gebieten zugute. Die sprachlichen und kulturellen Rechte, genau wie eine institutionelle Autonomie für die Deutschsprachige Gemeinschaft nahmen zu.[134]
2.1. DER FÖDERALSTAAT BELGIEN
In diesem zweiten Teil werde ich die Entwicklung der Ostkantone zur politischen Institution „Deutschsprachige Gemeinschaft“ erläutern. Dazu werde ich aber zuerst die politische Evolution Belgiens vom Einheitsstaat zum Föderalstaat beschreiben. Zweitens werde ich dann die politische Entwicklung der DG und ihre Aufgaben darstellen. An dritter und letzter Stelle folgt dann die heutige politische Lage der Deutschsprachigen Gemeinschaft und eine Darstellung der Autonomiewünsche.
2.1.1. DAS GEFÜGE DES FÖDERALSTAATES BELGIEN[135]
Belgien ist nach vier Staatsreformen eine föderale konstitutionelle Monarchie. Zuerst ist Belgien also ein Föderalstaat, was bedeutet, dass der Staat viele seiner Befugnisse den Regionen und Gemeinschaften hat übertragen müssen. Trotzdem kann der Föderalstaat auch selbst in einigen Gebieten Macht[136] ausüben. Zweitens ist Belgien eine konstitutionelle Monarchie, die von einem Parlament regiert wird. Dieses Parlament umfasst zwei Kammern, nämlich die Kammer und den Senat.[137] Das 221-köpfige Parlament besteht aus einer niederländischsprachigen und einer französischsprachigen Gruppe. Die deutschsprachigen Belgier gehören automatisch zur französischsprachigen Gruppe, auch wenn sie den Eid auf die Verfassung auf Deutsch schwören. Die deutsche Sprache ist im Parlament nicht rechtskräftig.[138] Der Übersetzungsdienst in Malmedy kümmert sich um die Übersetzung aller offiziellen Dokumente ins Deutsche.[139] Außerdem gibt es noch ein übergreifendes Organ, nämlich die Föderalregierung.[140] Sieben der in der Föderalregierung residierenden Minister sind Flamen, sieben sind Wallonen; der Premierminister soll zweisprachig sein. Die deutschsprachigen Belgier sind hier nicht vertreten. Offensichtlich wird angenommen, dass ein Deutschsprachiger nie erster Minister Belgiens wird.[141]
2.1.2. DIE BELGISCHEN STAATSREFORMEN: VOM EINHEITSSTAAT ZUM FÖDERALSTAAT[142]
2.1.2.1. Die erste Staatsreform: 1968-1971
Die Sprachgesetze[143] der Jahre 1962-1963 haben die erste große Staatsreform Belgiens eingeführt. Am zweiten August 1963 teilt der Artikel 4 der (heutigen) belgischen Verfassung[144] Belgien in vier Sprachgebiete auf: Ein flämisches, ein französisches, ein deutschsprachiges und ein zweisprachiges Gebiet, nämlich Brüssel-Hauptstadt.[145]
Zwischen 1968 und 1971 werden diese vier neue Sprachgebiete dank des Gilsongesetzes festgeschrieben und werden drei Kulturgemeinschaften[146] gegründet: eine deutsche, eine niederländische und eine französische[147]. Die drei Gemeinschaften brauchen selbstverständlich eine Art von Organ, das Befugnisse[148] erteilen kann, nämlich einen Rat.[149] So entstehen die drei Kulturräte.
Von diesem Zeitpunkt an gehören Malmedy und Weismes zur Französischen Gemeinschaft. Die übrigen Gemeinden des Kreises Malmedy bilden mit den Gemeinden des Kreises Eupen, mit Moresnet und mit den Gemeinden von Sankt-Vith die Deutschsprachige Gemeinschaft, die nach der Gemeindefusion noch neun[150] Großgemeinden zählt: Amel, Büllingen, Burg-Reuland, Bütgenbach, Eupen, Kelmis, Lontzen, Raeren und Sankt-Vith.
Die niederländische und französische Kulturgemeinschaft hatten bereits während der ersten Staatsreform Befugnisse, die sie per Dekret[151] ausüben konnten; der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft aber hatte nur eine beratende Funktion auf dem Kulturgebiet.[152]
Neben der kulturellen Autonomie plante die erste Staatsreform in dem Artikel 3 der heutigen Verfassung (die Version von 1994)[153] auch die Ausarbeitung dreier wirtschaftlich orientierten Regionen, an erster Stelle eine Forderung der Wallonen. Die drei Regionen sind die Flämische Region, die Wallonische Region und die Region Brüssel-Hauptstadt.
2.1.2.2. Die zweite Staatsreform: 1980-1983
Zwischen 1980 und 1983 werden die drei Kulturgemeinschaften und die dazugehörigen Räte durch die Flämische, die Französische und die Deutschsprachige Gemeinschaft[154] ersetzt. Das heißt, dass die neuen Gemeinschaften mehr Befugnisse bekommen, als die früheren Kulturgemeinschaften. So kommen beispielsweise die personenbezogenen Angelegenheiten zu ihren Zuständigkeiten und bekommen die Flämische und die Französische Gemeinschaft eine eigene Exekutive.[155]
Trotzdem wird der Wunsch der Deutschsprachigen Gemeinschaft in bezug auf eine eigene Regierung anfangs nicht berücksichtigt. Der Artikel 59ter der Verfassung 1971[156], der ein Parlament aber keine eigene Exekutive verspricht, wird nicht modifiziert. Erst am 1. Juli 1983 bekommt auch die Deutschsprachige Gemeinschaft eine legislative und ausführende Gewalt die mit Dekreten arbeitet. Am 31. Dezember 1983[157] ist die Deutschsprachige Gemeinschaft letztendlich den beiden anderen gleichgestellt. Am 30. Januar 1984 wird in Anwesenheit des belgischen Premierministers die erste Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft aus drei Ministern zusammengesetzt.[158]
Der gleiche Artikel 59ter der revidierten Verfassung 1971 breitet aufgrund des sogenannten Stuyvenbergakkoord vom Jahre 1978[159] die Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft in den kulturellen Angelegenheiten[160] aus und gewährt der DG außerdem die personenbezogenen Angelegenheiten,[161] genau wie die zwischengemeinschaftlichen und internationalen Beziehungen. Er soll der Deutschsprachigen Gemeinschaft sogar regionale Kompetenzen versprechen.[162]
Die zweite Staatsreform enthält aber auch eine schwarze Seite für die deutschsprachigen Belgier. Da sie während der ersten Staatsreform keine eigene Region bekamen, sind sie 1980 Teil der Wallonischen Region geworden, die seitdem für die regionalen Kompetenzen der DG zuständig ist.[163] An jenem Tag hingen in den Städten und Dörfern der Deutschsprachigen Gemeinschaft die schwarzen Fahnen.
Figur 1: Aufkleber
Es wurde sogar Aufkleber verteilt, mit der Botschaft: ‚Deutschbelgien Teil der Wallonie? Nie!’[164]. Der damalige Präsident des Rates der deutschen Kulturgemeinschaft, Albert Gehlen,[165] äußerte empört, dass die deutschsprachige Bevölkerung während der Staatsreform
vergessen sei. Keinerlei Regelung sei für eine parlamentarische Vertretung im Regionalrat Walloniens oder für eine Verwaltung des deutschsprachigen Gebietes in regionaler Hinsicht vorgesehen.[166] Hier nimmt das Bestreben nach mehr Autonomie zum ersten Male Gestalt an.
Heutzutage kann die DG aber, folglich dem Artikel 139[167] der belgischen Verfassung, der Wallonischen Region provinziale und regionale Angelegenheiten übernehmen, so dass die Kosten für die letztere nicht zu hoch auflaufen. So kann die DG zum Beispiel ihre Gemeindebefugnisse autonom ausüben.
2.1.2.3.Die dritte Staatsreform: 1988-1990
Die dritte Staatsreform am Ende der achtziger Jahre, hatte hauptsächlich zum Zweck, Belgien weiter zu föderalisieren und den Gemeinschaften und den Regionen mehr Befugnisse zu gewähren. So wurde 1989 das Unterrichtswesen den Gemeinschaften unterstellt, so dass auch die Deutschsprachigen selbst ihren Unterricht bestimmen konnten.[168] Am 20. Juni 1989 wird die belgische Verfassung in bezug auf die Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft angepasst.
2.1.2.4. Die vierte Staatsreform: 1993-1994
In der vierten großen Staatsreform wird Belgien offiziell zu einem Föderalstaat mit Gemeinschaften und Regionen.
Aber auch für die Deutschsprachige Gemeinschaft ändert sich etwas: Dank dem Gesetz vom 16. Juli 1993 bekommt die DG mehr Zuständigkeiten. Die öffentlichen Sozialhilfezentren bekommen mehr Selbstständigkeit und das Finanzsystem der Deutschsprachigen Gemeinschaft wird angepasst.[169] 1994 kann die DG ihre Zuständigkeiten noch mehr ausweiten, als sie aufgrund des Artikels 140[170] die Regionalbefugnisse im Bereich des Denkmal- und Landschaftsschutzes von der Wallonischen Region übernehmen kann.[171] Am 20. Mai 1997 geht der Autonomieerfolgkurs der DG weiter, als sie auch den Sprachgebrauch im Unterrichtswesen per Dekret regeln darf. Diese Zuständigkeit wird ausführlich im Artikel 130, Punkt 5 erklärt.[172] Am Neujahrstag 2000 bekommt die Deutschsprachige Gemeinschaft von der Wallonischen Region ein großes Weihnachtsgeschenk, als letztere jetzt auch die Regionalbefugnisse der Beschäftigungspolitik und der Ausgrabungen auf die Deutschsprachige Gemeinschaft überträgt.[173] Auch das Kommunalwesen soll 2005 eine der Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden. Hierüber wurde bereits 2003 mit der Wallonischen Region unterhandelt.
Ab 1994 verfügt die Deutschsprachige Gemeinschaft auch über einen eigenen Wahlkreis für die Europawahlen und entsendet sie ihre Vertreter ins Europäische Parlament.[174] Seit 1995 kann die Deutschsprachige Gemeinschaft letztendlich auch einen Vertreter in den Senat schicken.
2.1.2.5. Die fünfte Staatsreform: 2001
In dieser Staatsreform wird die Refinanzierung der Gemeinschaften ausgearbeitet, wodurch sie alle höhere Finanzmittel zur Verfügung bekommen.[175]
Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft kann künftig drei bis fünf[176] Mitglieder umfassen. Von diesen Mitgliedern soll wenigsten ein Mitglied eine Frau sein und ein Mitglied ein Mann.[177] Außerdem kann die Deutschsprachige Gemeinschaft jetzt selbst über ihre Kommunalaufsicht und die Gemeinden bestimmen.[178]
2.2. DIE DEUTSCH(SPRACHIG)E FRAGE[179]
Die Frage nach einer deutschen oder deutschsprachigen (Kultur)Gemeinschaft ist längere Zeit ein großer Streitpunkt gewesen. Die zwei Weltkriege spielen in diesem emotionellen Thema sicher eine Rolle. Das Wort deutsch war während der ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg noch zu sehr mit den Nazis verknüpft. Die Bewohner der Ostkantone haben außerdem noch lange nach dem Ende des Krieges die harten Folgen erlebt und wollten das alles am liebsten möglichst schnell vergessen.[180] Deshalb war in der Nachkriegszeit der Name Neubelgien oder Ostkantone am geeignetsten.[181]
Die offizielle Benennung des ostbelgischen Gebietes ist während des Sommers 1980 aufs neue diskutiert worden, als der Artikel 3ter der damaligen belgischen Verfassung abgeändert werden musste. 1970 lautete es in der Verfassung noch: ‚Belgien umfasst drei Kulturgemeinschaften, eine französische, eine niederländische und eine deutsche.’ Während der zweiten Staatsreform ersetzen die Gemeinschaften die Kulturgemeinschaften, und wurden neue Namen festgelegt: ‚Belgien umfasst drei Gemeinschaften, eine Französischsprachige, eine Flämische und eine Deutschsprachige. Die Wallonen und Brüssler waren mit dieser Benennung aber nicht einverstanden und schlugen vor, von einer ‚Französischen, Flämischen und Deutschsprachigen’ Gemeinschaft zu sprechen. Diese Lösung bedeutete dann wieder eine Art von Diskriminierung für die letztere; denn wo liegt der Unterschied zwischen Französisch und Deutschsprachig? Heinrich Toussaint[182]: sagte zu diesem Problem: ‚Wie soll man das anders verstehen, als daß unser Gebiet, da nur eine rein sprachliche Unterteilung es unterscheidet, Anhängsel der Wallonie sein und bleiben soll, was durch die neue Terminologie erleichtert würde?’’[183] Trotzdem ist die Benennung als solche für die DG durchgekommen. Und angeblich war das noch nicht so schlimm, denn es stellte sich heraus, dass außer der PDB[184], alle politische Parteien sich für die Option Deutschsprachige Gemeinschaft entschieden haben. 30 Jahre nach dem Krieg hat das Wort deutsch angeblich immer noch einen negativen Beiklang. Jedenfalls wurde von manchen noch geäußert, dass die Benennung Deutschsprachig kein ‚eigentlicher Name’[185] sei, aber nur eine sprachliche Abgrenzung, und dass das Gebiet also noch immer namenlos blieb.
2.3. DAS ENTSTEHEN DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT UND IHRE POLITISCHE ENTWICKLUNG
Der belgischen Verfassung gemäß, besteht die Deutschsprachige Gemeinschaft – die also 1983 entstanden ist- aus einem direkt gewählten Rat (dem RDG oder dem Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft) und aus einer Regierung, die direkt vor dem Parlament verantwortlich ist.[186] Dank Artikel 59ter der belgischen Verfassung 1984 ist die Deutschsprachige Gemeinschaft 1984 rechtsgültig vom Föderalstaat Belgien anerkannt worden. Die institutionellen Reformen sind am 31. Dezember 1983 vom König Baudouin unterzeichnet worden. Dank der Artikel 115[187] und 130[188] der belgischen Verfassung hat sie letztendlich eine gleichwertige Rechtsposition wie die französische und die flämische Gemeinschaft im Föderalstaat Belgien erobert, wofür sie aber Jahrzehnte hat streiten müssen.[189]
Der Rat und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind beide für die verschiedenen Gemeinschaftsbefugnisse zuständig.
2.3.1. DIE DEUTSCHE KULTURGEMEINSCHAFT UND DER RAT DER DEUTSCHEN KULTURGEMEINSCHAFT[190]
Der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft – oder kurzweg RdK – war das erste offizielle Organ der Deutschsprachigen Gemeinschaft und wurde am 23. Oktober[191] 1973[192] nach der ersten Staatsreform eingestellt.
Der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft ist das erste direkt gewählte Gemeinschaftsparlament Belgiens: Am 10. März 1974 konnten die deutschsprachigen Belgier zum ersten Male ihre Abgeordneten direkt wählen. Die Flamen und Wallonen mussten noch die vierte Staatsreform abwarten, bevor sie von diesem Recht genießen konnten[193].
Die erste Sitzung des Rates der deutschen Kulturgemeinschaft, der 25[194] Mitglieder zählte, fand unter Führung des Staatssekretärs Willy Schyns statt.[195] Die Funktion des ersten Präsidenten, dessen Tätigkeit darin besteht, die Sitzungen zu leiten und den Rat nach außen hin zu vertreten, war für Johann Weynand.[196]
Eine Sitzungsperiode dauert normalerweise ein Jahr und fängt im Oktober an. In einer Sitzungsperiode finden zehn bis elf Plenar- oder Vollsitzungen statt, die üblicherweise am Montag gehalten werden.[197]
Figur 2: Johann Weynand
Der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft hatte damals noch keine gesetzgebende Gewalt, stellte aber die erste politische Plattform da, die sich mit der Autonomie der deutschsprachigen Belgier beschäftigte, zu dem Zweck, sie möglichst schnell auszubauen. Mehr Mitbestimmung im Gebiet des Sprachgebrauches stand oben der Liste: Der korrekte Gebrauch der deutschen Sprache müsse beim Staatsrat gewährleistet sein. An zweiter Stelle folgte den „Schutz vor Diskriminierung und die Übersetzung der Gesetze, Dekrete und Verordnungen“[198]. Zwischen 1973 und 1983 hat der RdK sich über die ersten Phasen des Problems der Autonomiefrage in kulturellen und sprachlichen Angelegenheiten gebeugt.[199]
2.3.1.1. Die Zuständigkeiten der deutschen Kulturgemeinschaft[200]
Der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft hat im Großen und Ganzen nur eine beratende und keine gesetzgebende Funktion ausgeübt, und sie verfügte nicht über eine eigene Regierung.[201] Der RdK konnte nur eine Stellungnahme in bezug auf Erlasse und Gesetzentwürfe des Staates einnehmen, die das deutschsprachige Gebiet Belgiens betrafen[202]. Trotzdem besaß er eine beschränkte Verordnungsgewalt im Kultur- und Unterrichtswesen. So wurde der RdK unter anderem für den Schutz und die Förderung der Sprachen, der Kunstdenkmäler und des Museumwesens, für die Bibliotheken, die Rundfunk- und Fernsehpolitik, für die Erwachsenenbildung, für das Sportwesen und den Fremdenverkehr, für die Jugendpolitik, das Berufsschulwesen und die Kunstausbildung und die Förderung von Amateurkunstvereinen zuständig. Neben dem Bereich der Kultur konnte die deutsche Kulturgemeinschaft auch über die Gesundheitspolitik, die sogenannten personenbezogenen Materien, entscheiden: die Behindertenfürsorge, den Jugendschutz usw.
Die größte Bedeutung des RdK ist jedoch die Erarbeitung und Verabschiedung von Stellungnahmen in Form von Resolutionen gewesen. Diese Stellungnahmen behandelten hauptsächlich den künftigen Status des deutschsprachigen Gebietes.
2.3.2. DER RAT DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT (DER RDG)[203]
Der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft, oder kurzweg RDG genannt, verdankt dem Artikel 59ter der belgischen Verfassung 1983[204] seiner Rechtsgültigkeit und ist eine legislative Einrichtung in den gemeinschaftlichen und in manchen regionalen Angelegenheiten.[205] Der RDG hat seinen Sitz in Eupen, genau wie die Regierung.
Dieser administrative Dienst wurde am 7. November 1983 errichtet. Der RDG darf 35 Mitglieder umfassen und steht unter der Gewalt des belgischen Premierministers.[206] Am 30. Januar 1984 erlebte er seinen ersten Tag als Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft.[207]
2.3.2.1. Die Befugnisse des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft
Die Kompetenzen des RDG sind traditionell für ein Parlament. Der Rat hat Befugnisse, der er anhand Dekrete in den Bereichern des Unterrichts, der kulturellen Angelegenheiten, personenbezogenen Angelegenheiten und in bezug auf die zwischengemeinschaftliche und internationale kulturelle Zusammenarbeit ausüben kann. [208]
Der RDG wählt die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft und sendet einen Vertreter im Senat in Brüssel.[209] Er kontrolliert auch die Verwaltung des Gebietes. Die Regierung muss sich vor dem Rat verantworten. Der RDG erfüllt diese Aufgabe anhand mündlicher Fragen und Interpellationen oder Anfragen an die Regierung in den Plenarsitzungen, oder anhand schriftlicher Fragen, die nachher zusammen mit den Antworten in einem offiziellen Dokument veröffentlicht werden. Eine weitere Aufgabe ist die Dekretgebung des Haushalts.[210] Der RDG kümmert sich ebenfalls darum, dass alle politische aktuelle Fragen, oder Fragen die für die DG von großer Bedeutung sind, öffentlich besprochen werden. Der Rat sorgt dafür, dass alle unterschiedliche Meinungen durch die Parteien vertreten sind. Schließlich beschäftigt sich der RDG auch mit der Kontrolle der Wahlausgaben, gibt er die Regierungsmitteilungen bekannt und regelt er die komplementären Parteifinanzierungen.
2.3.2.2. Die Zusammensetzung des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft
Der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft setzt sich aus 25 Mitgliedern[211] zusammen. Diese werden seit 1999 jedes fünfte Jahr direkt gewählt. Jeder, der 18 Jahre alt ist, die belgische Nationalität besitzt, im deutschen Sprachgebiet wohnt und alle seine politischen Rechte besitzt, ist wahlberechtigt. Jeder, der 21 Jahre alt ist, mindestens sechs Monate in der Deutschen Gemeinschaft lebt und wohnt, der die belgische Nationalität besitzt und alle seine politischen Rechte besitzt, ist wählbar. Die meisten Ratsmitglieder üben ihre Beschäftigungen im Rat nebenberuflich aus.[212]
Der Ratspräsident - heutzutage ist das Alfred Evers[213] – sitzt den Rat vor, plant und verwaltet die Ratsarbeit in einem Präsidium, das aus zehn Mitgliedern zusammengesetzt ist – fünf Vizepräsidenten und fünf Sekretären – und führt die Plenarsitzungen. Eine weitere Aufgabe des Ratspräsidenten ist die Vertretung des RDG nach außen hin.
Insgesamt beläuft sich das komplette Personal des RDG auf ungefähr 30 Mitarbeiter, die unter der Führung eines Generalsekretärs stehen. Der Generalsekretär – heutzutage ist das Manfred Beckers – ist die rechte Hand des Ratspräsidenten und soll daher die Plenarsitzungen vorbereiten und weiter verfolgen.
2.3.2.3.Wie organisiert sich der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft?
Der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft veröffentlicht alles – Dekrete, Stellungnahmen, Gutachten und so weiter – in einer Plenarsitzung oder Vollversammlung. Später werden sie im Belgischen Staatsblatt publiziert. Die Dekrete, die in den neun Gemeinden der Deutschsprachigen Gemeinschaft erlassen werden, haben den Wert eines Gesetzes und werden durch Ausschüsse[214], die für die jeweiligen Materien zuständig sind, ausgearbeitet. Die Ratsausschüsse bereiten die Plenarsitzungen vor. Jede Fraktion der politischen Parteien hat in einen solchen Ausschuss einen Vertreter.
2.3.3. DIE REGIERUNG DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT[215]
Die Regierung ist die Exekutive der Deutschsprachigen Gemeinschaft und wird, wie ich schon erwähnt habe, vom Rat direkt gewählt.
Dem Artikel 49 der Verfassung 1983[216] nach, setzt sich die Regierung aus drei Mitgliedern oder Ministern[217] zusammen. Diese Minister dürfen dem RDG aber nicht angehören. Seit 2002 sind diese Minister der Gemeinschaftsminister Hans Niessen[218], Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz und Minister Bernt Gentges[219], die von der Regierung der DG eine Regenbogenkoalition machen[220]. Die Minister werden bei ihren Aufgaben von einem Beraterstab, dem Kabinett, unterstützt. Die Exekutive soll noch, dem Paragraph 4 des Artikels 49 der Verfassung 1983[221] gemäß, einen Vorsitzenden oder Präsidenten wählen, heutzutage ist das Karl-Heinz[222] Lambertz der SP.
Die Regierung der DG ist die ausführende Gewalt des deutschen Sprachraums Belgiens und sie soll sich um die täglichen politischen Aufgaben kümmern. Einige ihrer traditionellen Aufgaben sind die Ausführung der Dekrete des Rates, die Verabschiedung von Erlassen, die Hinterlegung oder Durchführung von Dekretentwürfen und schließlich die Unterbreitung von Vorschlägen in bezug auf die Verwendungszwecke des Haushalts.
Figur 3: Karl-Heinz Lambertz
Spezifische Zuständigkeiten der Regierung sind die Enteignung, das Abschließen internationaler Verträge – die aber erst vom Rat der DG gebilligt werden müssen – und die Vertretung der Deutschsprachigen Gemeinschaft nach außen hin. Das gesamte Personal der Regierung umfasst 43 Personen[223].
2.3.4. DAS MINISTERIUM DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT[224]
Das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist eine Art von Verwaltungsorgan der Regierung. Das Ministerium soll der Regierung helfen, ihre Aufgaben durchzuführen. Es wird von einem Generalsekretär, heutzutage ist das Carl Hellebrand, geleitet. Er ist auch für die Verwaltung in der Regierung zuständig, sowohl in Belgien als im Ausland. Der Generalsekretär soll an allen Sitzungen der Regierung teilnehmen, die Entscheidungen nachfolgen und ihre Durchführung kontrollieren.[225]
Das Ministerium verfügt über ungefähr 171 Beschäftigte, die in verschiedenen Abteilungen arbeiten. Seit der Umstrukturierung dieser Abteilungen im Jahre 2002 sind das: der Dienst des Generalsekretärs, der Dienst der kulturellen Angelegenheiten, der Dienst der Organisation des Unterrichtswesens und des Unterrichtspersonals, der Dienst für Ausbildung und Beschäftigung, der allgemeine Verwaltungsdienst[226] und schließlich der Dienst für Familie, die Gesundheit und das Soziale (Tourismus, Sport....). In all diesen Bereichen werden Beschlüsse vorbereitet, die nach einer positiven Entscheidung weiter erarbeitet werden. Das Ministerium ist außerdem für die Haushaltsvorlagen und für den Stand der Einnahmen- und Ausgaben zuständig. Drittens kann das Ministerium, falls es notwendig ist, Neuregelungen vorschlagen und kümmert es sich um die Ausführung der Dekrete und der Erlasse des Rates und um die Entscheidungen der Regierung. Weiter zahlt das Ministerium auch das Gehalt der ungefähr 2 250 Lehrer die in der Deutschsprachigen Gemeinschaft unterrichten.
2.3.4.1.Sonderdienste des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft[227]
Der Jugendhilfedienst (ein Jugendamt), der Dienst für Kind und Familie, der Materialsausleihedienst (er leiht Einrichtungen, Organisationen und Vereinen für ihre Veranstaltungen (technische) Geräte aus) und das Medienzentrum[228] sind die Sonderdienste des Ministeriums.
2.3.5. DIE ZUSTÄNDIGKEITEN DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT[229]
Dank der Föderalisierung Belgiens und der aufeinanderfolgenden Staatsreformen von den Jahren 1968-1971, 1980-1983, 1988-1990, 1993-1994 und 2001, ist für die Deutschsprachige Gemeinschaft eine quasi Gleichstellung mit den anderen Gemeinschaften Belgiens erfolgt. Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat also verschiedene Befugnisse, die sie per Dekret ausübt:[230]
2.3.5.1.Die kulturellen Angelegenheiten
Die kulturellen Angelegenheiten gliedern sich in die folgenden Bereiche:
Den Schutz der Sprache im deutschen Raum Belgiens. Das heißt, dass der RDG einen korrekten Gebrauch der Sprachen in der DG fordert, und dass er sich mit der Verbreitung deutschsprachiger und französischsprachiger Literaturwerke beschäftigt.
Die Förderung der Ausbildung von Forschern
Die schönen Künste (Literatur, Musik, Theater, Ballet, Film,...)
Das Kulturerbe, Museen und sonstige wissenschaftlich-kulturelle Einrichtungen. Konkret heißt das, dass der RDG sich damit beschäftigt, dass Archive angelegt werden, dass Museen gebaut und unterhalten werden usw.
Die Behörden der DG sind zuständig für die deutschsprachigen Medien in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, wie Bibliotheken, Diskotheken, Medienzentren, Rundfunk und Fernsehen....
Die Jugend- und Erwachsenenbildung und die kulturelle Animation
Die Leibeserziehung in der Gestaltung von Sport und Leben im Freien. Ausnahme hier sind die Vorschriften über Wetten, Sportergebnisse, Boxkämpfe und die Dopingbekämpfung.
Die Freizeitgestaltung und Tourismus: nicht berufliche künstlerische Leistungen, Hobbys von technischer, wissenschaftlicher oder künstlerischer Art...
Die Ausbildung (vor-, halb- und nachschulische Ausbildung), Kunstausbildung und Umschulung und Fortbildung
Die Sozialforderung
Den Denkmal- und Landschaftsschutz[231]
Ausgrabungen
...
2.3.5.2.Die personenbezogenen Angelegenheiten
Die personenbezogenen Angelegenheiten lassen sich in zwei Bereiche einteilen: Die Angelegenheiten, die mit der Gesundheitspolitik im Zusammenhang stehen und die Angelegenheiten, bei denen die Unterstützung von Personen im Mittelpunkt steht. Konkret geht es hier um die Familiensorge, die Sozialsorge und die Gesundheitsangelegenheiten. Die Gesundheitspolitik konzentriert sich auf die Betreuungspolitik von Pflegeanstalten. Das heißt: die Festlegung von Bauprioritäten in den Krankenhäusern, die Gewährung der Zulassung und der Zuschüsse für den Bau, den Umbau und die Ausrüstung der medizinischen Apparatur, die Inspektion, die Anerkennung und die Schließung von Gebäuden... Die Unterstützung von Personen zählt Bereiche wie die Familienpolitik, die Sozialhilfepolitik, die Integration von Ausländern, eine Behinderte- und Betagtenpolitik, Jugendschutz und so weiter.
2.3.5.3. Das Unterrichtswesen und die Ausbildung[232]
Dem Artikel 24 der belgischen Verfassung über den Unterricht gemäß, kann die Deutschsprachige Gemeinschaft das Unterrichtswesen auf allen Ebenen regeln (Kindergarten, Primarschule, Sekundarschule, Sonderschulen, Hochschulen, berufliche Schulen und Fortbildungsschulen). Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist deshalb auch für die Lehrergehälter, die Studienbeihilfe, die Schulbauten, die Feriendauer, das Statut des Lehrpersonals und für den Sprachgebrauch im Unterrichtswesen zuständig.[233]
2.3.5.4. Die zwischengemeinschaftliche und internationale Zusammenarbeit[234]
Der RDG regelt per Dekret die zwischengemeinschaftliche und internationale Zusammenarbeit in bezug auf die kulturellen und personenbezogenen Angelegenheiten und in bezug auf das Schulwesen. Diese Zusammenarbeit wird durch eine speziell dazu gegründete Kommission festgelegt. Eine andere Kommission ist für die Zusammenarbeit zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Französischsprachigen Gemeinschaft zuständig. Diese Kommission bildet sich aus acht Mitgliedern, die eine Hälfte ist deutschsprachig, die andere französischsprachig.
2.3.5.5. Die Regionalkompetenzen[235]
Die Deutschsprachige Gemeinschaft gehört als Gebiet zur Wallonischen Region. Dies bedeutet, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft keine eigene Autonomie in Regionsangelegenheiten besitzt. Von diesem Punkt betrachtet, ist die Lage der Deutschsprachigen Gemeinschaft also nicht mit der Flämischen und Französischen Gemeinschaft gleichwertig, die beide auch in einer Region vertreten sind, und folglich auch die Regionalkompetenzen ausüben können. Dies bedeutet konkret, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft sich nicht selbst mit dem Straßenbau, der Raumordnung, dem Wohnungsbau, der Landschaftspolitik, dem Umweltschutz, der Energiepolitik, und mit der Walt- und Wasserpolitik beschäftigen kann[236].
Um die Deutschsprachige Gemeinschaft aber nicht völlig von Lüttich und von der Wallonischen Region abhängig zu machen, ist in der belgischen Verfassung der Artikel 139[237] eingeschoben worden. Dieser Artikel verspricht, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft dennoch einige Befugnisse der Wallonischen Region ganz oder teilweise übernehmen kann. Um dies zu ermöglichen, ist aber eine bilaterale Übereinstimmung zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Wallonischen Region notwendig.
2.3.5.6. Gutachten zur Gesetzgebung des Föderalstaates
Was Gesetzgebung oder Dekrete auf föderaler Ebene betrifft, hat die Deutschsprachige Gemeinschaft nichts zu sagen, sie kann nur genehmigen, was in Brüssel entschieden worden ist.
2.3.5.7. Die Außenbeziehungen
In den Zuständigkeitsbereichen, über die die DG bereits verfügt, kann sie auch internationale Abkommen und Verträge abschließen.
2.4. DIE BEZIEHUNGEN MIT BELGIEN, DEUTSCHLAND UND EUROPA
Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist keine isolierte Insel und die Bewohner möchten gerne aktiv in Belgien und in Europa mitarbeiten und ihre Position verbessern. Deshalb haben sie verschiedene Verträge abgeschlossen um die interregionalen, intergemeinschaftlichen und internationalen Beziehungen möglichst gut verlaufen zu lassen.
2.4.1. DIE BEZIEHUNGEN MIT DEM FÖDERALSTAAT BELGIEN UND DEN VERSCHIEDENEN REGIONEN UND GEMEINSCHAFTEN
Die enge Verknüpfung der Regionen und Gemeinschaften und ihre Befugnisse macht, dass die Beziehungen innerhalb Belgien nicht immer gleichmütig verlaufen. Manchmal sind Konflikte und Kompromisse unvermeidlich. Der meist vorkommende Konflikt ist der Interessenkonflikt.
2.4.1.1. Die Beziehungen mit dem Föderalstaat Belgien
Die Beziehungen mit dem Föderalstaat Belgien basieren auf Verträge und Abkommen, die ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Föderalstaates und dem Autonomiewunsch der Deutschsprachigen Gemeinschaft nachstreben. Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz sagt in einem Koalitionsvertrag zu diesem Thema[238], dass er ‚ eine starke Gemeinschaft in Belgien und im Europa der Regionen’ [bevorzugt; S.D.]. ‚Auf der Grundlage der entsprechenden Resolutionen des RDG soll die Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft schrittweise weiter ausgebaut werden. Unsere Schwerpunktforderungen sind: [...] die Übertragung der Gemeindeaufsicht sowie der Provinzbefugnisse und –mittel[239] vom Föderalstaat an die Deutschsprachige Gemeinschaft’[240]
2.4.1.2.Die Beziehungen mit der Flämischen Region und der Flämischen Gemeinschaft
Die Interessen mit der Flämischen Region sind alle anhand von Zusammenarbeitsverträgen festgelegt.
2.4.1.3.Die Beziehungen mit der Wallonischen Region und der Wallonischen Gemeinschaft[241]
Die Deutschsprachige Gemeinschaft lebt manchmal in einer gespannten Lage mit der Wallonischen Region, aber sie hat Ministerpräsidenten Lambertz nach, NICHT die Absicht, sich von ihr zu trennen.[242] Die Deutschsprachige Gemeinschaft bekleidet einen Sonderstatus und sie möchte gerne als eine Gemeinschafts-Region[243] betrachtet werden, obwohl sie nicht den Status einer Region hat, so auch noch der Ministerpräsident.
Trotzdem verfügt die Deutschsprachige Gemeinschaft über einige Regionszuständigkeiten,[244] die sie von der Wallonischen Region übernommen hat. Daher stellt sie für diese letztere eine Art von Konkurrenz da, und ist die Lage ein wenig gespannt.[245] Die Deutschsprachige Gemeinschaft bittet mehrmals um mehr Befugnisse, etwas, mit dem die Wallonische Region nicht immer einverstanden ist.[246] Die Wallonen sehen den Autonomieausbau der Deutschsprachigen Gemeinschaft eher zurückhaltend zu. Sie fürchten eine totale Abspaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft, und diese Auffassung hat im Sommer 2002 viele Diskussionen ausgelöst.[247]
Die Wallonische Region will der DG ja mehr Befugnisse schenken, aber dann sollen die Behörden eine deutliche Liste mit ihren Forderungen aufstellen, sagt der wallonische Ministerpräsident Van Cauwenberghe.[248] Ministerpräsident Lambertz hat diesen Versuch genehmigt und hat am 6. Mai 2002 tatsächlich eine Resolution mit Forderungen zusammengestellt. In einem beigefügten Dokument werden diese Forderungen verantwortet. Ministerpräsident Lambertz möchte von der Wallonischen Region die Kompetenzen bekommen, die jeweils komplementär sind an diejenigen, über die die Deutschsprachige Gemeinschaft bereits verfügt.[249]
2.4.2. DIE BEZIEHUNGEN MIT DEUTSCHLAND UND EUROPA
Die Deutschsprachige Gemeinschaft will auch keine isolierte Insel in Europa sein, und um dies zu vermeiden hat sie eifrig gearbeitet. So ist sie 1992 als gleichwertiger Partner in der Euregio Maas-Rhein – eine Art Abkommen, das zwischen den Niederlanden, Belgien und Deutschland abgeschlossen ist – aufgenommen worden und hat sie ihre eigenen Vertreter im Euregiorat und im Rat der Regionen der Europäischen Union. Zweitens ist die Deutschsprachige Gemeinschaft auch Mitglied der Großregion Saar-Lor-Lux (zwischen Frankreich, Belgien, Deutschland und Luxemburg). Drittens hat die Deutschsprachige Gemeinschaft verschiedene Kulturabkommen mit dem Ausland abgeschlossen, unter anderem mit den Niederlanden, mit Österreich, Frankreich und Luxemburg.[250]
Die Deutschsprachige Gemeinschaft beteiligt sich als politischer Bestandteil Belgiens auch an den Europawahlen. Bei den Wahlen zum Europaparlament stellt die DG einen eigenen Wahlkreis da, mit dem Ziel, ihre Anwesenheit auf europäischer Ebene sicherzustellen. Die DG will auch ihren eigenen Vertreter, Mathieu Grosch, der christlich soziale Bürgermeister von Kelmis, in die Europakreise schicken.[251] Wegen der Erweiterung der Europäischen Union in Osteuropa, muss Belgien aber drei seiner Sitze im Europaparlament abgeben, was bedeuten kann, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft vielleicht doch seinen Platz verlieren wird.[252]
2.5. DER WEITERE AUTONOMIEAUSBAU DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT[253]
Die Deutschsprachige Gemeinschaft will ihre Autonomie selbstverständlich noch ausweiten, insbesondere im Bereich der Übernahme von Regionalkompetenzen[254] und Provinzialbefugnissen. Außerdem wünscht sie eine garantierte Vertretung im Föderalparlament.[255] Vor allem der heutige Ministerpräsident Karl-Heinz-Lambertz hat sich dieses Ziel gesetzt. Er will die Deutschsprachige Gemeinschaft mehr zu einer Gemeinschafts-Region umbilden; er will ihr mehr Zuständigkeiten gewähren als den beiden anderen Gemeinschaften. Trotz dieser Strebungen wird in der DG auch vor den Schwierigkeiten die eine solche Autonomie mitbringt, gewarnt.[256] Willy Schyns meinte 1993 bereits, es sei schon gut gewesen.[257]
Andere sind dann wieder der Meinung, die DG sei bereits eine Art Gemeinschafts-Region, weil sie schon verschiedene Regionszuständigkeiten übernommen hat[258] Diese Frage ist in der DG selbst – auch in den verschiedenen Parteien – noch ganz umstritten.
Man soll immer einen Unterschied zwischen den Maximalforderungen und den Minimalforderungen machen. Die Maximalisten, die CSP und die PDB[259], wählen für eine eigene Region,[260] die Minimalisten haben ein wenig Angst vor diesen hohen Ansprüchen und sie sind der Meinung, die Deutschsprachige Gemeinschaft solle nicht zu viel regionale Befugnisse übernehmen, denn das könne zu teuer werden.[261]
Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft wünscht nicht unbedingt alle regionale Befugnissen, sondern sie hat aus einem langen Denkprozess der fünf Fraktionen, die im Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft vertreten sind, und aus Absprachen und Rücksprachen mit den Gemeinderäten herausgeholt, was sie an Forderungen an die Wallonische Regierung stellen will.[262] Sie möchte provinziale Materien – mit unter anderem dem Bereich des Kommunalwesens – übernehmen, um verschiedene komplizierte Verwaltungswegen zu vermeiden. Bisher war es so, dass die Provinz beispielsweise Entscheidungen der Gemeinden übernehmen konnte. Das bedeutet aber, dass alle Gemeinderatsentscheidungen innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft ins Französische übersetzt werden müssen, weil sie in Lüttich diskutiert werden müssen. Danach müssen sie wieder nach Eupen, wo die Entscheidungen wieder ins Deutsch übersetzt werden müssen. Wenn diese Befugnis an die Deutschsprachige
Gemeinschaft übergeht, was künftig (2005) auch passieren wird, ist all dieser Verwaltungskram nicht mehr nötig.[263]
2.5.1.EINE ELFTE PROVINZ EUPEN-SANKT-VITH ODER EINE VIERTE REGION?[264]
In ihrer letzten Legislaturperiode hat die Volksunie vorgeschlagen, von den Ostkantonen eine elfte Provinz zu machen. 1998 hat der RDG eine Resolution aufgestellt, in der die Wünsche für eine Gemeinschafts-Region aufgelistet worden sind.1999 hat die Regierung erklärt, weitere Kompetenzübertragungen zu fordern, die von der Wallonischen Regierung genehmigt worden sind.[265] Der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft und die politischen Parteien haben hierauf eher zurückhaltend reagiert. Sie haben nicht nein, sondern auch nicht ja gesagt. Eine eigene Provinz werden, ist für ein solch kleines Gebiet nicht praktisch. Diese Diskussion entstand kurz vor der letzten Staatsreform im Jahre 2001.[266] Der RDG wünscht nicht so sehr das Statut einer Provinz, aber strebt mehr nach einer Art von Sonderstatus wie die Region Brüssel-Hauptstadt. In der Legislaturperiode 1998-1999 ist tatsächlich über Provinzbefugnisse diskutiert worden. So ist unter anderem über eigene Provinzorgane, wie einen Provinzialrat, oder vielleicht wie Ministerpräsident Lambertz es sehen will: eine Gemeinschaftsregion, gesprochen worden. [267] Obwohl zum Beispiel die Aachener Zeitung[268] behauptet, Lambertz beabsichtige auf langfristiger Ebene eine totale Loslösung von Wallonien, ist eine vierte Region schwer zu verwirklichen: zuerst braucht Belgien dafür eine neue Staatsreform, zweitens werden die Deutschsprachigen auf Protest der Wallonen stoßen und drittens würde der Aufwand zu groß und die Praxis zu komplex werden.
2.6. FAZIT
Neben der alten Geschichte – der Zugehörigkeit zu Belgien oder Deutschland, der Kollaboration und der Repression – ist auch die neuere Geschichte des 20. Jahrhunderts, die vor allem eine Geschichte der Politik und der Institutionsbildung ist, konstitutiv für die Entwicklung einer Identität und ein Autonomiebestreben der Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Deshalb habe ich versucht, die politische und historische Geschichte in ihren Grundrissen darzustellen, denn die historische und politische Geschichte prägen auch heute noch in hohem Maß das Identitätsbild und den Wunsch nach politischer Autonomie der Bewohner. Die bewegte historische Geschichte und die komplexe politische Entwicklung bilden eine interessante Basis um zu verstehen, was jetzt die problematische Identität und das umstrittene Autonomiebestreben gerade beinhalten. Diese zwei Fragen werde ich im nächsten Kapitel behandeln.
EINFÜHRUNG
In diesem dritten Teil lege ich das Hauptgewicht auf die Stellungnahme der Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Der geschichtliche und politische Kontext aus den vorigen Teilen sind Hilfsmittel zum Verständnis der großen Bedeutung der Fragen nach der Identität und dem Autonomiestreben innerhalb der DG.
Um die Antworten auf diese Fragen zu finden, habe ich zwei Umfragen[269] aufgestellt, in denen ich verschiedene Leute mündlich und schriftlich über ihr Identitätsbild, über das politische Autonomiebestreben und über den bewegten Sommer 2002 befragt habe. Andererseits habe ich auch auf existierende Umfragen und Zeitungsartikel basiert, und die Ergebnisse mit meinen Antworten verglichen.
Jedem dieser drei Aspekte habe ich ein Kapitel gewidmet. Im ersten Kapitel, in dem ich die Identität der DG-Bewohner erläutere, versuche ich zuerst den Begriff Identität mehr oder weniger zu definieren, indem ich verschiedene Aspekte bespreche, die die Einwohner der DG gemein haben und in denen sie sich vom Rest Belgiens unterscheiden. In einem nächsten Punkt werde ich die identitätsstiftenden Symbole der DG besprechen, weil diese ebenfalls eine Äußerung einer Identität darstellen. Als dritter Punkt folgt dann die Meinung der Bewohner selbst, die ich in zwei Umfragen zu skizzieren versucht habe. Zur visuellen Verdeutlichung, habe ich von manchen Fragen Graphiken aufgestellt. Viertens habe ich untersucht, in wie weit die öffentlichen Institutionen und die Politik das Identitätsbild der Bewohner lenken.
Ein zweiter Punkt, den ich behandle, ist das politische Autonomiebestreben. Zu diesem Bereich habe ich mir die folgende Frage gestellt: „In wie weit wünscht die Bevölkerung eine Autonomieerweiterung oder in wie weit ist dieses Bestreben ein Verlangen der Politik innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft?“ Um die Antworten auf diese Fragen zu bekommen, habe ich zuerst die Auffassungen der politischen Parteien analysiert und zweitens die Bevölkerung in meinen zwei Umfragen zu diesem Thema befragt.
Im dritten – und letzten – Teil geht es um den bewegten Sommer 2002. Dieses Kapital umfasst fünf Vorfälle die sich im Laufe des Sommers 2002 ereignet haben, nämlich die Forderungsliste an den Wallonen, die Aussage des wallonischen Ministerpräsidenten Van Cauwenberghe über die deutschsprachigen Wallonen, die DG-Aufkleber, die Teddybären-Aktion und den Fall Horn.
3.1. IDENTITÄT
3.1.1.GEMEINSAME ELEMENTE IN DER IDENTITÄT DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT[270]
Über die Identität der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist innerhalb der DG allerdings seit ihrer Gründung viel diskutiert worden. Die Einwohner stellen sich selbst öfters als die besten Belgier, die polyglotten und multikulturellen Mustereuropäer, die mehrsprachigen Brückenbauer zwischen den Kulturen, die bestgeschützte Minderheit Europas, und sogar die kleinste Körperschaft Belgiens dar.[271] Und so wird die DG auch meistens von anderen vorgestellt.
Wegen geschichtlicher Schwierigkeiten hat die Deutschsprachige Gemeinschaft längerer Zeit damit gekämpft, sich eine eigene Identität zu bilden. Anfangs hatten die Leute es schwierig, sich als deutschsprachige Belgier zu betrachten. Noch in den siebziger Jahren war die Frage nach einer eigenen Identität verpönt.[272]
Obwohl jeder in der DG heutzutage über eine eigene Identität und sogar über eine Gruppenidentität verfügt, ist sie ein schwer zu definierender Begriff. Zuerst ist Identität nämlich nicht etwas Statisches, etwas, was man ohne weiteres berechnen kann, wie zum Beispiel eine mathematische Formel; Identität ist nicht:“..........................................“. Daher ist es unmöglich, die Identität einer Bevölkerung anhand einer Umfrage beispielsweise festzulegen. Um die deutschsprachigen Belgier definieren zu können, sollte man eigentlich jedem Einwohner Dutzende von Fragen stellen, und jede einzelne Antwort – mit allen Nuancen – berücksichtigen. Aber das ist praktisch gesehen unmöglich. Zweitens ändert sich die Identität eines Menschen immer, genau wie der Mensch selbst sich fortentwickelt. Sogar die verschiedenen politischen Parteien innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft können sich nicht über DIE Identität einigen.[273]
Anlass zur Identitätsfindung
Im Jahre 2003 feierte die Deutschsprachige Gemeinschaft ein doppeltes Fest: 20 Jahre Regierung und 30 Jahre Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Solch ein Ereignis war Anlass zu einigen Reflexionen, meinte die Regierung. Die Reflexionen betrafen unter anderem die Frage der Identität der Einwohner und der erreichten Autonomie.
Ob die Bewohner meinen, dass solche Reflexionen vonnöten sind, ist eine andere Frage. Einige der Personen, die ich während dieses Jahres über DIE Identität der DG befragt habe, finden es Unsinn, sie definieren zu wollen. 20%[274] sehen keinen plausiblen Grund dafür, denn es gebe kein Identitätsproblem mehr. Solche Aussagen kommen hauptsächlich von der jüngeren Generation. Trotzdem sehen 60% die Initiative eher als eine Förderung der Bewusstseins der DG. Die Identitätsfrage sei berechtigt, weil die Einwohner DG während langer Zeit keine Identität hatten. Außerdem brauche die Deutschsprachige Gemeinschaft eine eigene ‚umfassende’ oder ‚gesamte’ Identität, um eine Einheit zu bilden, denn die DG sei kein homogenes Gebiet.[275] Es fehle den deutschsprachigen Belgiern ein gesamter Name, mit dem sie sich identifizieren können, wie zum Beispiel die Flamen und die Wallonen. DG ist eine Definition, aber kein Name. Die obenstehende unvollständige Aufreihung unterschiedlichster Meinungen zeigt, wie umstritten oder unterschiedlich gewertet das Thema innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist.
Die Politik allerdings sieht das Doppeljubiläum als „eine gute Gelegenheit, die positive Einstellung der Bevölkerung zu der Gemeinschaft zu fördern“.[276] Fragen wie „Genügt es oder will man mehr?“, „Welcher ist unser Platz im Föderalstaat Belgien?“, „Was können wir noch weiter an Kompetenzen fordern?“, „Wünschen wir eine Gemeinschafts-Region?“ und „Wer bin ich?“ tauchen auf.
Ministerpräsident Lambertz glaubt die Identität der DG umschreiben zu können. Laut ihm und der Regierung soll man drei Faktoren berücksichtigen um von einer Identität der Deutschsprachigen Gemeinschaft sprechen zu können. Drei Faktoren, die beweisen, dass die Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft nicht genau sind wie die Flamen oder die Wallonen, und sicherlich nicht wie die Deutschen. Diese Faktoren sind Sprache, Geschichte und Kultur.
Bei jedem Einwohner, dem ich die Frage nach einer Identitätsdefinition stellte, bekam ich eine andere Antwort. Einige Elemente wurden aber oft wiederholt: Um sich in Belgien definieren zu können, sind diese drei Kriterien wohl unumgänglich. Um den Begriff Identität aber zu erklären, versagt diese Methode (70%). Identität ist, so sind alle einig, nicht mit einigen Stichwörtern zu erfassen. Identität ist viel komplexer und nuancierter als nur Sprache, Geschichte und Kultur. Allerdings könne man die Definition ausfeilen, indem man den Begriff Kultur möglichst breit auffasst.
Das wichtigste Merkmal des Identitätsgefühls in der DG kennzeichnet sich aber nicht durch einen der obengenannten Bereiche, sondern durch eine Art von Ablehnung.[277] Die Einwohner der DG definieren sich selbst am häufigsten, durch das sie sagen, was sie vor allem NICHT sind: sie sind auf keinen Fall Deutsche und keine deutschsprachigen Wallonen. Diese Tatsache machte auch Ministerpräsident Lambertz den Wallonen noch deutlich während eines Freundschaftstreffens zwischen den Mandataren der DG und der Wallonie in Poulseur: Wir sind keine Wallonen, die Deutsch sprechen, sondern Deutschsprachige, die im Gebiet der Wallonischen Region leben“. Es handle sich hier nicht um ein Wortspiel, erläuterte er noch, aber um einen wichtigen Unterschied.[278] Die DG ist zudem auch die „DeutschSPRACHIGE Gemeinschaft“, und nicht die „deutsche Gemeinschaft“, aufs neue ein Irrtum, der von den Einwohnern immer wieder richtiggestellt wird. Sie sind keine deutschen Belgier, sie sind deutschsprachige Belgier. Sie sehen sich ebenfalls nicht als eine deutsche Minderheit in Belgien, sondern als eine deutschSPRACHIGE.[279]
Alles obengenannte ist aber nur eine erste Ebene von dem, was wir die Identität der Deutschsprachigen in Belgien nennen können. Diese erste Ebene manifestiert sich immer nach außen hin: nach Belgien, nach Deutschland usw. Aber es gibt daneben noch eine zweite Ebene, von der die meisten nicht wissen, dass es sie überhaupt gibt. Es geht hier um die Identitätsebene innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die keine homogene Gruppe bildet. Zwischen dem Norden (die Umgebung von Eupen) und dem Süden (Sankt-Vith) gibt es – für die lokale Bevölkerung – ebenfalls riesige Unterschiede und sogar eine örtlich bestens bekannte Rivalität.[280] Die Eifeler[281] seien zum Beispiel arbeitstüchtiger als die Eupener. Manche reden sogar von einer Dreiteilung: Eupen, Sankt-Vith und Kelmis. Letztere unterscheidet sich durch seine einigermaßen spezielle geschichtliche Lage[282] einerseits, und durch die gemischte Bevölkerung von Wallonen, DG-Bewohnern und Bundesdeutschen andererseits. Außerdem gibt es in Kelmis noch besondere sprachliche Färbungen: die Kelmiser Mundart ist stark vom Limburgischen Niederländisch beeinflusst.[283]
Wie findet man dann seine Identität als Ostbelgier? Ein Jugendlicher aus Crombach hat auf diese Frage eine Antwort gefunden:
[Meine Identität?; S.D.] Ich persönlich habe sie gefunden. Sie steckte in meiner Brieftasche, eingeklemmt zwischen einem Kassenzettel aus dem Supermarkt (Dr. Oetker Spinatpizza 1,75Euro) und einem Bierdeckel mit der Telefonnummer eines Engels, die ich mir zwecks zukünftigen Beömmelns aufgeschrieben hatte: Eine kleine Karte steckte dort, auf der stand „Carte d’Identité, Identiteitskaart, Identity Card“. Auf deutsch steht da nur „Personalausweis“ – und das ist böse“. [...] Außerdem hat mir die Behörde auf der linken Seite der Karte das Photo eines nicht unsympathischen Jünglings hingeklebt, der mir doch bekannte Züge aufweist, auch wenn er bestimmt zehn Jahre jünger ist als ich. Das reicht vollkommen für die Identität.[284]
Wie die vorigen Seiten bereits deutlich machen, ist es nicht einfach die Identität einer Gruppe zu definieren, aber deshalb möchte ich anhand der Einteilung Lambertz’ – die viele meiner Befragten und auch ich selbst als einen gelungenen Versuch betrachten, nämlich Sprache, Geschichte und Kultur – versuchen, ein Bild zu skizzieren. Ein erster Punkt ist also die Sprache, die von vielen Leuten als ein wichtiger Identitätsfaktor betrachtet wird.
3.1.1.1. Sprache: die politische Sprachevolution in der Deutschsprachigen Gemeinschaft[285]
Französisch war in den ersten Jahrzehnten nach der Gründung des Königreichs Belgien die offizielle Landes- und Amtssprache. Die niederländische und deutsche[286] Sprache waren zwar anerkannt, bekleideten aber nur eine schwache Position, die dem Französischen weit hinter stand. Im öffentlichen Leben, wie in den Schulen, sollte Französisch gesprochen werden. Deutsch wurde ab 1844 sogar amtlicherseits völlig ignoriert und seine Lage verschlechterte sich zusehends. Allerdings haben die Deutschsprachigen den Kampf nicht aufgegeben, und es gab zahllose Versuche, ihr ihre Rechte zurückzugeben. Die zwei Weltkriege aber haben die Suppe versalzt.
Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg war Unterricht auf Deutsch eine peinliche Sache. Alles deutsche hatte eine negative Konnotation und sollte aus dem öffentlichen Leben verbannt werden. Dafür gab es verschiedene Gründe. Erstens gab es die Verknüpfung mit der Heim-ins-Reich-Bewegung.[287] An zweiter Stelle gab es eine übertriebene Säuberungswelle: Von vielen Lehrern[288] wurde gedacht, sie seien Nazis und daher wurden sie aus ihrem Amt entlassen. Die meisten von ihnen wurden von altbelgischen Lehrern aus dem Areler Gebiet – die einen luxemburgisch-deutschen Dialekt sprachen, aber die hauptsächlich französischsprachig waren – ersetzt.[289] Das Französisch wurde zur offiziellen Schulsprache, weil sich die Neubelgier schneller anpassen sollten. „Le grand moyen, voire le seul, de rapprocher les nouveaux Belges des anciens Belges consiste dans la diffusion de la connaissance du français“.[290]
Außerdem ist Französisch für Jahrzehnte die Prestigesprache Belgiens gewesen. Ab 1945 war Französisch zum Beispiel vom ersten Schuljahr an Pflichtfach; Deutsch war verboten. Aber nicht nur die deutsche Sprache wurde aus der Schule gebannt, auch Fächer wie Geschichte, Geographie, Kunst und Religion wurden stark französisiert. [291]
Dass die deutsche Sprache in Belgien überlebt hat, ist dem Versailler Vertrag zu verdanken, der im Artikel 34 Belgien zwei Regionen versprochen hatte (Eupen und Malmedy[292]), die früher deutsch waren und in denen die deutsche Sprache also immer gewährleistet bleiben solle.[293]
Trotz dieses Abkommens wünschten sich viele Eltern auch noch in den 60’er Jahren – als das Wort Deutsch wieder rehabilitiert war – eine französische Erziehung für ihre Kinder. Daher schickten sie sie in eine französischsprachige Schule. Das Prestigegefühl des Französischen spielte noch immer eine Rolle, obwohl das Gilsongesetz aus dem Jahre 1966 besagt, dass die Unterrichtssprache die Sprache der Region sein soll.[294] Es ist dank dieses Vertrags,[295] dass Deutsch in Belgien einen solchen hohen Schutz genießen konnte und noch immer genießen kann. Außerdem haben die Spannungen zwischen Flamen und Wallonen Mitte der 60’er Jahre ebenfalls bei den deutschsprachigen Studenten das Streben nach mehr Sprachautonomie bewirkt.[296] Es sollte nicht umsonst sein, denn von diesem Zeitpunkt an bekamen die drei Landesprachen Belgiens einen gleichen Rechtsstatut in den Bereichen der Administration, des Unterrichts und des Justizwesens. Heutzutage ist in der Deutschsprachigen Gemeinschaft das Deutsch wieder die Amts-, Schul- und Gerichtssprache.[297]
In den neun Gemeinden der DG besitzt das Französisch sprachliche Sonderrechte oder Spracherleichterungen, auch Fazilitäten genannt. Vor allem in den Gemeinden Eupen, Lontzen und Kelmis haben bis zu 25% Menschen, Französisch als Muttersprache.[298] In den französischsprachigen Teilen der Ostkantone, wie Malmedy werden der deutschen Sprache solche Spracherleichterungen zugesprochen.
Diese Sonderrechte ermöglichen es jedem, die offizieller Dokumente, Publikationen und Informationen sowohl in der deutschen als in der französischen Sprache zu konsultieren. Die Angestellten der öffentlichen Dienste sollen zweisprachig sein, damit sie ihre Kunden in allen Bereichen und in jeder Hinsicht helfen können.[299] Die Spracherleichterungen gelten für die Organe des Föderalstaates und für die Regionalexekutiven, deren Sprachgebrauch im Sondergesetz vom August 1980 geregelt worden ist.[300]
3.1.1.1.1.Der Sprachgebrauch im Unterricht
Als die Gebiete der Ostkantone 1920 zu Belgien kamen, hatte Baltia[301] dafür gesorgt, dass die deutsche und die französische Sprache im Unterricht gleich bewertet wurden, indem er für alle Volksschulen das Prinzip der Muttersprache respektierte. Ab dem fünften Jahr im Primarunterricht aber, wurde das Französisch als Zweitsprache in den deutschsprachigen Schulen zum Pflichtfach.
Wie bereits erwähnt, hatte das Deutsch nach dem Zweiten Weltkrieg viel von seinem Reiz verloren. Der Gebrauch der französischen Sprache sollte die Gebiete schneller in Belgien integrieren. Das Gesetz vom 30. Juli 1963 über den Sprachgebrauch im Unterricht sagt zwar im Artikel 10, dass das Deutsch als Zweitsprache in den Gebieten Neubelgiens im Primarunterricht benutzt werden konnte. Seit 1970 ist die Hauptunterrichtssprache in der Deutschsprachigen Gemeinschaft aber aufs neue Deutsch.
Trotz dieser Rehabilitation der deutschen Sprache waren die Schwierigkeiten der Sprachautonomie im Unterrichtswesen auch noch bis vor sechs Jahren nicht gelöst. Die Deutschsprachige Gemeinschaft konnte nämlich, im Gegensatz zu der Flämischen und der Französischen Gemeinschaft, nicht selber den Sprachgebrauch im Unterricht bestimmen. Der Grund: die Gesetze im deutschsprachigen Raum Belgiens mussten föderal behandelt werden, weil die Sprachsituation in der DG stark von den Sonderrechten für das Französisch und das Deutsch geprägt war.[302] Die beiden anderen Gemeinschaften konnten diese Materie per Dekret regeln. Am 20. Mai 1997 ist der Artikel 130[303] der belgischen Verfassung aber angepasst worden. Ein neuer Paragraph 1 stellt fest, dass die DG künftig selbst ihre Sprachenpolitik im Unterrichtswesen bestimmen kann.[304]
Meine Umfrage über dieses Thema – siehe auch die Tabelle Frage 1 – hat ergeben, dass heutzutage Deutsch zu 80% die Unterrichtssprache in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist. Die erste Fremdsprache ist, wie bereits erwähnt, Französisch, und dies ab dem ersten Jahr des Primarunterrichts. Eine andere Tendenz ist eine erste spielerische Bekanntschaft ab dem 2. Jahr des Kindergartens zu befürworten..[305] Der deutsche Autor Frank Berge behauptet, die Zweitsprache Französisch fange nur in der dritten Klasse des Primarunterrichts an.[306] In der Sekundarschule geht der zweisprachige Unterricht weiter und manche Fächer werden ebenfalls in Französisch erteilt. Die Ausbildung wird möglichst viel bilingual gestaltet, um die Mehrsprachigkeit zu stimulieren und zu entwickeln. Die jeweiligen Fächer in Französisch werden von den Schulen selbst festgelegt.[307]
Die zweite Tabelle, Graphik 1b, zeigt, dass 92% der Befragten der Meinung sind, Deutsch soll die Unterrichtssprache bleiben, obwohl französischsprachiger Unterricht noch mehr gefördert werden soll, meinen 35%. Zweisprachigkeit ist sehr wichtig für die Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Der mehrsprachige Unterricht ist ein Muss, sagte einer meiner Befragten. Die Muttersprache solle gepflegt und geschützt werden, aber die Erlernung von Fremdsprachen sei unbedingt notwendig. Ein von mir befragter Jugendlicher betrachtet die Mehrsprachigkeit in der DG sogar als den wichtigsten Trumpf, den die Institutionen der Deutschsprachigen Gemeinschaft desto mehr fördern müssen.[308]
3.1.1.1.2.Die belgische Verfassung auf Deutsch
Seit 1974 besteht auch eine deutsche Version der 1970 angepassten belgischen Verfassung.[309] Seit dem 23. Oktober 1991 ist sie auch tatsächlich in den drei Landessprachen konsultierbar. Die drei Versionen haben die gleiche Gültigkeit. Laut des Artikels 76 vom 31. Dezember 1983[310], der am 18. Juli 1990 modifiziert wurde[311], soll im Bezirk Malmedy ein spezieller Übersetzungsdienst gegründet werden, der alle neuen offiziellen Dokumente und Gesetze ins Deutsche übersetzen, und alle bereits bestehenden deutschen Übersetzungen veröffentlichen soll. Inzwischen ist diese Kommission Realität und hat ungefähr 1500 Seiten Gesetztexte übersetzt. Der Innenminister hat außerdem in Malmedy eine Kommission für Deutsche Rechtsterminologie gründen lassen, die von drei Sprachen- und Rechtsexperten geführt wird. Diese Terminologiekommission soll dem Artikel 77[312] der belgischen Verfassung gemäß eine richtige und angemessene deutsche Rechtsterminologie ausarbeiten. Die Kommission, die bereits seit 1990 versprochen war, ist nur 1999 gegründet worden.
3.1.1.1.3. Die Sprachenfrage in den Parlamententen
Da das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft Teil der Wallonischen Region ist, wird in der Wallonischen Regierung oft auch über die Zukunft der DG diskutiert. Seit den Wahlen von 1999 tagen ebenfalls zwei deutschsprachige Mitglieder in der Wallonischen Regierung[313]. Alle Gesetzesvorlagen und –entwürfe sind auf Französisch. Eine deutsche Übersetzung kann immer beantragt werden, ist aber nicht Pflicht.[314] Mitglieder des Wallonischen Parlamentes, die Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind, können die Gesetzvorlagen auch immer auf Deutsch eingeben. In diesem Fall ist eine französische Übersetzung immer durch den Parlamentsübersetzungsdienst gewährleistet.[315] Die Deutschsprachigen Mitglieder können sich während der Parlamentssitzungen immer in ihrer Muttersprache ausdrücken. Ein Dolmetscher wird dann alles sofort übersetzen und später auch eine offizielle französische, schriftliche Version von der Versammlung aufstellen. In der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist Deutsch selbstverständlich Amtssprache.
Auch was die Kommunikation mit den Föderalbehörden betrifft, wird die deutsche Sprache nur benutzt, wenn darum gebeten wird. Nur die offiziellen Texte und Gesetze werden immer ins Deutsche übersetzt.[316]
3.1.1.1.4. Die deutsche Sprache im Justizwesen[317]
Auch in diesem Bereich ist das Deutsch stiefmütterlich behandelt worden. Nur seit 1980 ist es im Geschworenengericht in Lüttich möglich, in der deutschen Sprache weitergeholfen zu bekommen. Zuvor galt das nur für die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit.[318] Diese Tatsache bedeutete einen ersten Schritt zur Sprachenautonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Auf allen juristischen Ebenen gleichberechtigt ist das Deutsch nur seit 1988,[319] als ein Gesetz über den Sprachgebrauch des Deutschen im Gerichtswesen in Kraft getreten ist. Von da an verfügt die DG über einen eigenen Gerichtsbezirk in Eupen mit Deutsch als Amtssprache und über ein deutschsprachiges Gericht. Voraussetzung derzeit war aber, dass der damalige Gerichtsbezirk in einen einsprachigen französischen Teil Verviers und in einen zweisprachigen Teil Eupen eingeteilt wurde.[320]
3.1.1.1.5.Sprache als Identitätsfaktor
Sprache sei wichtig bei der Identitätsfindung, denn sie sei sowohl Basis als auch Ausdruck einer Kultur, so behaupten wenigstens Lambertz und auch verschiedene Forscher. Marzel Maraite, einer der Autoren des Buches Wer bist du? betrachtet Sprache „nur als einen Ausdruck einer Kultur, vorausgesetzt dann noch, derjenige ermächtigt sich ihrer, der auch etwas zu sagen hat. Sprache ist ein Vehikel der Identität von vielen“.[321] Auch meine Befragten meinen, Sprache sei ein ganz wichtiger Identitätsfaktor, denn zuerst komme die Sprache, dann das Denken. Sprache sei Identität, oder zumindest eine Brille der Identität.
Typisch für die Deutschsprachige Gemeinschaft ist die Mehrsprachigkeit ihrer Einwohner, obwohl diese Mehrsprachigkeit nicht wichtiger ist als die Muttersprache, behaupten manchen meiner Befragten. Bei vielen Minderheitsvölkern, wird die Frage nach der Bewahrung der Muttersprache immer einen bedeutenden Faktor im Identitätsbewusstsein darstellen, genau wie die Frage der staatlichen Anerkennung. Die staatliche Anerkennung steht oft auf gleicher Ebene als die Anerkennung der eigenen Sprache.[322] Wie wichtig die Anerkennung der Muttersprache ist, zeigt die folgende Anekdote: In Eupen sind viele großen Kaufhäuser wie Carrefour französischsprachig[323]. Obwohl die Einwohner der DG auch Französisch sprechen, verweigern manchen (vor allem aus der Umgebung von Sankt-Vith) es trotzdem, in Eupen Französisch zu reden oder zu verstehen. Sie wollen unbedingt auf Deutsch weitergeholfen werden.[324]
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft spricht heute fast jeder Deutsch, obwohl die meisten auch Französisch und manchmal sogar Niederländisch beherrschen[325]. Mehrsprachigkeit sehen die meisten Einwohner der DG als einen wichtigen Trumpf, und als einen Teil ihrer Identität[326]. Manche meinen sogar, die DG soll die Mehrsprachigkeit seiner Einwohner noch mehr fordern, denn sie sei ein wichtiger Trumpf auf allen Kommunikations- und sogar Arbeitsebenen. Trotzdem dürfe sie die Muttersprache nicht bedrohen.[327].
Was den deutschen Sprachgebrauch konkret betrifft, ist er nicht völlig mit der deutschen Hochsprache identisch. Das Deutsch der Deutschsprachigen Gemeinschaft enthält verschiedene französische Elemente. Außerhalb der DG herrscht deshalb viel Verwirrung, ob die deutschsprachigen Belgier wirklich Hochdeutsch sprechen.[328] Ein zweiter Punkt ist die eigene Terminologie der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Man kann nicht von einem ganz spezifischen Wortschatz reden, aber in der Deutschsprachigen Gemeinschaft selbst sind die Leute unter sich ziemlich ökonomisch in ihrer Sprache. Oft benutzen sie Abkürzungen, die für Außenstehende schwer zu verstehen sind, wie zum Beispiel DG für Deutschsprachige Gemeinschaft, GE für Grenz-Echo oder MP für Ministerpräsident. Wenn sie mit Außenseitern oder in formeller Hinsicht über ihr Gebiet sprechen, benutzen 57%[329] aber die vollständigen Wörter, um Missverständnisse zu vermeiden. Innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind die Abkürzungen aber völlig normal (41% sprechen in diesem Kontext immer von DG, GE, MP[330] usw.) und haben den gleichen Wert. Ganz selten spricht man auch von den Ostkantonen, in ironischen Kontexten sogar von den cantons périmés, statt cantons rédimés.[331]
Der deutsche und französische Sprachgebrauch bilden einen Identitätsfaktor nach außen hin, einen Faktor der ersten Ebene also. Aber genau wie bei der Identität,[332] gibt es auch im Sprachbereich eine zweite Ebene, in der die Sprache eine identifizierende Rolle spielt: nämlich die verschiedenen Dialekte. Diese variieren stark zwischen dem Eupener Raum und der Umgebung von Sankt-Vith: der Eupener Dialekt ist stark vom Limburgischen beeinflusst (Hasselt) und Sankt-Vith hat linguistische Färbungen, die mit der Luxemburgischen und „Mosel-französischen“ Mundart übereinstimmen. Sprache ist also nicht nur ein Mittel um sich von den Wallonen zu unterscheiden, sondern auch eine Identifizierung innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft, um sich dem südlichen bzw. dem nördlichen Teil des Gebietes gegenüber zu profilieren. Dass Sprache eine wichtige Rolle in der politischen Geschichte einer Region oder eines Landes spielt, davon zeugen die Sprachgesetze in Belgien.[333]
In meiner Umfrage habe ich ebenfalls einige Fragen zur Sprache und zum Sprachgebrauch gestellt. In einer ersten Frage zu diesem Bereich ging es um die Sprachkenntnisse der Bewohner der DG. Sie behaupten, „Mehrsprachigkeit sei ein Trumpf und sei wichtig“ aber in wie weit sind sie das auch wirklich? Meine Schlussfolgerung ist, dass die Bewohner ja völlig recht haben, auf ihren Trumpf zu pochen, was auch die Tabelle auf der nächsten Seite zeigt: 100% der Befragten verstehen hervorragend Deutsch (oder ‚sehr gut’ wie einer meiner Befragten mir gerecht suggeriert hat). 95% sprechen „sehr gut“ Deutsch, 5 % halten es auf „gut“. Was schreiben betrifft, sind 92% „sehr gut“ und 8% „gut“. Die Zweitsprache Französisch kommt an zweiter Stelle: 57% verstehen „sehr gut“ Französisch und 43% „gut“. 41% sprechen „sehr gut“ Französisch, 57% „gut“ und nur 2% haben Grundkenntnisse. Französisch schreiben können 32% der Befragten „sehr gut“, ‚62% „gut“ und 5% haben Grundkenntnisse. Niederländisch wird manchmal als Drittsprache erlernt, obwohl in den letzten Jahren das Englisch an Bedeutung gewonnen hat. 16% verstehen „sehr gut“ Niederländisch, 46% beschreiben ihre Fähigkeiten in diesem Bereich als „gut“, 35% behaupten Grundkenntnisse zu haben und 3% geben zu, (fast) nichts zu verstehen. Niederländisch sprechen können 22% gut, 57% haben Grundkenntnisse und 14% behaupten kein Niederländisch sprechen zu können. 0,8% der Befragten sagen, das Niederländisch fließend sprechen zu können. Diese selben 0,8% können auch sehr gut Niederländisch schreiben, 32% halten es auf „gut“; 43% sagen in diesem Bereich über Grundkenntnisse zu verfügen und 16% sagen kein Niederländisch schreiben zu können.[334]
3.1.1.2. Geschichte
Geschichte macht genau wie Sprache ganz bestimmt einen Teil der Identität einer Bevölkerungsgruppe aus. Und vor allem in den ostbelgischen Gebieten, wo die Geschichte sehr bewegt gewesen ist, ist das der Fall: die verschiedenen Nationalitätswechsel der letzten zwei Jahrhunderte haben das Identitätsbild der Bevölkerung schwer aus dem Gleichgewicht gebracht. Außerdem haben die zwei Weltkriege schwarze Folgen für die Bevölkerung gehabt. Trotzdem hat man in der DG dafür gewählt, die peinliche Geschichte nicht zu vergessen und sie nicht in den Hintergrund zu drängen, obwohl man sich nicht an alles erinnern will: 1994 und 1995 ist wohl die Befreiung der Alliierten gefeiert worden, aber dass 1940 den Einmarsch der deutschen Truppen in den Ostkantonen ebenso begeistert gefeiert worden ist, wird lieber vergessen. So schreibt es der Historiker Freddy Cremer.[335]
Gleich nach dem Krieg fühlten die Ostbelgier sich hier nicht zu Hause. Sie fanden es schwierig, sich mit ihrer neuen Heimat zu identifizieren. Viele zweifelten sogar daran, ob es je gelingen würde. Trotzdem durften sie ihren Zweifel nicht zeigen; sie sollten loyal sein.[336] Aber jetzt fühlen sie sich in unserem Land ganz wohl. Für die neue Generation ist es bereits undenkbar, sich nicht als Belgier zu fühlen. Hierzu dürfen wir aber den Beitrag Leo Tindemans[337] nicht außer Acht lassen. Als er 1971 von der Löwener Studentenvereinigung Eumavia eingeladen wurde, ermutigte er die deutschsprachigen Anwesenden in ihrer Identitätssuche und ihren Selbstbehauptungswillen mit der Aussage: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ und „werde, was du bist“. Dass sich die Neubelgier Belgien jetzt zur Heimat gemacht haben, zeigt die folgende Aussage: Wenn sie die Wahl hätten, unabhängig zu werden, sich an Deutschland zu fügen oder hier in Belgien zu bleiben, so würden sie einstimmig das letzte wählen. Ministerpräsident Lambertz erklärt hierzu, dass die Position der deutschsprachigen Belgier in Belgien viel besser sei, als sie Deutschland wäre. Dort würde sie nur ein entlegener Winkel sein.[338]
Aus meiner Umfrage ergibt sich, dass die Geschichte der Ostkantone die Einwohner ganz bestimmt interessiert. 57% der Befragten sagen, dass die Geschichte des Wohnorts die Identität eines Menschen mitbestimmt, und dass es daher wichtig ist, mit dieser Geschichte vertraut zu sein. 30 % behaupten, diese Geschichte auch tatsächlich zu kennen. Der Schule wird aber manchmal vorgeworfen, die Geschichte nicht ausführlich genug zu behandeln. 22 % sind dann auch der Meinung, dass sie mit ihrer eigenen Geschichte nicht genügend vertraut sind. Nur 0.5 % geben zu, sich einfach nicht dafür zu interessieren: Man lebt jetzt. Was vorher passiert ist, ist lange nicht so wichtig, als was heute passiert.[339]
Wenn man diese Zahlen liest, muss man sich aber der Tatsache bewusst sein, dass es hier einen Unterschied zwischen der älteren und der jüngeren Generation gibt. Die Jüngeren betrachten die Geschichte Deutschlands nicht mehr als die ihre. Sie haben sich von einer Identifizierung mit der deutschen Nation völlig entfernt. Sie fühlen sich Belgier, und deshalb betrachten sie nur die belgische Geschichte als die ihre. Die ältere Generation fühlt sich noch mehr mit der deutschen Geschichte verbunden. Die Geschichte des Dritten Reiches ist auch Teil ihrer Vergangenheit. Sie glauben sogar, es sei heuchlerisch, zu behaupten, nur die belgische Geschichte als die eigene zu betrachten. Denn 1920 fühlten sich die Deutschbelgier nicht belgisch. Sie wollten wieder zur deutschen Heimat gehören. Das gleiche gilt für die belgische Geschichte. Das Belgien zwischen 1830 und 1920 ist nicht das Belgien der Deutschsprachigen, so meint die ältere im Gegensatz zu der jüngeren Generation. Aus der Geschichte folgt logischerweise, dass sie sowohl die belgische als die deutsche Geschichte zu ihrer rechnen. In diesem Bereich erscheint wieder die Grenz- oder Zwischenposition der Deutschsprachigen Gemeinschaft, wobei der Grad der Verwischung zwischen Identität und Zugehörigkeit von Generation zu Generation bedingt ist.
3.1.1.3. Kultur
Der dritte Identitätsfaktor ist Kultur im breitesten Sinne des Wortes, weil auch dieser Begriff oft zur Identitätsumschreibung gerechnet wird. Neben ihrer Sprache sind die deutschsprachigen Belgier auch eine kulturelle Minderheit. Die Kultur war für sie sogar das erste Element, auf welches sie ihre Identität aufbauen konnten. Dank des Rats der deutschen Kulturgemeinschaft bildeten die deutschsprachigen Gemeinden Ostbelgiens 1973 zum ersten Mal eine Einheit im Bereich der Kultur.[340] Ein bedeutender Schritt im Kulturbewusstsein der deutschsprachigen Belgier ist das Entstehen und die Entwicklung ihrer kulturellen Autonomie.
Obwohl die deutschsprachigen Belgier also keine Deutschen sind, lehnen sie sich dennoch die deutsche Kultur an und sind mehr deutsch als belgisch orientiert: Sie sehen mehr deutsch fern, sie kennen mehr deutsche Politiker, sie hören sich mehr deutsche Musik an[341] und so weiter. Diese Einstellung kann man natürlich auch ihrer geographischen Lage und der deutschen Sprache zuschreiben. Neben all diesen deutschen Merkmalen, gibt es aber ebenfalls ein paar typisch belgische Merkmale, wie zum Beispiel die oft erwähnte ‚Pinten-Kultur’.[342]
Kultur bedeutet immer auch Folklore. Auch hier ist die Deutschsprachige Gemeinschaft eher deutsch geprägt. Sehr wichtig ist Karneval, ein großes Fest, das Flitschfest, die Heidkopffete oder die Dorf- und Zeltfeste.[343] In Amel[344] wird auch alle vier Jahre das Sommerfest gefeiert.[345] Typisch deutsche Kultur also. Die regionale Gastronomie beruft sich dann allerdings wieder auf den typisch belgischen Ardenner Schinken und auf die Wildgerichte.
Aus den Antworten, die ich von einigen Deutschsprachigen bekommen habe, kann ich die Kultur der DG auch wie folgt definieren: Die Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft haben eine gemischte deutsch-wallonische Kultur, ohne aber einer der beiden wirklich zuzugehören. In der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist die Verbundenheit mit Deutschland noch immer stark anwesend. Diese deutsche Kulturprägung ist unter anderem von den Medien bestimmt. Wie schon erwähnt, kennen sich die DG-Einwohner besser in der deutschen als in der belgischen Politik aus. Ein zweiter deutscher Einfluss sind die Vereine, die in der DG viel stärker anwesend sind als in Flandern oder Wallonien.
3.1.2.IDENTITÄTSSTIFTENDE SYMBOLE DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT
Eine Gesellschaft versucht oft mit Hilfe von eigener Symbolik wie eines Wappens, einer Hymne, einer Fahne oder Feiertage eigene identitätsstiftenden Symbole herzustellen, um sich als Gruppe nach außen hin zu unterscheiden und um nach innen zu ein Gefühl der Verbundenheit zu kreieren. Auch die Deutschsprachige Gemeinschaft hat auf diese Weise ihre identitätsstiftenden Embleme hergestellt, die vor allem auf die Geschichte des Gebietes beruhen.
3.1.2.1. Das Wappen und die Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft[346]
3.1.2.1.1.Das Wappen:
Figur 4: das Wappen
Der erste Vorschlag, der Deutschsprachigen Gemeinschaft ein eigenes Wappen zu geben, stammt bereits aus dem Jahre 1986. Damals wurde eine Kommission ins Leben gerufen, die sich damit beschäftigen sollte. Das Wappen der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist ein roter Löwe
auf einem silbernen Hintergrund. Der Löwe, über ihm eine Königskrone, ist von neun blauen Fünfblättern umgeben.
Die Begründung für das Wappen ist historisch, zeitgenossisch und zugleich heraldisch.[347] Wenn man heutzutage ein Wappen für ein Gebiet ausarbeiten will, soll man sich auf die Geschichte des Gebietes berufen, aber gleichzeitig auch die gegenwärtige Lage der Region in Bezug nehmen. In der Geschichte soll man finden, zu welchen Machtsgebieten das bewusste Gebiet die längste Zeit gehört hat. Im Falle der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind das das Herzogtum Luxemburg und das Herzogtum Limburg. Eupen und Umgebung machten im Mittelalter nämlich Teil des Herzogtums Limburg aus. Büllingen und Sankt-Vith gehörten jener Zeit zum Herzogtum Luxemburg.[348] Limburg und Luxemburg waren gleichwertige Territorien, also wurden die Farben und die Symbole der beiden Wappen übernommen. Der rote Löwe kam bei den beiden vor, also hat man von diesen zwei Löwen, einen großen ‚DG- Löwen’[349] gemacht. Die neun blauen Fünfblätter auf dem Wappen symbolisieren die neun Gemeinden der DG[350].
Die blaue Farbe war symbolisch für Luxemburg, in dessen Wappen fünf blaue Querstreifen liefen. Die Fünfblätter selbst bilden den gegenwärtigen Aspekt. Das Fünfblatt ist eine Naturheilpflanze, die im Venngebiet wächst, nämlich der fünfblättrige blaue Lungenenzian. Das Herz der Blumen auf dem Wappen ist offen, so dass man die silberne Farbe sehen kann. Diese Farbenposition weist darauf hin, die Gemeinden der DG seien ein fester Bestandteil der Institution. Die Krone ganz oben auf dem Wappen steht als Symbol für die Königskrone, und bezeugt die Treue dem Königshaus gegenüber. Überdies bekam die Deutschsprachige Gemeinschaft ihre Kompetenzen anfangs von den gesetzgebenden Körperschaften Belgiens.
Die Form des Wappens schließlich weist darauf hin, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft noch eine junge Institution ist. Man hat – aus praktischen Erwägungen – eine Trapezform mit einer abgerundeten Unterseite gewählt, der Löwe und die Blumen auf dem Wappen genug Platz zur Verfügung haben mussten.
3.1.2.1.2.Die Fahne:
Figur 5: Fahne
Die Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat ebenfalls einen roten Löwen, diesmal aber auf einem weißen[351] Hintergrund, und ebenfalls von neun blauen Fünfblättern umgeben. Ihre Farbe ist weiß und sie hat eine quadratische Form.
Am Festtag der Deutschsprachigen Gemeinschaft wird die Fahne an allen öffentlichen Gebäuden gehisst.
3.1.2.1.3.Die Farben:
Die Farben der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind weiß und rot, und stehen waagerecht zu einander. Dies bedeutet, dass das Gebiet aus einer Verfassung entstanden ist.[352] Allerdings sind die nationalen Farben Belgiens rot, gelb und schwarz. Die Französische Gemeinschaft hat die gelbe und rote Farbe für ihre Fahne gewählt, die Flamen schwarz und gelb. Hätte die Deutschsprachige Gemeinschaft demzufolge nicht schwarz und rot wählen müssen? Sachverständige haben erklärt, dass diese Farben nicht so sehr auf die nationale Geschichte zurückzuführen sind, sondern eher auf eher auf heraldische Gründe.[353]
3.1.2.2. Der Feiertag:[354]
Der Feiertag der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist der 15. November, der Tag der Dynastie. Auch hierfür gibt es verschiedene Gründe. Zuerst verdankt die Deutschsprachige Gemeinschaft ihre Autonomie zum größten Teil dem Föderalstaat. Für solch eine Minderheit sei es von Vorteil, ihren Festtag an einen nationalen Feiertag zu haben.[355] Der Tag der Dynastie war also ein geeignetes Datum, vor allem weil andere Daten, die geschichtlich zu verteidigen und sogar besser geeignet waren, zu emotional behaftet sind. Außerdem konnten sich die verschiedenen politischen Parteien über ein anderes Datum nicht einigen.
Trotzdem waren nicht alle mit dem 15. November zufrieden. Es wurde sogar behauptet, die Wahl des 15. Novembers zum Festtag der Deutschsprachigen Gemeinschaft sei unklug gewesen. Es sei so, als lege man Muttertag auf Weihnachten. Manche Fraktionen hatten sich einen europäischen Tag gewünscht, oder den Tag der Einsetzung des Rates der deutschen Kulturgemeinschaft.
Ein anderes wichtiges Datum, ist der 20. September. An diesem Tag des Jahres 1920 sind Eupen, Malmedy und Sankt-Vith an Belgien angegliedert worden. Oft geäußerte Einwände dagegen sind aber, dass Neubelgien zu dieser Zeit noch nicht mit seiner neuen Identität zufrieden war. Die Geschichte zwischen 1920 und 1973 vergisst man gerne.[356]
Der 10. Oktober wäre ebenfalls möglich gewesen, denn an diesem Datum ist die deutsche Kulturgemeinschaft in Kraft getreten. Da sie aber keine gesetzgebende Gewalt und nur wenig Befugnisse hatte, ist auch diesen Tag letztendlich nicht gewählt worden. Die Mehrheit war mit dem 15. November einverstanden, weil es ein ‚belgisches’ Datum sei und weil es die Verbundenheit zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dem Föderalstaat ausdrücke. Außerdem zeigt die DG so, dass sie sich ‚unter die ganz besondere Obhut des Staatsoberhauptes begebe’.[357]
3.1.3. WIE SEHEN DIE EINWOHNER DER DG IHRE IDENTITÄT?[358]
3.1.3.1. Eine Übersicht bestehender Auffassungen
Die Identität einer Gruppe – politisch geprägt oder nicht – wird an erster Stelle von den Mitgliedern (oder Bewohnern) bestimmt. Die Einwohner der DG haben ebenfalls ihre eigenen Ideen über die Identitätsfrage.
So sagt der Historiker und Lehrer der Pater-Damian Schule Freddy Cremer, dass es bisher noch keine kollektive politische Identität der Deutschsprachigen Gemeinschaft gibt. Auch meint er, es könne nie von „der“ Identität die Rede sein: „Identität bedeutet nicht die monolithische Identität oder Identität als Etikett, die fast zwangsläufig in hermetische Abgeschiedenheit, Immobilität; Introvertiertheit oder ‚politischen Autismus’ mündet. Identität ist nur Identitätssuche, und für die Deutschsprachige Gemeinschaft immer nur eine Positionssuche im Föderalstaat Belgien und an der Nahtstelle bedeutender Kulturkreise“.[359]
Für gewisse Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft, so auch für Jugendliche, ist die DG als Institution sehr wichtig als Identitätsemblem. Andere meinen, sie habe überhaupt nichts damit zu tun. Manche behaupten, die DG soll ihre Einwohner als Minderheit schützen und repräsentieren.[360]
Separatismus ist ein bekanntes Gespenst in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Im Zusammenhang mit dem Zugehörigkeitsgefühl zu Belgien wird der Begriff oft genannt und auch bei jedem Schritt im Autonomieausbauprozess fällt dieses Wort mindestes einmal, sowohl von wallonischer Seite als auch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft selbst. Trotzdem fühlen sich die Bewohner wohl in Belgien, und zwar schon seit geraumer Zeit: 1992 hat Grenz-Echo[361] eine Umfrage bei 400 Bürgern in Eupen und Sankt-Vith durchführen lassen.[362] Die Mehrheit fühlte sich damals sehr gut in Belgien. 57% der Befragten waren sehr zufrieden mit ihrer Lage, 27% standen dieser Frage gleichgültig gegenüber und nur 15% waren unzufrieden. Eine zweite Frage sondierte nach dem Gefühl der Gleichberechtigung, und aufs neue war die große Mehrheit glücklich. Trotzdem soll hier bemerkt werden, dass hier eine Art Diskrepanz zwischen Eupen und dem Eifeler Land bestand. Im letzteren lag der Zufriedenheitsgrad etwas höher. Die dritte Frage hat deutlich gemacht, dass die Deutschsprachigen keine Separatisten sind, denn 51% stellten fest, es sei sehr bedauerlich, wenn sich der Staat Belgien auflöse. 41% waren sogar der Meinung, um jeden Preis vermieden werden.[363]
3.1.3.2. Besprechung bestehender Umfragen[364]
Seit der Gründung des RdK 1973 haben sich verschiedene Leute mit der Identitätsfrage der DG-Einwohner beschäftigt. Anfangs war das Thema vor allem, in wie weit die deutsche Kulturgemeinschaft, oder ab 1983 die Deutschsprachige Gemeinschaft, als Institution geschätzt wurde, oder ob sich die Bewohner innerhalb Belgien als eine Art Einheit betrachteten.
Bei einer Lizenzarbeit aus dem Jahre 1981 zum Beispiel, wurden 100 Umfragen ausgewertet. Ziel war herauszufinden, ob es eine Art von Gemeinschaftsbewusstsein gab. 53% der Befragten stimmten dieser Aussage zu, 47% bevorzugten das Nationalgefühl eher als das Gefühl als deutschsprachigen Belgier. Von diesen waren 13% entweder einsprachig frankophon oder zweisprachig. 78% der Befragten waren der Meinung, es gebe zwischen den deutschsprachigen und den französischsprachigen Belgiern Mentalitätsunterschiede. Die größten Differenzen seien andere Sitten und Traditionen (25%), ein größeres Toleranzgefühl (18%) und mehr Arbeitsamkeit (14%). Damals war die Vorliebe für deutsche Städte noch größer als für die inländischen. Freizeit wurde aber meistens in Belgien gelebt.[365] Was die Einstellung den belgischen Einwohnern gegenüber betrifft, bezeichneten sich die Einwohner der DG als deutschsprachig, dem Ausland gegenüber aber als belgisch.[366]
Auch die Historiker Freddy Cremer, Carlo Lejeune und Andreas Fickers haben sich die Frage nach dem Identitäts- und Weltbild in der Deutschsprachigen Gemeinschaft gestellt. Sie wollten vor allem die Meinung der jüngsten Generation kennen. Daher haben sie 1998 in den Schulen ebenfalls eine Umfrage organisiert. Die Fragen waren sehr breitgefächert und umfassten Themen wie „Heimat“, „Geschichtskenntnisse“, „Identitätsgefühl“, „Vorurteile“, „Europa“, „ Mentalität“ usw.
Ein erstes Thema war die Heimat. Heutzutage ist Heimat für die Mehrheit etwas Persönliches. Es hat mit Nestwärme, mit Wohlfühlen zu tun. Heimat ist wie der Freundeskreis, die Familie oder der Wohnort: sie ist nicht etwas staatliches wie die DG oder Belgien. Nur 8% betrachten die Deutschsprachige Gemeinschaft als ihre Heimat, 18% wählen in dieser Bedeutung Belgien.
Auch die politisch korrekte Benennung deutschsprachige Belgier ist für die Einwohner der DG sehr wichtig.[367] 18% der Jugendlichen sind genervt, wenn sie als Deutsche betrachtet werden. 72% klären den Irrtum auf; sie seien deutschsprachige Belgier, und keine deutsche Minderheit in Belgien. Trotzdem betrachten 47% sich als kulturelle Minderheit.[368] Was die staatliche Zugehörigkeit betrifft, sind große Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden der Deutschsprachigen Gemeinschaft festzustellen. Im Eupener Raum fühlt sich die Jugend an erster Stelle als Belgier (35%) und nur an zweiter Stelle als deutschsprachiger Belgier (20%). Im Eifeler Land ist es gerade umgekehrt. Hier ist die Verbundenheit mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft größer (38%) als mit dem Staat Belgien (24%).
Die Geschichte ihrer Region kennt die Jugend weniger. Nur 37% der Befragten wissen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft seit 1920 zu Belgien gehört. Geschichte ist weder für sie selbst noch für ihr Identitätsgefühl wichtig.[369] Nur 41% meinen, dass die Geschichte der Ostkantone für ihre Identität bedeutend ist. Obwohl sich die deutschsprachigen Belgier immer von der deutschen Nationalität distanzieren, ist jedoch bemerkenswert, dass sie die Geschichte des Dritten Reiches als einen Teil ihrer eigenen Vergangenheit betrachten. (83% ja, 17% nein).[370] Trotzdem sind die Verbrechen des Dritten Reiches nicht die der Ostkantone, obwohl Hitler 1940 von der Bevölkerung begeistert empfangen wurde.[371] Weise diese Denkart vielleicht auf ein selektives Gedächtnis hin?
Eine Umfrage der Zeitung Grenz-Echo aus dem Jahre 1986 hat gezeigt, dass die Bevölkerung (79%) sich im Rahmen der erreichten Autonomie vollkommen belgisch fühlt.[372] 1992 hat das Grenz-Echo aufs neue gleichartige Resultate bekommen. Mehr als 90% der Befragten über ihr Nationalgefühl, sprachen an erster Stelle über ihr Königreich und ihren Föderalstaat. Auf die Frage, „Was wäre, wenn der belgische Staat beschließen würde, sich aufzulösen?“ stimmten 95% für eine weitere Zugehörigkeit zu Belgien. Wenn sich die Auflösung trotzdem als unvermeidlich aufweisen würde, bevorzugte fast die Hälfte (!) eine Annäherung zu der Wallonie. Jeweils 22% entschließen sich in solch einem Fall für eine Selbstständigkeit oder eine Angliederung an Luxemburg. Nur 4% wählten für eine Eingliederung in ein Bundesland.[373]
3.1.3.3. Besprechung meiner Umfragen
In meinen zwei Umfragen nach dem Identitätsgefühl habe ich verschiedene Themen ausleuchten wollen. Mein Ziel war, anhand verschiedener Fragen ein Bild zu skizzieren von dem, was die Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft ihre eigne Identität nennen. Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, habe ich Teilbereiche analysiert wie die Definition, die sich den Einwohnern selbst geben, die Definition des Gebietes, in dem sie wohnen, usw. Andere Fragen beziehen sich auf die Verbundenheit mit der belgischen, beziehungsweise deutschen Geschichte, oder auf die heutigen Kontakte mit Deutschland. Ich habe außerdem nach den Sprachenkenntnissen sondiert und nach der Fernseh-, Rundfunk- und Zeitungskultur.
Dank meiner ersten Umfrage habe ich viele Antworten bekommen, die aber gleichzeitig neue Fragen auslösen. Deshalb habe ich eine zweite Umfrage aufgestellt, die sich mit den gleichen Themen befasst, aber teilweise andere Akzente gelegt hat.
Die erste Umfrage habe ich schriftlich gemacht, weil ich auf diese Weise mehrere Leute befragen konnte. Insgesamt haben 37 Leute meine Fragebogen eingefüllt. Unter diesen 37 Leuten befanden sich Studenten aus Louvain-la-Neuve, Leute, die ich während meiner Untersuchung in der DG kennen gelernt habe, Leute, die ich in den Bibliotheken angesprochen habe und Freunde und Bekannte meiner Freunde.
Die zweite Umfrage habe ich mündlich gemacht, weil ich auf diese Weise tiefer auf Erklärungen eingehen konnte. Deshalb habe ich im Gebäude des Eupener Bauernverbundes[374] einige Leute aus Eupen und Sankt-Vith sammeln können, um auf meine Fragen zu antworten. Alle diese Leute haben nachher noch einige Umfragen mitgenommen, um an Nachbarn, Familien und Freunde durchzuschicken. Die Anzahl der Befragten meiner zweiten Umfrage beläuft sich auf 11, eine eher kleine Gruppe, aber trotzdem noch ziemlich repräsentativ, weil sich jüngere und ältere, Männer und Frauen, Eupener und Eifeler darunter befunden.
Während der Verarbeitung der Antworten ist mir aufgefallen, dass es manchmal
Unterschiede gibt nach dem Alter oder nach dem Gebiet, in dem die Befragten
wohnen, das heißt im Eupener Land oder im belgischen Eifel, die wichtigsten
habe ich erwähnt.
Eine erste Frage befasst sich also mit der Definition, die die Einwohner „des Landes ohne Namen“ ihrem Gebiet gaben. Offiziell sind sie Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft, aber fühlen sie sich alle in erster Linie so? Die Antworten waren meiner Meinung nach eher “merkwürdig“. 68% der Befragten fühlen sich in erster Instanz als Ostkantoner, obwohl mir die offiziellen Institutionen seit dem Anfang deutlich gemacht haben, dass die Benennung Ostkantone sich nur auf die geographische Situierung bezieht, die wenig mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft selbst zu tun habe. Als deutschsprachiger Belgier definieren sich nur 0.3% und 32% fühlen sich zuerst als Belgier, nicht als deutschsprachiger Belgier. Bemerkenswert für mich ist dennoch, dass einige ältere Leute sich eher als Deutschbelgier, als als deutschsprachiger Belgier definieren. Sie meinen, der Name deutschsprachige Belgier umfasse nicht ihre ganze Identität. Er beschränke sich nur auf die sprachliche Facette des Wortes. Sie betrachten sich als Deutschbelgier, weil sie sich neben der sprachlichen Ebene auch auf der geschichtlichen Ebene mit Deutschland verbunden fühlen. Deutschsprachige Wallonen sind diese Menschen ganz bestimmt nicht. Für diese Möglichkeit hat sich übrigens niemand entschieden, das Wort ist sogar einmal durchstrichen worden.
Eine zweite Frage bezieht sich auf die Benennung des Gebietes. 76% nennen ihren Wohnort einfach „Ostbelgien“.[375] Dies ist der Namen, der laut Ministerpräsident Lambertz am wenigsten zutrifft. An zweiter Stelle folgte mit 35% die „Deutschsprachige Gemeinschaft“. Der Name ‚Ostkantone’ wird nur von 19% der Befragten benutzt, meistens dann noch im Französischen. Eupen-Malmedy oder Neubelgien benutzt heutzutage keiner mehr. Diese Benennungen waren vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts populär.
Die Heimat ist für die meisten Einwohner der DG nicht etwas Institutionelles, aber eher etwas Emotionales. 49% denken dabei an ihren Wohnort. An zweiter Stelle folgt mit 42% Belgien. Auf dem dritten Platz tritt wieder das Gefühl in den Vordergrund: die Heimat wird als Familie und Freunde umschrieben (32%). Die Deutschsprachige Gemeinschaft folgt erst auf Platz vier (30%)[376], gefolgt von Europa (16%). Deutschland wird von niemand als Heimat gesehen. Diese Möglichkeit ist sogar fünf Mal durchstrichen worden und eine Person hat sie als ‚wahnsinnig’ umschrieben. Obwohl die Einwohner noch viele Gemeinsamkeiten mit den Deutschen haben was Fernsehen, Musik, Freizeit,... kurz Kultur betrifft, würden sie sich nie als Deutsche definieren.
Die Heimat wird fast von der Hälfte mit: Zugehörigkeit zu Belgien ausgedruckt. Für die Identität ist der Heimatkreis mit 45% am wichtigsten. Familie ist der zweitgrößte Faktor im Heimatbewusstsein, während politisches Bewusstsein oder Politik im Allgemeinen nur für 11% der Befragten wichtig ist. 0.2 % fügten hinzu, dass sie sich selbst als Menschen definieren, die „meine Identität“ haben.
Die Zugehörigkeit zu Belgien kommt am meisten während eines Fußballspiels zwischen Belgien und Deutschland zum Ausdruck. Einer meiner Befragten hat mir die folgende Anekdote erzählt: Es wurde Mal ein Spiel auf einem großen Bildschirm in einer Kneipe verfolgt. Alle Anwesenden waren Anhänger der belgischen Mannschaft, nur einer unterstützte die deutsche. Die Bundesrepublik gewann das Spiel, und der deutsche Anhänger sagte: „Nun, das haben wir gut geschafft“. In der Kneipe sei daraufhin ein kleiner dritter Weltkrieg ausgebrochen, bis der Mann aus der Kneipe herausgeflohen war, von Stühlen und Biergläsern verfolgt. Das war das letzte Mal, dass eine solche Veranstaltung im belgischen Eifeler Land stattgefunden hat.[377]
Eine nächste Frage behandelt die Minderheitslage der deutschsprachigen Belgier. Ich möchte wissen, ob sie auch als Minderheit leben: Bleiben sie in ihrem beschränkten Kreis oder erstrecken sich ihre Freundschaften über die Grenzen der DG hinaus? All diejenigen, die die Universität besuchen wollen, müssen ja nach weg: nach Lüttich, Namur, Louvain-la-Neuve, Brüssel, Löwen oder nach Deutschland vielleicht. Die meisten Studenten aus der DG studieren aber in Lüttich, Namur oder Louvain-la-Neuve. Dort gibt es sogar verschiedene Studentenvereinigungen wie Eumavia (Louvain-la-Neuve), Palovia (Lüttich) oder Ostania (Brüssel).[378] Das ‚Insel-Gefühl’ der Deutschsprachigen wird noch von der Erläuterung einer deutschsprachigen Studentin in Lüttich bestätigt: „Es gibt unter uns viele, die am Sonntagabend in Lüttich in ihrer Bude ankommen, in der nur Deutschsprachige leben. Auch im Unterricht, bilden sich die Gruppen fast ausschließend aus Deutschsprachigen. Sie studieren sogar zusammen und wenn sie ausgehen wollen, ist es immer in Gruppen von Deutschsprachigen.[379]
Eine weitere Frage bezieht sich auf die Verteilung der Familien. Von 92 % der Befragten wohnen die Verwandten innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Nur 11% haben Familie in der Wallonie und 0,8% in Deutschland. 0,2% haben ebenfalls Verwandte in Flandern. Nach Malmedy gibt es keine familiären Kontakte (0%).
Eine siebte Frage bezieht sich auf die freundschaftlichen Kontakte zu Deutschland. Obwohl Verwandte anscheinend nicht in Deutschland wohnen, gibt es trotzdem noch einige Bezüge wie zum Beispiel Freunde oder andere Kontakte: Spitzenreiter sind hier bestimmt die Einkäufe (84%). An zweiter Stelle folgen die Ausflüge (41%). Freizeit ist mit 32% die Nummer drei auf der Liste. An vierter Stelle folgen die Freundschaften: 24% der Befragten haben Freunde in der Bundesrepublik. 22% der Befragten sind berufstätig mit Deutschland verbunden, 11% besuchen in Deutschland die Kinos und sogar die Ärzte. 8% der Befragten gehören in Deutschland irgendeinem Verein an. Nur 0,5% behauptet, dass sie keine oder sehr wenig Kontakte mit Deutschland haben.
Die achte Frage meiner Umfrage suchte nach den Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dem Rest Belgiens. Große Unterschiede gibt es außerhalb der Sprache und der Geschichte nicht, obwohl es einige bestehen. Diese scheinen aber nicht anders oder größer als diese zwischen den Flamen und den Wallonen zu sein.
Die Mentalität ist für 81% der größte Differenzfaktor: der kulturelle Austausch mit den Nachbarn sei größer als im Rest Belgiens, die Offenherzigkeit sei wichtiger und die Mehrsprachigkeit mehr gefördert. An zweiter Stelle kommen die Bräuche mit 68%. Auch diese situieren sich im breiten Kulturbereich (51%) durch Feste, Folklore, Vereine und so weiter. Ein dritter Unterschied stellt die Beziehungen zu den anderen Gemeinschaften und Regionen dar (30%). Selbstverständlich ist hier der politische Sonderstatus der Deutschsprachigen Gemeinschaft in der Französischsprachigen Region ein Grund. Die Geschichte in Belgien ist ein vierter Unterschied. In den Ostkantonen ist sie jünger als diese von Flandern und Wallonien. Was die politischen Auffassungen betrifft, ist die Christlich Soziale Partei in der DG beliebter ist als ihre Pendants in den übrigen Teilen Belgiens, obwohl sie in der heutigen Regierung auch in der Opposition ist. Weiter gibt es noch einige kleinere Unterschiede wie die Gastronomie, die für jede Gegend in Belgien differenziert ist, oder die Feiertage. In der DG gibt es manche Feiertage oder Bräuche die mehr mit Deutschland als mit Belgien zu tun haben. Denken wir zum Beispiel an die intensiven Karnevalfeste.[380]
3.1.4. WIE BEEINFLUSSEN DIE INSTITUTIONEN DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT DAS IDENTITÄTSBILD IHRER EINWOHNER?
3.1.4.1. Die Medien[381]
Die Medien spielen eine wichtige Rolle im Selbstbewusstsein einer Bevölkerung. Sie bilden nämlich ein Sprachrohr und werden oft als die vierte Gewalt betrachtet.[382] Sie tragen zur Bildung einer Gruppenidentität bei, stimulieren das Selbstbild einer Bevölkerung nach innen hin und machen eine Gruppe nach außen hin bekannt. Auch heute noch beeinflussen die Medien die Volksmeinung. In der winzigen Deutschsprachigen Gemeinschaft sind nur wenig Medieninstitutionen vorhanden, mit der Folge, dass sie über eine relative Machtspotenzverfügen.
Was die Medien betrifft, sind die deutschsprachigen Belgier eher den Deutschen ähnlich. Sie hören deutschen Rundfunk und sehen mehr deutsch als belgisch fern. Manche Einwohner meinen, der Grund hierfür sei, dass deutschsprachige belgische Nachrichten in der DG noch fehlen. Ein anderes Problem sei, dass die belgischen Sender manchmal nicht in den Ostkantonen empfangen werden können.
3.1.4.1.1. Welche Sender und Zeitungen sind in der DG am beliebtesten?
An erster Stelle kommt die ARD mit 35%, danach folgt das ZDF mit 27%. Nummer drei ist der belgische Sender RTBF (27%), der zusammen mit RTL einen Status quo bildet. Fünfter in der Reihe ist wieder ein deutscher Sender, nämlich Sat1 (24%), gefolgt vom deutschen Pro7 (24%). Der siebte Platz nimmt der flämische Sender VRT mit 11% ein. An achter Stelle folgt ein lokaler Sender, KA3[383] (11%). Andere populäre Fernsehsender sind: VOX (deutsch), FR 2-3, TF1, DSF, MTV, RTL-TVI, ARTE, SWR und WDR.
Für die Hörfunkprogramme gebe es weniger Auswahl. Spitzenreiter ist der lokale Sender BRF (24%), gefolgt von Einslive (16%), RTBF[384], RTL, WRD, VRT und RPR. Persönlich hatte ich noch Sender wie Studio Brussel, 100,5 et Radio Contact erwartet, aber die sind nicht erwähnt worden.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist nur ein kleines Gebiet. Deshalb ist es klar, dass der BRF und das Grenz-Echo fast auf ein Monopol pochen können. Trotzdem ist die große Mehrheit (73%) davon überzeugt, dass es genug deutschsprachige Medien gibt. Vor allem von deutscher Seite her gibt es keinen Mangel. 32% sind mit dem Angebot zufrieden. Trotzdem darf das Angebot noch ausgeweitet werden, so die Einwohner. Das Medienmonopol des Grenz-Echos und des BRF ist für manche keine gute Sache.
3.1.4.1.2. Das Grenz-Echo (das GE)[385]
Das Grenz-Echo ist 1927 als erste pro-belgische Zeitung in deutscher Sprache gegründet worden. Heutzutage ist sie noch immer die einzige deutschsprachige Tageszeitung in den Ostkantonen. Ihre anderen Konkurrenten hat sie ausgeschaltet. Anlass der Gründung war eine Forderung des damaligen Bezirkskommissars Baltia,[386] der Neubelgien möglichst schnell integrieren sollte. Ein Weg dahin war die Gründung einer pro-belgischen und deutschsprachigen Tageszeitung im Gegensatz zu den damals bestehenden pro-deutschen Blättern. Hauptredakteur war damals Henri Michel.
Das Grenz-Echo stand zuerst unter dem Einflussbereich der katholischen Partei, und hat langer Zeit vor allem deren Vision vertreten. Am 20. April 1929 wurde die Zeitung sogar Eigentum der CSP und zwischen 1932 und 1985 war sie Teil der Vereinigung ohne Erwerbszweck ‚Action Catholique’ aus Verviers[387]. Der Name Grenz-Echo war aber nichts Neues: in Welkenraedt gab es zwischen 1903 und 1914 eine Zeitung mit diesem Namen, obwohl dieser noch den Untertitel „Belgisch-deutscher Generalanzeiger“ trug. In den ersten Editionen wurde auch das Grenz-Echo von einem Untertitel begleitet: Christliches Organ zur Förderung wirtschaftlicher Interessen der neubelgischen Gebiete.
Als Mitte der sechziger Jahre der versöhnlichere und kompromissbereitere Heinrich Toussaint dem etwa konservativen Henri Michel als Chefredakteur ablöste, verbreitete das Grenz-Echo nicht länger nur die Gedanken der CSP[388]. Ende 1985 hat Toussaint die Fackel Heinz Warny übergegeben, der heue noch immer Chefredakteur ist.
Heute hat die Zeitung eine Auflage von ungefähr 12000 Exemplaren.[389] Sie hat ihre katholische Orientierung nie verstecken können, obwohl sie seit dem Amtsantritt Heinrich Toussaints weniger explizit katholisch ist.[390] Alle Parteien können jetzt ihre Standpunkte in der Presse vertreten. Der aktuelle Direktor und Herausgeber der Tageszeitung ist heutzutage der CSP-Mann Alfred Küchenberg, was neue Gerüchte über eine christliche soziale Orientierung vermuten lässt.
Das Grenz-Echo selbst nennt drei Kriterien, mit denen seine Mitarbeiter auf jeden Fall rechnen müssen: die Zeitung verteidigt die christlichen Basisstellungen, ist pro-belgisch und ist ein Befürworter der sozialen Marktwirtschaft. Neben diesen Kriterien gilt die freie Meinungsäußerung, so Küchenberg. [391]
3.1.4.1.3. Der BRF: das Belgische Rundfunk und Fernsehzentrum[392]
Die erste Sendung des BRF wurde am 1. Oktober 1945 ausgestrahlt. Die Betonung lag auf regionaler (grenzüberschreitender) Berichterstattung. Die erste Redakteurin war Irene Janetzky, die damals eine halbe Stunde deutschsprachige Sendung im INR (das Institut National de Radiodiffusion) zusammenstellte. Einen eigenen deutschsprachigen Rundfunk gab es damals noch nicht, aber die tägliche Sendung auf Deutsch sollte den Neubelgiern helfen, sich in ihrem neuen Vaterland zu integrieren. Aber mit den Jahren änderte sich das Ziel des Rundfunks, und mit dem Autonomieausbau in der DG entwickelte sich das Radio als das Sprachrohr der Deutschsprachigen in Belgien. Der BRF soll seine Zuhörer ständig weiterbilden und unterhalten.
Der BRF soll des Artikels 1 des Dekretes vom 27. Juni 1986 gemäß[393] drei Hörfunkprogramme ausstrahlen, deren Schwerpunkte auf Information, Weiterbildung und kultureller Animation liegen. Zwei dieser drei Programme sind vornämlich für die Einwohner in der Deutschsprachigen Gemeinschaft gemeint. Das dritte Programm unterhält die deutschsprachigen Belgier, die in Brüssel wohnen. In der DG werden die Programme während 24 Stunden ausgestrahlt. Jede Stunde soll Nachrichten enthalten, in der Belgien als Staat den Hauptpunkt bildet. Drei Mal pro Tag soll es auch Nachrichten geben, in denen die regionalen Ereignisse einen Platz bekommen. In diesen Nachrichten handelt es sich dann um politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell geprägte Berichte aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Das Programm in Brüssel umfasst selbstverständlich andere Schwerpunkte. Hier sind vor allem die föderalen politischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Themen am wichtigsten, so wie Informationen über die anderen deutschsprachigen Länder in Europa.
Seit 1977 arbeitet der BRF autonom. Zwei Jahre zuvor war in Eupen bereits ein Regionalstudio eingerichtet worden. Der BRF vergrößerte und gründete zwei Privathäuser in Sankt-Vith, und ein kleines Studio in Brüssel. Seit November 2001 strahlt der BRF ein 24-Stunden-Programm aus.
Auch der BRF soll sich um das Image der Deutschsprachigen Gemeinschaft kümmern. So hat der Sender 1999 in Zusammenarbeit mit dem Medienzentrum in Eupen[394] einen Werbefilm gemacht, in dem die Deutschsprachige Gemeinschaft präsentiert wird. Dieses Video ist in den drei Landessprachen erhältlich.[395]
3.1.4.1.4. Kanal 3 (KA3)[396]
Kanal 3 ist ein tägliches Nachrichtenmagazin in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, das gemeinsam von dem belgischen Rundfunk und dem Medienzentrum verwaltet wird. Das Fernsehprogramm informiert täglich über aktuelle, politische, sportliche und kulturelle Themen. Täglich gibt es Sendungen, die ungefähr 15 bis 20 Minuten dauern. Einmal in der Woche gibt es ebenfalls ein Euregio-Magazin im Rahmen des Interreg-Projektes[397], so wie ein wöchentliches innenpolitisches Magazin. KA3 soll auch regelmäßig über die RDG-Plenarsitzungen informieren.
3.1.4.2. Die öffentlichen Institutionen der DG[398]
Die Institutionen lenken mit ihren Aktionen, Kampagnen und Politik das Identitätsbild und das Bild des Autonomiewunsches der Einwohner, teilweise bewusst, aber teilweise auch unbewusst. Die Institutionen wollen sich davon versichern, dass die Bevölkerung ihre Verwaltung billigt. Trotzdem herrscht bei den meisten Leuten ein wenig Gleichgültigkeit was die Deutschsprachige Gemeinschaft als Institution betrifft. Viele sind sich ihre Bedeutung sogar nicht bewusst. Das sagen nicht nur Angestellte des RDG wie Gerd Henkes,[399] sondern auch Historiker wie Carlo Lejeune.
Eine Lizenzarbeit aus dem Jahre 1981 beispielsweise, hat gezeigt, dass die deutsche Kulturgemeinschaft damals ein ‚unbekanntes Kind’ war: Viele Einwohner waren gar nicht mit dem Konzept des RdK vertraut.[400] Auf die Frage: „Können Sie mir in einigen Worten sagen, was der RdK für Sie bedeutet?“ konnten 46% keine Antwort geben. Nur 17% konnten eine zusammenfassende Umschreibung geben und knapp 3% wussten genau Bescheid. Auch die damals tätigen Politiker waren bei der Bevölkerung nicht so bekannt. Nur 9% konnten mehr als drei Namen nennen. Bemerkenswert ist, dass bereits damals Kritiker Beschwerden über ein Zuviel an Autonomie hegten.[401]
Als 1983 auch das Grenz-Echo seine Leser über die deutsche Kulturgemeinschaft befragte, hat sie eine gleichartige –sogar bedauerliche – Schlussfolgerung ziehen müssen: der RdK war nicht nur ein unbekanntes sondern auch ein ungeliebtes Kind. Der damalige Präsident Manfred Betsch[402] umschrieb den RdK eher als ein ‚unverstandenes Kind’, was er als sehr beklagenswert empfand. Die DG wollte von Anfang an der Bevölkerung ganz nahe stehen.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist eine kleine Gemeinschaft, und das hat Vor- und Nachteile. Ein Vorteil, der aber zugleich als Nachteil betrachtet werden kann, ist die Tatsache, dass jeder jeden kennt. Die Politik ist also immer den Einwohnern ganz nahe. Negativer ist, dass die Politiker auch als Privatmenschen gekannt sind, und dass persönliche Motive also eine größere Rolle spielen.[403] Hier spielt Ministerpräsident Lambertz das politische Spiel des Volksmenschen sehr gut. So ist es zum Beispiel in einer solchen kleinen Gemeinschaft auch völlig normal, dem Ministerpräsidenten abends in einer Dorfkneipe zu begegnen.
1998 hatte die Regierung das Grenz-Echo damit beauftragt, der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine offizielle Website zu gestalten: http://www.dglive.be. Sie enthält Informationen über die Deutschsprachige Gemeinschaft, über den Rat, die Regierung, aber jetzt sind auch aktuelle und täglich nützliche Informationen die sich auf das Alltagsleben beziehen dazu gekommen. So enthält die Website zum Beispiel Sektionen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und Unterricht.
3.1.4.2.1. Der RDG[404]
Öffentliche Institutionen, wie der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft, haben als Aufgabe, die Identität ihrer Einwohner zu profilieren. Broschüren, Videos und andere ‚politische’ Werbemittel[405] sind dazu geeignet.
Seit dem 1. November 1999 verfügt auch der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft über eine eigene Website (http://www.rdg.be), die ebenfalls mit der offiziellen Website der Deutschsprachigen Gemeinschaf verknüpft ist. Auf der Website des Rates kann der Leser alle mögliche Information über die verschiedenen Regierungsausschüsse erhalten. Daneben erläutert sie die Arbeit des Parlamentes, gibt Informationen über seine Zusammensetzung und informiert über das Plenum und Präsidium. Jede Woche wird die Website geupdatet, um die neuesten Informationen zu vermitteln. [406]
3.1.4.2.2. Die Regierung[407]
Die Regierung Lambertz – wie die heutige Regierung oft (manchmal sogar hämisch) genannt wird – hat auf verschiedene Weisen versucht, das Selbstbewusstsein und das Identitätsgefühl der Einwohner zu stärken. So hat sie unter anderem im Sommer 2002 eine Teddybären- und Aufkleberaktion ins Leben gerufen.[408] Auch wollte der Ministerpräsident eine umfangreiche Umfrage[409] organisieren, die erkunden sollte, wie sich die deutschsprachigen Belgier fühlen und, vor allem, mit wem sie sich identifizieren. Eine mögliche Frage war beispielsweise: „Sind wir Deutsche mit einem belgischen Pass, Wallonen, die deutsch reden oder deutschsprachige Belgier?“ Andere Fragen kümmerten sich mehr um das Autonomiestatut: „Wird die DG eine Gemeinschafts-Region, oder bleibt sie Teil der Wallonischen Region?“ Die Umfrage ist aber in der Schublade geblieben, weil die anderen Parteien zu viele Beschwerden geäußert haben.
3.1.4.2.3. Das Medienzentrum[410]
Das Medienzentrum ist zugleich Mediathek, Bibliothek, Medienanimationszentrum und Medienwerkstatt. Die Medienwerkstatt hilft bei verschiedenen Aktivitäten im Multimediabereich.
Am 22. April 2003 ist der Beirat des Medienzentrums gegründet worden. Die Mitglieder sind Mitarbeiter der Regierung und des Ministeriums, der RDG-Fraktion, des Bibliothekenbeirats und ein Vertreter der Nutzer des Medienzentrums. Die gegenwärtige Leiterin, eine meiner Befragten, heißt Rita Bertemes.
Das Medienzentrum ist der Regierung und dem Ministerium direkt untergeordnet. Ihre Website ist sogar Teil der allgemeinen Website der DG. Auf dieser Website stehen aber nur Informationen zum Medienzentrum selbst.
3.1.4.2.4. Die Schulen [411]
a) Sprache[412]
Wie schon erwähnt, möchte ich hier noch einmal betonen, in welchem Maße der mehrsprachige Unterricht in der DG wichtig ist. Die Jugendlichen sollen möglichst viele Sprachen lernen. Mehrsprachigkeit ist nicht nur ein Trumpf in der Alltagskommunikation in Belgien, sondern auch in der Arbeitswelt.
Das Französische ist bisher die verpflichtete Zweitsprache. Aber einige meinen, bei der jetzigen Wirtschaftsentwicklung sei Englisch als Zweitsprache vielleicht besser. Trotzdem soll das Französisch unbedingt Pflichtfach in der Deutschsprachigen Gemeinschaft bleiben. Auch das Niederländisch wird in den Schulen unterrichtet, aber nur als Dritt- oder sogar Viertsprache.[413]
Mehrsprachigkeit gibt es auch in den technischen und Berufsschulen, obwohl in geringerem Maße. Einer meiner Befragten ist aber der Meinung, man sollte einen Unterschied machen zwischen Fremdsprachenunterricht und Fachunterricht. Jeder hat das Recht, Fachunterricht in seiner Muttersprache zu bekommen.
Eine Ist-Situation betreffend Mehrsprachigkeit im Unterrichtswesen ist nicht einfach. Alles hängt von der Schule ab. Vielerlei Kombinationen sind möglich, meistens abhängig, ob die Schule französischsprachige, deutschsprachige oder niederländischsprachige Lehrer findet. Manchmal werden nur bestimmte Fächer im Französischen gegeben, manchmal wechselt die Sprache während der Stufen oder Stunden.
b) Schul- und Handbücher
Die meisten Schulbücher sind, wie die Tabelle deutlich macht, in der deutschen Sprache verfasst, obwohl selbstverständlich auch französischsprachige benutzt werden. Genau wie der Sprachgebrauch, werden auch die benutzten Bücher von den Schulen bestimmt. Die übergroße Mehrheit der Lehrer arbeitet aber mit selbsthergestellten Kopien. Auf diese Weise können sie die Sprache und gewissermaßen auch die Materien selbst bestimmen.[414]
c) Unterrichtsplan
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft folgt man selbstverständlich dem belgischen Schulprogramm. Für die Geschichtskurse gibt es aber eine Ausnahme. Für ihren Geschichtskurs verfassen die Lehrer einen Sonderteil für die Deutschsprachige Gemeinschaft, in dem der Geschichte des Gebietes spezielle Aufmerksamkeit gewidmet wird.[415] Trotzdem hat die Umfrage „Jugend 98 in guter Gesellschaft?“ der Herren Cremer, Fickers und Lejeune gezeigt, dass die Schulen der eigenen Regionalgeschichte nicht genügend Bedeutung beimessen. 36% sind der Meinung, nicht genug oder gar nicht über die Geschichte der DG informiert zu sein.[416]
3.1.5. FAZIT
Was kann man jetzt aus diesem Versuch zu einer Definition der Identität der Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft ableiten? Ich meine an erster Stelle, dass die Identität der DG als gesamter und umfassender Begriff nicht existieren kann. Was es dagegen wohl gibt, sind gemeinsame oder identitätsstiftende Elemente, wie eine gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte, die die Gruppe von anderen Gruppen unterscheidet und in denen sich die Bewohner wiedererkennen. Die Ergebnisse meiner (und anderer) Umfrage scheinen außerdem zu bestätigen, dass die Einwohner der DG ihre Identität eher als etwas Persönliches, als etwas Gemeinsames oder Institutionelles betrachten: sie verknüpfen Identität schneller mit Familie und Freunde als mit politischen Institutionen. Auch die Medien prägen das Identitätsbild der DG, denn die viele deutsche Medien tragen (unbewusst) zu einer Annäherung der deutschen Kultur an: die DG-Bewohner sehen deutsch fern und hören sich deutsche Musik an, außerdem kennen sie die deutschen Politiker besser als die belgischen föderalen.
Eine exakte mathematische Definition der Identität der Deutschsprachigen Gemeinschaft kann ich aber nicht geben, weil ich meine aus dem vorigen Kapitel ablesen zu können, dass es eine solche allgemeine Identität nicht gibt.
3.2. DAS POLITISCHE AUTONOMIEBESTREBEN
Seit der Schaffung des deutschen Kulturrates 1973 ist es die Absicht, „dass die Bevölkerung nicht das Empfinden haben darf, das politische Geschehen stehe im Gegensatz zum kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Leben“.[417] Die Politik soll bewerkstelligen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft sich auf autonomer Ebene entwickeln kann, aber nur in diesen Bereichen, den von ihrer Bevölkerung erwünscht werden.
Trotzdem kann diese Autonomieentwicklung nur entstehen, wenn sich eine eigene politische Meinung gebildet hat, die ihrerseits eine Folge des Identitätsbewusstseins ist.[418] Im nächsten Teil werde ich versuchen, die verschiedenen Autonomieauffassungen der Politik zu skizzieren und sie mit den Auffassungen der Bevölkerung zu vergleichen.
3.2.1. DIE POLITISCHEN PARTEIEN
In der politischen Welt der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind die Beziehungen zu den französischsprachigen Parteien sehr wichtig. Denn viele Parteien sind ein deutschsprachiges Pendant ihrer wallonischen Mutterparteien.[419]
3.2.1.1. Die Mehrheitsparteien
Seit den Wahlen vom Juli 1999 sind in der Mehrheit die folgenden Parteien vertreten: die Liberalen (PFF), die Sozialisten (SP) und die Grünen (Ecolo).
3.2.1.1.1. Die sozialistische Partei (SP) [420]:
Die sozialistische Partei der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist eine linke beziehungsweise eine Partei links von der Mitte und ist Teil der wallonischen PS (Parti socialiste).
Ministerpräsident Lambertz hat sich viel Mühe gegeben, die Kompetenzen der Deutschsprachigen Gemeinschaft weiter auszubauen und die DG im In- und Ausland bekannt zu machen. Nicht alle sind aber mit seinen Aktionen und Auffassungen einverstanden.[421]
In einem Artikel des Grenz-Echos stellte Lambertz fest, dass der Autonomieausbau in erster Linie ein Wunsch des Volkes sei. Er sagt, dass die Bevölkerung nicht verstehe, warum die Regierung in Eupen von der Wallonie abhängig ist. Er sagt, die Bevölkerung verlange, dass die Politiker ihre Probleme in der DG lösten. Es ist für die Partei klar, dass die Gemeinschaft zur Zeit alle Zuständigkeiten einer Region übernehmen soll. Der Ministerpräsident beruhigt die Presse aber zugleich indem er sagt, dass es nicht die Absicht sei, sich von der Wallonischen Region zu lösen und eine eigene Region zu bilden. Auch eine eigene Provinz sei überflüssig.[422] Charles Servaty[423] wollte die Liste der geforderten Befugnisse sogar verringern.
In Vergleich zu den anderen Websites gibt es auf der Website der SP wenig genaue Information über das Autonomiestreben. Die SP wünscht die Gleichberechtigung der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit den anderen zwei großen Gemeinschaften Belgiens. Sie will die Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft sinnvoll ausbreiten. Das heißt, die Deutschsprachige Gemeinschaft soll all die Befugnisse wahrnehmen, die besser in der DG als in Lüttich oder Namur verwaltet werden können. Daher soll die Gemeinschaft mehr föderale und regionale Befugnisse bekommen, zusammen mit den benötigten finanziellen Mitteln.
Die Jugendabteilung nennt sich die JUSOS (die Jungsozialisten).
3.2.1.1.2. Die Partei für Freiheit und Fortschritt (PFF) [424]
Die PFF ist eine liberale Partei, deren Präsident Ferdel Schröder heißt.[425] Charakteristiken dieser Partei sind unter anderem ein großes Vertrauen in das Individuum.
Auch diese liberale Partei möchte die Autonomie der DG noch ausbauen. Zugleich möchte sie aber die Offenheit zur Wallonien und zum Föderalstaat, nicht vernachlässigen. Eine gediegene Zusammenarbeit und herzliche Beziehungen zu der Wallonischen Region und zu der Provinz Lüttich sind notwendige Bedingungen für eine positive Entwicklung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, meint die Partei. Deshalb fordert die PFF einen ständigen deutschsprachigen Vertreter im Wallonischen Parlament, in der föderalen Kammer, im Senat und sogar im Europaparlament.
Die PFF sieht deutliche Erfolge in der aktuellen Politik und lobte die Verwirklichungen der Regierung. Vor allem der Dialog mit den Bürgern wurde von der Partei sehr geschätzt. Trotzdem ist auch die PFF eher dazu geneigt, das Kompetenzenpaket ein wenig zu schnüren.
In der PFF wird sogar die Identität als Instrument für die Autonomiedebatte deutlich, denn Berni Collas sagte: „[...]in Paket des Verkraftbaren zu schnüren und mit der Region zu verhandeln. Es müsse immer nachgefragt werden, was gut sei zur Identitätsfindung, was bürgerfreundlich und verkraftbar sei [...][426]
Die PFF verfügt auch über eine Jugendabteilung: die JFF oder Jung-PFF, die der gleichen liberalen Strömung folgt. Diese beabsichtigt eine gleichwertige Position der DG im Vergleich mit den anderen Regionen und Gemeinschaften. Sie schützt die Muttersprache, fordert die Erlernung verschiedener Fremdsprachen,[427] sie fordert den Ausbau der internationalen Beziehungen, der Bildung, der Wirtschaft, des Staates und des sozialen Systems. Auch die Übernahme der Provinz- und der regionalen Befugnisse bildet einen wichtigen Programmpunkt der PFF. Das Ziel ist die Gründung einer „Gemeinschafts-Region“.
3.2.1.1.3. Ecolo
Die Grünen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft gehören zu Ecolo. Wie es den Grünen geziemt, möchte die Partei einem ökologischen und demokratischen Kurs folgen. Die Abkürzung ‘ECOLO’ steht für: ‘Ecologistes confédérés pour l’Organisation de Luttes originales. Die Grünen bilden die einzige Partei in der Deutschsprachigen Gemeinschaft die über keine eigene Abteilung verfügt, sondern wirklich Teil ihres wallonischen Partners ist.
Ecolo ist ebenfalls die einzige Partei, die sogar im Internet von Ostbelgien statt von der DG spricht. Die Homepage ist auf Deutsch, aber dort ist nichts spezifisch über die Deutschsprachige Gemeinschaft zu lesen. Wenn man dann versucht, das Programm zu lesen, oder auf andere Links zu klicken, kommt man auf französischsprachige Seiten. Bisher habe ich weder ein spezifisches Programm für die DG, noch Informationen zur Identität oder zum Autonomiestreben gefunden.
3.2.1.2. Die Oppositionsparteien
3.2.1.2.1. Die Christliche Soziale Partei (CSP) [428]
Typischer Charakterzug der CSP ist die soziale Verantwortungstheorie’.[429] Obgleich die CSP einen Ausbau der Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft bejaht, will sie nicht übertreiben und fürchtet, sich mit Kompetenzen zu übernehmen.
Trotz dieser vorsichtigen Stellung ist aber auch die CSP der Meinung, die DG solle eine Gemeinschafts-Region werden. Provinziale, regionale, kommunale und interkommunale Materien sollen der DG übertragen werden. So strebt die CSP nach der Übertragung der Landwirtschaft, des Straßenbaus, des Wohnungswesens und der Raumordnung, genau wie die Mehrheit. Außerdem meint die CSP, dass man auch die Bereiche Energie, Verkehr, Steuern, ländliche Erneuerung, Naturerhalt und Umwelt besprechen sollte. Die CSP meint, „die Autonomie soll nie zum Selbstzweck werden, sondern sie soll in Sinne des einzelnen Bürgers eingesetzt werden.
Albert Gehlen, Fraktionsvorsitzender der Partei, zeigt sich als der größte Gegner des Ministerpräsidenten Lambertz. Manche sehen ihn sogar als den persönlichen und politischen Feind Lambertz’. Er ist es mit dessen Entscheidungen selten einverstanden. So beschuldigte er Lambertz persönlich wegen Imageschädigung der DG[430] und wegen des Scheiterns von Autonomieverhandlungen. Ministerpräsident Lambertz sei ein ‚miserabeler Unterhändler’, so Gehlen.[431] Albert Gehlen meint, Lambertz soll sich nicht nur mit der Aussage „dass wir keine deutschsprachigen Wallonen sind“ befassen. Es gäbe dringlichere Aufgaben.
Die Opposition spricht auch manchmal herablassend von der „Lambertz-Regierung“: Die Regierung sei eine einzige Person. Vor allem die CSP nimmt diese Benennung oft in den Mund: „Die Regierung-Lambertz lebt über ihre Verhältnisse“. Die Partei hat sogar keine Angst, Ministerpräsidenten Lambertz öffentlich als „arrogant“ zu beleidigen. Die Opposition wirft der Regierung-Lambertz[432] außerdem vor, „gehässige Attacken gegen die CSP als Partei und Fraktion im RDG als billiges Ablenkungsmanöver“ zu gebrauchen.[433]
Weiter fürchtet die Oppositionspartei, dass all die ‚Aufmerksamkeit’ des Sommers 2002[434] der Deutschsprachigen Gemeinschaft mehr geschadet als genutzt hat.[435] Die Regierung reagierte gelassen auf die Bemerkungen der CSP und warf der Partei Heuchelei vor.
3.2.1.2.2. Die Partei der deutschsprachigen Belgier (PJU-PDB) [436]
Die PDB oder Partei der deutschsprachigen Belgier nennt sich selbst die unabhängige Regionalpartei des deutschen Sprachgebietes in Belgien. Das Hauptziel der Partei ist die Gleichbewertung der Deutschsprachigen mit den Einwohnern der anderen, großen Gemeinschaften. In der Partei treffen sich sowohl rechts- als linksgerichtete Strömungen. Sie ist am besten mit der flämischen Partei ‚de Volksunie’ zu vergleichen.[437]
Die PDB ist die einzige Partei, die keine deutschsprachige Abspaltung einer wallonischen Partei ist. Sie hat ihre Wurzeln in der Deutschsprachigen Gemeinschaft selbst. Die PDB ist immer ein großer Befürworter einer größtmöglichen kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Autonomie gewesen.
Noch heute hat sich die PDB nicht mit der Einverleibung in der Wallonischen Region abgefunden. Am liebsten möchte sie diese Lage ändern. Die Deutschsprachige Gemeinschaft soll ihr Selbstbestimmungsrecht auf allen Ebenen behalten, und nicht nur als ein Nebenprodukt der flämisch-wallonischen Konflikte Gestaltung bekommen. Die PDB will das Selbstbestimmungsgefühl ihrer Bürger stimulieren und strebt noch immer nach einer völligen Gleichberechtigung der DG im Föderalstaat. Sie möchte die Basisideen der DG als Institution auch in die Realität umsetzen.
Ohne die PDB wäre der Autonomieausbau der DG nie so erfolgreich gewesen. Es war die PDB die die heutigen Forderungen nach regionalen und provinzialen Zuständigkeiten immer befürwortet hat und dies bei den anderen Parteien schmackhaft gemacht.
Die PDB ist die einzige Partei, die auf ihrer Website auch von Deutschbelgiern statt deutschsprachigen Belgiern spricht. Um sich selbst zu umschreiben benutzt die Partei Worte wie „demokratisch, pluralistisch, föderalistisch, sozial und das Selbstverständnis als Deutschbelgier oder als Deutschostbelgier“. Ebenfalls haben sie auf ihrer Website – als bisher einzige Partei – den DG-Aufkleber[438]. Sie definieren auch Identität: sie gehören der deutschen Kulturnation – und hier besteht ein deutlicher und wichtiger Unterschied zu dem Begriff ‚Staat’ – aber gehören politisch zu Belgien. Trotzdem verzichten sie auf eine Abtrennung von Belgien und einer Annäherung an Deutschland. Ihr Ziel ist die vollwertige Föderalisierung Belgiens.
3.2.2. DIE STELLUNGNAHME DER BEVÖLKERUNG
Zeitungsartikel, Leserbriefe, Ergebnisse existierender Umfragen und meiner Umfragen lassen vermuten, dass das ganze Autonomiebestreben die deutschsprachigen Belgier weniger interessiert, als die politische Welt manchmal erscheinen lassen will. Aber wie bei allen politischen Themen, sind die Meinungen auch hier stark verteilt: die einen sind mit dem Erreichten zufriedener als die anderen und fast jedermann hat so seine eigene Idee über eine rationelle und realisierbare Autonomieerweiterung. Im nächsten Kapitel werde ich versuchen, die meist vorkommenden Meinungen umreißen.
3.2.2.1. Besprechung bestehender Umfragen
Mai 2002 haben die Behörden der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Wallonischen Region die Übertragung einiger regionalen Kompetenzen zugunsten ersterer besprochen.[439] Zu diesem Zweck sollte die Regierung der DG in einer Liste deutlich stellen, welche Befugnisse sie sich wünscht. Die politische Spitze wusste bereits, wohin sie wollte, aber sie brauchte auch die Meinung der Bevölkerung. Und es ist zu diesem Zweck, dass der RDG-Ausschuss [440] – das ist der Ausschuss für allgemeine Politik, Petitionen und Finanzen – im März 2002 drei Umfragen zu diesem Thema an allen lokalen Mandatare[441] in der DG erteilen lassen hat, weil sie am besten die Meinung der Bevölkerung festlegen können.
Eine erste Umfrage umfasst die Übertragung von regionalen Befugnissen von der Wallonischen Region an die Deutschsprachige Gemeinschaft. Die zweite Umfrage befasst sich mit dem Problem der ständigen[442] Vertretung deutschsprachiger Politiker im wallonischen Regionalparlament und die dritte behandelt die Frage nach einer eventuellen gewünschten garantierten Vertretung im Föderalparlament.
Der erste Fragebogen über die Kompetenzübertragung enthält 12 Themen: Raumordnung, Umwelt und Wasserpolitik, ländliche Erneuerung und Naturerhalt, Wohnungswesen, Wirtschaftspolitik, Wirtschaft, Energiepolitik, untergeordnete Behörde[443], öffentliche Arbeiten und Verkehrswesen, steuerliche Befugnisse, ergänzende Befugnisse und schließlich Schaffung einer vollwertigen Region. Ich möchte die verschiedenen Bereiche Punkt nach Punkt besprechen, um zu sehen, welche Bereiche tatsächlich von den Mandataren als wichtig für die Deutschsprachige Gemeinschaft betrachtet werden.
Eine erste Frage betrifft die Übertragung im Bereich der Raumordnung, die jetzt zu den Befugnissen der Wallonischen Region gehört. 89,31% der befragten Mandatare meinen, dass die Verwaltung der Raumordnung zu den Kompetenzen der DG gehören sollte. Folgende Teilkompetenzen sind von den Mandataren gewünscht: das Straßen- und Wegenetz, den Denkmal- und Landbauschutz[444] und den Wohnungsbau. Die Begründung für diese Forderung lautet wie folgt: „die regionalen Gegebenheiten können besser hier berücksichtigt werden; die Verwaltungsverfahren können vereinfacht werden“; „die kleine Einheit Deutschsprachige Gemeinschaft kennt auch am besten ihre Eigenheiten und Bedürfnisse.[...].“ Die Argumente der Gegner basieren hauptsächlich auf die finanzielle Seite, die schwer wiegen wird.
Ein zweites Thema beschäftigt sich mit der Umwelt und der Wasserpolitik. Auch hier entscheidet sich die Mehrheit für eine eigene Verwaltung (70,44%). Der Umweltschutz wird als wichtiger empfunden als die Wasserpolitik, gefolgt von der Abfallpolitik und der Kontrolle der gefährlichen, gesundheitsschädlichen und störenden Betriebe. Trotzdem ist die allgemeine Auffassung, dass die Umwelt- und Wasserpolitik in enger Zusammenarbeit mit der Wallonischen Region bleiben muss, “um Unkohärenzen zu vermeiden“.[445] Diejenigen, die Beschwerde üben, weisen wiederum auf die hohen Kosten hin.
Auch die ländliche Erneuerung und der Naturerhalt sollte laut 86,16% der Mandatare in deutschsprachige Hände kommen. Die wichtigsten Sektionen sind hier die Flurbereinigung und Neugestaltung ländlicher Gebiete, die Grünflächen und Parkanlagen und der Naturerhalt mit dem Jagdwesen und den Fischzucht.
Ein vierter Punkt ist das Wohnungswesen. Auch hier wünscht eine Mehrheit von 88,68% die Selbstbestimmung. Ministerpräsident Lambertz fügt hier hinzu, dass die deutschsprachigen Belgier nicht verstehen können, warum nicht ihre Behörden, sondern die wallonischen über ihren Wohnungsbau bestimmen können. Außerdem ist das Wohnungswesen direkt von der Bevölkerung abhängig. Angebot und Nachfrage können auf diese Weise besser beachtet werden.
Für die Selbstbestimmung der Landwirtschaftspolitik sprechen sich 62,89% der Mandatare aus. Wichtige Punkte in diesem Bereich sind die Anwendung und Ausführung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik und der europäischen Agrarstrukturpolitik sowie die finanzielle Unterstützung an den Agrargebieten. Für die Landwirtschaft ist das Hauptargument, dass die Landwirtschaft in der Deutschsprachigen Gemeinschaft wenig mit denen von Wallonien gemeinsam hat. Die Skeptiker meinen, dass die Landwirtschaft national hätte bleiben müssen. Was die allgemeine Wirtschaft betrifft meinen 61%, dass diese Befugnis der Wallonischen Region übernommen werden soll.
Eine Übertragung der Befugnisse im Bereich der Energiepolitik ist keine Forderung der deutschsprachigen Mandatare. 57,23% sind der Meinung, dass eine eigene Energiepolitik nicht notwendig ist. Auch hier sind die hohen Spesen und eine zu kleine DG Hauptargumente. Denn „um erneuerbare Energie zu fordern, braucht man mehr als nur die neun ostbelgischen Gemeinden. [...] Die föderalen Bereiche sollten auch für die DG (ausreichend) gültig sein.“[446]
Die untergeordneten Behörden – das heißt: die Gemeinden und die Provinzbefugnisse – werden ebenfalls gefordert. 79,24% möchten hierüber ein Selbstbestimmungsrecht für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Wenn die Deutschsprachige Gemeinschaft hier selbst verwalten könnte, bedeutete dies eine Vereinfachung der Verwaltungsprozedur, eine Verringerung der Sprachprobleme und eine kostensparende Verwaltung. Die Übersetzer sollen nicht doppelt arbeiten: Einmal eine Übersetzung vom Deutschen ins Französische in Lüttich, und danach die Lütticher Beschlüsse vom Französischen ins Deutsche).
Die öffentlichen Arbeiten und das Verkehrswesen bilden den neunten Punkt auf der Liste. Auch dieser Zweig möchte man mit 79,88% Stimmen selbst verwalten. Vor allem die Straßen und die zugehörigen Nebenwerke sind gewünscht. An zweiter Stelle folgen die öffentlichen städtischen und ortsverbindenden Verkehrsbetriebe. Drittens gibt es die Wasserwege. Grund für diese Forderung ist eine dringende Verbesserung der Lage der Wege.
An zehnter Stelle stehen die steuerlichen Befugnisse, von denen 77,36% meinen, dass die DG hier selbst die Fäden in der Hand haben soll. Hier ist das Hauptargument das langfristige Streben nach einer eigenen Region – oder, wie Ministerpräsident Lambertz es immer sagt, nach einer Gemeinschafts-Region. Ein anderer Grund: wenn die verschiedenen ‚Teilstaaten’ in Föderalbelgien mehr Befugnisse ausüben können, sollen sie auch in der Lage sein, ihre eigene Finanzierung zu regeln.
Beim vorletzten Punkt geht es um die ergänzenden Befugnisse[447], die von 59,75% der Befragten abgelehnt werden. Und schließlich gibt es die Frage nach einer eigenen Region. Zu dieser Frage hat eine knappe Mehrheit von 54,09% positiv geantwortet, 27,67% negativ.
Häufig zurückkommende Anmerkungen sind, dass die Befugnisse immer von den Finanzmitteln begleitet werden müssen und dass „in einem wohlverstandenen Föderalismus alle Befugnisse der Region in die Verantwortung der Deutschsprachigen Gemeinschaft gehören [...]“[448] Kräftige Gegnerargumente sind der hohe Aufwand und die beschränkte Größe der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Die zweite im März organisierte Umfrage befasst sich also mit dem Thema des deutschsprachigen Vertreters im wallonischen Parlament. Eine zerschmetternde Mehrheit von 93,63% der Befragten ist der Meinung, dass die deutschsprachigen Belgier ständig im wallonischen Parlament vertreten sein sollen, was heutzutage nicht der Fall ist. Die meisten bevorzugen zwei Deutschsprachige (62,47%) oder sogar drei (16,56%). Diese Vertretung finden die Einwohner der DG eine wichtige Sache, weil sie ja Teil der Wallonie sind und gerne auf allen Ebenen mitvertreten sind und somit Mitbestimmungsrecht haben. Diejenigen, die keine Vertretung in der Wallonie wünschen, optieren für eine völlige Selbstständigkeit in Form einer vierten Region.
Die dritte Umfrage schließlich, sollte herausfinden, ob die Deutschsprachigen auch gerne im Föderalparlament anwesend wären. Das Ergebnis ist noch deutlicher: 95,51% der Befragten antworteten mit „ja“. Nur 3,21% fanden diese Vertretung nicht notwendig. Die Anzahl der Mandatare sollte sich auf drei belaufen, meinen 50,22 %. Diese Mandatare sollten sich auf Kammer und Senat verteilen: zwei Vertreter in der Kammer und einer im Senat. Die Gründe für die gewünschte Vertretung beziehen sich auf die Verfassung: ‚Auch die 3. in der Verfassung aufgeführte Gemeinschaft muss in beiden Kammern vertreten sein, wo ihr Haushalt festgelegt wird’. Außerdem meinen die Mandatare, dass die DG keinen gleichberechtigten Platz im belgischen Föderalsystem einnehmen kann, ohne auf allen Ebenen vertreten zu sein.
Schlussfolgerung
Die drei Umfragen ergeben also, dass die Mandatare eine größere Vertretung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in der Wallonischen Region genauso wie auf föderaler Ebene wünschen. Sie möchten mehr Befugnisse – wie Straßenbau, Wohnungswesen, Umwelt, Gemeindebefugnisse usw. – selbst erledigen, um die Verwaltung der DG und der Wallonischen Region zu vereinfachen. Zweitens ergeben diese Umfragen einen Wunsch nach ständiger Vertretung auf wallonischer und föderaler Ebene, um mehr Mitbestimmungsrecht zu bekommen, was die Mandatare als ein Grundrecht der belgischen Demokratie betrachten.
3.2.2.2. Besprechung meiner Umfragen
In diesem zweiten Punkt meiner Umfragen situiert sich die Stellungnahme der Bevölkerung zum Autonomiebestreben. Genau wie im ersten Teil über die Identität[449] werde ich zuerst anhand verschiedener Fragen versuchen, die Meinung der Durchschnittbewohner zum Thema Autonomie zu skizzieren um nachher meine Ergebnisse ich mit denen aus den Umfragen des RDG zu vergleichen, denn vielleicht gibt es einige Unterschiede zwischen dem, was die Mandatare – die doch beruflich mit Politik beschäftigt sind – erwarten und dem, was die nicht-politisch orientierten Bürger wünschen.
Eine erste Frage zu dieser Materie war, wie die Bevölkerung die Autonomie für die Deutschsprachige Gemeinschaft sieht. Eine damit zusammenhängende Frage lautete, in wie fern diese Autonomie für die Bevölkerung auch wichtig ist. Selbstverständlich gibt es fast genau so viel Antworten wie Befragte[450]. So ist ein von mir befragter Jugendlicher der Meinung, die DG sei nur eine winzig kleine Gemeinschaft von 70 000 Einwohnern und soll also nicht zu hohe Sprüche klopfen. Er ist der Auffassung, all dieses Autonomiebestreben scheine zur Abspaltung zu führen, was falsch wäre. Das Autonomiestreben sei außerdem doppeldeutig und kontradiktorisch: einerseits solle sich Europa einigen, andererseits fürchtet er, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft sich mit all ihren Kompetenzen mehr und mehr isolieren wird.[451] Verschiedene Jugendliche fragen sich, wozu die größere Autonomie dienen soll, ob sie wirklich so notwendig ist, wie die Politiker sie erscheinen lassen. Sie fragen sich, ob es realistisch ist, zu behaupten, dass die DG alle diesen Aufgaben und Verantwortungen verkraften kann. „Es wäre doch übertrieben, wenn wir glauben würden, alles selber machen zu müssen oder können.“[452] Andere Antworten lauten: „Autonomie ist das Selbstbestimmungsrecht nach den selbst definierten Befugnissen, aber in Kooperation mit anderen“, „Autonomie ist Freiheit in Kultur in Unterricht“, „Autonomie ist eine notwendige Ausübung eines Rechtes im Föderalstaat“, „Autonomie ist Gleichberechtigung“, „Autonomie ist ein eigenes Wahlsystem, so dass man nicht mehr über die Wallonen wählen muss“, „Autonomie ist ein positiver Aspekt für die Identität“, „Autonomie ist ein relativer Begriff; nur finanzielle Autonomie gibt Souveränität“.
Alle diese Aussagen machen bereits deutlich, dass Autonomie für die Bevölkerung tatsächlich wichtig ist[453]. Aber man soll hinzufügen, dass die Mehrheit mit dem Erreichten zufrieden ist. 46% haben das auch buchstäblich gesagt. Ein wichtiges Gegenargument für einen Ausbau der Autonomie ist, dass die politische Welt nicht zu hochmütig sein darf. Autonomie ist sehr wichtig, aber man solle beachten, wie weit es möglich ist, es auch tatsächlich zu verwirklichen, vor allem dann auf finanzieller Ebene. Der wichtigste Bereich in der Autonomie sind angeblich die regionalen Angelegenheiten.
Eine ähnliche Frage meines zweiten Fragebogens sondierte nach den eventuellen Forderungen. Bemerkenswert ist, dass, trotz ihrer Zufriedenheit über das Erreichte, die Autonomie der DG trotzdem noch erweitert werden soll. Man ist sich aber der Tatsache bewusst, dass das für eine kleine Gemeinschaft nicht realistisch ist: Die Frage müsste nicht lauten ob wir mehr Autonomie brauchen, sondern ob wir zu mehr Autonomie fähig sind. Die bemerkenswerte Kleinheit der DG müsste zunächst Fragen nach finanziellen Ressourcen und nach soziologischer Machbarkeit aufwerfen, und nicht nach politischer Instrumentalisierung“[454]. Das Maximum sei jetzt erreicht. Es gebe zu wenig Fachleute und zu wenig Mittel um weitere Schritte zu verkraften. Auch die Idee einer Gemeinschafts-Region oder einer 11. Provinz sei nicht realisierbar. Erwünscht ist, dass die DG selbst über alles, was sie angeht entscheiden könnte.
Auf meine Frage nach dem Identitätsbild als Element des politischen Spiels, bestätigten die Antworten meine Vermutungen. Einer meiner Befragten hat mir geantwortet: „Man glaube, die Herrn Minister haben nicht Besseres zu tun“. Für die Bevölkerung ist das alles [die Übernehmung von Kompetenzen von der Wallonischen Region; S.D.] weniger wichtig als für die Politiker, die darauf teilweise ihre Kampagne bauen.“
3.2.3. FAZIT
Aus diesem zweiten Kapitel hat sich ergeben, dass Ministerpräsident Lambertz und die regierenden Parteien die politische Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft gerne ausweiten möchten. Sie streben nach einer Gemeinschafts-Region und deshalb nach mehr regionalen Befugnissen für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Die Opposition ist in dieser Hinsicht vorsichtiger, meine ich. Sie hält auch die negative Seite einer Autonomieerweiterung im Gedächtnis, nämlich eine Steigerung der Verwaltungsspesen.
Die Bevölkerung interessiert sich weniger für diese Erweiterung als die Regierung. Sie sind mit ihrer Position zufrieden, aber trotzdem wäre es nicht schlimm, in manchen regionalen Bereichen wie Straßen- und Wohnungsbau zum Beispiel, mehr Selbstständigkeit zu bekommen. Denn das stellt der Kern des Autonomiewunsches der Bevölkerung dar: Selbständig die eigene Kultur beleben können, selber das Ausbildungssystem organisieren zu können.. Alles Materien, über die die Deutschsprachige Gemeinschaft bereits verfügt[455].
3.3. DER BEWEGTE SOMMER 2002
Während meiner Untersuchung bin ich auf einige Ereignisse gestoßen, die alle nacheinander während des Sommers 2002 passiert sind und die alle im direkten oder indirekten Zusammenhang zum Identitätsbild oder zum politischen Autonomiebestreben stehen. Außerdem haben die Einwohner in Zeitungsartikeln und in meinen Fragebogen heftig auf diese Ereignisse reagiert. Im nächsten Kapitel werde ich heraussuchen, ob die Begriffe Identität und Autonomiebestreben eher zur politischen als zur Alltagswelt gehören oder nicht und in wie weit sich die Bewohner der DG hierfür interessieren. Hierfür werde ich auf verschiedene Zeitungsartikel und auf die Ergebnisse meiner Umfragen basieren.
3.3.1. DIE FORDERUNGSLISTE AN DEM WALLONISCHEN MINISTERPRÄSIDENTEN VAN CAUWENBERGHE[456]
Wie schon im zweiten Teil erklärt, kann dem Artikel 139 der belgischen Verfassung nach, die Wallonische Region der Deutschsprachigen Gemeinschaft regionale Kompetenzen übertragen.[457] Daher hat Ministerpräsident Van Cauwenberghe die Deutschsprachige Gemeinschaft damit beauftragt, eine Liste mit allen gewünschten Kompetenzen aufzustellen. Am 6. Mai 2002 arbeitete die Regierung hierüber eine Resolution[458] aus, die die folgenden Befugnisse beantragte: die vollständige Übertragung des Ressorts Raumordnung, Wohnungswesen, Landwirtschaft, untergeordnete Behörden und Straßenbau. Selbstverständlich wurden auch die benötigten finanziellen Mittel beantragt um die Bereiche selbst zu verwalten. Wie bereits ausführlich im Teil zwei erläutert, ist das Ziel der DG eine Art von Gemeinschafts-Region zu bilden.[459]
Über diese Forderungen war auch innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft schon lange diskutiert worden. Im Norden stellte sich Zweifel ein. Die finanzielle Seite aller dieser Befugnisse könnte ja für ein solches kleines Gebiet zu schwer, und die Verwaltung könne zu komplex werden.
Am 9. Juli widmeten sich die zuständigen Ausschüsse der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Wallonischen Region der obengenannten Liste. Die wallonische Entscheidung war aber nicht günstig für die DG. Jean-Claude Van Cauwenberghe war mit den Ansprüchen der DG nicht einverstanden: „Die Übertragung eines solchen Pakets von Zuständigkeiten käme der Schaffung einer vierten Region gleich, der er unter keinen Umständen zustimmen wolle“.[460]
Es ist bemerkenswert, dass das Autonomiebestreben der Deutschsprachigen Gemeinschaft als selbstverständlich mit Separatismus, oder sogar mit dem Wunsch zur Wiederauflebung des Großdeutschen Gedankens verknüpft wird. Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz hat verschiedene Male betont, dass dies nicht der Fall ist. Er sagt: „ Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist nicht Architekt des belgischen Hauses, aber sie hat nun mal in diesem Haus eine Wohnung, die sie nach eigenen Wünschen einrichten möchte.“[461]
3.3.2. DEUTSCHSPRACHIGE WALLONEN[462]
Die Beziehungen zwischen den deutschsprachigen und den wallonischen Mandataren waren in dieser Forderungsdebatte demzufolge nicht so herzlich. Van Cauwenberghe warf der Deutschsprachigen Gemeinschaft vor, eine ‘Salami-Taktik’ zu betreiben, das heißt: scheibchenweise alle regionale Zuständigkeiten übernehmen. Wallonien will keine deutschsprachige Gemeinschafts-Region. Die Wallonie sei eins, und daher unteilbar. Die Deutschsprachigen wurden in der wallonischen Presse sogar als Separatisten bezeichnet, die „ihre Nabelschnur mit der Wallonischen Region durchschneiden wollen“. Ministerpräsident Van Cauwenberghe endete seine Rede mit der Aussage, dass die Einwohner der DG noch immer Wallonen mit deutscher Sprache seien, „weil im Geiste der Öffnung und der multikulturellen Aufnahme dies für jeden Einwohner der Wallonie gelte, ungeachtet seiner Herkunft, seiner Kultur oder seiner Sprache“[463].
Die Angst des wallonischen Ministerpräsidenten war so groß, dass er sogar die Flamen davon verdächtigte, die Forderungen der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu unterstützen, um auf diese Weise die Wallonische Region, sowohl im territorialen Sinne als im Bereich der Zuständigkeiten, zu verkleinern.
Für die Mandatare der Deutschsprachigen Gemeinschaft war das Treffen in Namur enttäuschend. Vor allem die Bezeichnung deutschsprachige Wallonen ging ihnen sehr nahe. Sie empfanden dies als eine schwere Identitätsverkennung. Im Grenz-Echo erschienen während der nachfolgenden Wochen zahllose Leserbriefe, die diese Bezeichnung völlig ablehnten. Auch die politischen Parteien mischten sich in die Debatte ein. So riefen die Mitglieder der PJU-PDB zum Beispiel: „Wir sind keine Wallonen! Wir sind deutschsprachige Belgier und leben auf dem Gebiet der Wallonischen Region“. ‚Die Deutschsprachige Gemeinschaft gehöre ZUR Wallonischen Region, nicht aber DER Wallonischen Region’.[464]
3.3.3. DIE DG-AUFKLEBER[465]
Figur 6: die DG-Aufkleber
Im gleichen Sommer wollten die Institutionen der Deutschsprachigen Gemeinschaft sich besser im In- und Ausland bekannt machen. Daher hat Ministerpräsident Lambertz 32 000 Aufkleber drucken lassen, die kostenlos in allen Haushalten verteilt worden sind[466]. Der Aufkleber zeigt in der Mitte zwei Buchstaben „DG“ und ist umrandet mit den Aussagen „Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens“ und „Belgiens deutschsprachige Region“. Diese Aussage ruft bei den Wallonen einige Fragen auf, weil der Begriff „Region“ in Belgien ziemlich doppeldeutig ist, zumal da Ministerpräsident Lambertz bereits verschiedene Male deutlich gemacht hat, dass er von der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine Gemeinschafts-Region machen will. Außerdem kommt hier noch die berüchtigte Liste mit Regionalbefugnissen des 6. Mai hinzu, worauf die Wallonie erwidert hat, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft in der Zukunft Teil der Wallonischen Region bleiben muss. Man konnte sich fragen, was die DG mit solchen Aufklebern bezweckt?
Der Aufkleber ist dem Nationalitätenaufkleber auf Autos sehr ähnlich, obwohl er kein Ersatz für das Nationalkennzeichen eines Autos sein darf. Von den 32 000 Aufklebern sind etwa 629 auf Autos bemerkt worden.[467]. Um die Menschen zu fördern, den Aufkleber tatsächlich zu benutzen, versprach der Ministerpräsident fünf große Picknickkörbe, die Kleberbenutzer gewinnen konnten. Wie bei jeder Aktion, sind aber nicht alle gleich begeistert. Man konnte die Deutschsprachige Gemeinschaft sogar in drei Lager einteilen: die Gleichgültiger, die Befürworter und die Gegner.
Die Gegner berufen sich hauptsächlich auf die Abspaltungstheorien. So erschienen Leserreaktionen, die der Regierung vorwarfen, sich mit Separatismus zu befassen: „Als im Sommer 2002 der DG-Aufkleber erschien, habe ich das schon als eine klare Abgrenzung vom Rest des Landes empfunden. Sozusagen als Nationalismus im Kleinen. Musste das wirklich sein? Mir war nicht klar, was mit dem Aufkleber erreicht werden sollte. Im Grunde haben wir so eine billige Selbstbehauptung gar nicht nötig. [...] Ich jedenfalls fühle mich als Vollblutbelgier. [...]“.[468] Andere machten sich Sorgen um die Tatsache, dass die Aufkleberaktion noch mehr Furcht bei den Wallonen verursachen würde.[469].
Ein anderes Argument der Gegner war, dass die Aufkleber eine unnötige Geldverschwendung waren. Eine dritte Beschwerde, war die Verwirrung im Ausland. Die große Ähnlichkeit mit den Aufklebern die die Initialen des Landes darstellen, ließen manchmal vermuten, die DG sei irgendwo ein kleiner unabhängiger Staat. Sogar Deutschland war ein wenig verwirrt. Das Ausland verstand die Werbung nicht. [470]
Andere fanden es eine gute Idee: „Man ist ja schließlich stolz darauf, Belgier zu sein und aus der DG zu kommen“, „Die Deutschsprachigen sollen sich selbstbewusst präsentieren“,....waren nur einige der begeisterten Reaktionen.[471] Die Befürworter sahen den Aufkleber als ein geeignetes Mittel, ihre Identität zu verstärken.
Obwohl die Aufkleber-Aktion nicht bis in Flandern durchgedrungen ist, bekam sie dennoch die Aufmerksamkeit der wallonischen Presse. So zitiert Le Soir eine Euperin, die sagt „in dieser Aktion ein nationalistisches Zeichen zu sehen, das den Schluss nahe legen könnte, dass ihre Gemeinschaft nicht mehr Teil Belgiens sein wolle“.[472] Eine andere Reaktion war; „Nein danke, ich bleibe Belgier“[473]. Auch die Deutschsprachige Gemeinschaft hatte wieder etwas Neues um die Zeitungen für Wochen zu füllen. Nach Aussage von Ministerpräsidenten Lambertz, seien die Aufkleber mehr als eine Bekanntheitsaktion. Sie sollten die Bevölkerung ebenfalls dazu leiten, über ihre Identität und über die Rolle der Autonomie und eines eventuellen Autonomieausbaus nachzudenken.
3.3.4. TEDDYBÄREN[474]
Noch immer im Sommer 2002 bekamen alle Neugeborene in der Deutschsprachigen Gemeinschaft einen Teddybären mit der Aufschrift: „Willkommen in der DG“. Das Verteilen der Teddybären ist auf Initiative der Organisation ‚Kind und Familie’ und der Regierung Lambertz ausgearbeitet worden. Der Ministerpräsident möchte in einem Jahr bis zu 800 Teddybären gratis verteilen.[475]
Die CSP wehrt sich kategorisch gegen die Teddybärenaktion Lambertz’. Hubert Chantraine, der Regionalpräsident der CSP, fragt sich, was die Regierung mit solchen Aktionen[476] erreichen will. Er ist ganz neugierig auf die Reaktion der Bevölkerung. Er meint, die Aktion sei eine unnötige Werbekampagne für die DG, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die finanzielle Lage der Deutschsprachigen Gemeinschaft nicht optimal ist.
Die PJU-PDB ist etwas nuancierter. Sie lehnt die Aktion nicht ohne weiteres ab, sieht aber auch nicht den Sinn ein. Gerhard Palm der PJU-PDB ist zwar der Meinung, jede Idee, der Deutschsprachigen Gemeinschaft mehr Bekanntheit zu geben, sei eine gute Idee. Er bezweifelt aber, dass diese Kampagne bis zum Ende durchdacht sei. Was die Meinung der Bevölkerung zu der Teddybärenaktion betrifft, ahnt er eine ähnliche Reaktion wie bei den Aufklebern: die einen finden es toll, die anderen ganz und gar nicht[477]. Aber dabei bleibt es dann auch. Teddybären seien ja harmlos.[478]
3.3.5. DER FALL HORN[479]
Figur 7: Jörg Horn
Gleichzeitig wollte sich die Deutschsprachige Gemeinschaft auch in Brüssel vertreten lassen, weil die Regierung es für notwendig hielt (und hält), die Außenbeziehungen und der Präsenz der DG in der ständigen Vertretung in Belgien und bei der Europäischen Union zu stärken. Die Wahl fiel auf einen jungen Deutschen: den 26-jährigen Jörg Horn aus Koblenz. Er wurde am 1. Februar 2002 vertraglich eingestellt. Am 29. Februar 2004 sollte sein Vertrag ein Ende nehmen. Später stellte sich aber heraus, dass Herr Horn in rechtsextremistischen Zeitschriften publiziert hatte, wobei er ‚pangermanistische Gedanken’ verbreitete. Die Regierung hat ihn daraufhin entlassen.
Jörg Horn hatte als Aufgabe, die Deutschsprachige Gemeinschaft in Brüssel ständig – obwohl Ministerpräsident Lambertz immer von einer ‚zeitlichen’ oder ‚zeitweiligen’ Vertretung spricht - in Brüssel zu vertreten. Er sollte in den europäischen Institutionen Lobbyismus betreiben, die DG im In- und Ausland bekannt machen und für sie werben. Horn hatte für die Stelle den angemessenen Lebenslauf.. So verfügte er über die geforderten Fachkenntnisse und war dank seiner Doktoratarbeit ein Experte in der Minderheitsproblematik. Laut Lambertz hat er immer prima Arbeit geleistet.[480] Bei seiner Ernennung hat die Regierung den Regeln aber nicht gefolgt, da er ohne Kandidatenaufruf angestellt worden ist.
Zufälligerweise haben Journalisten des BRF im September 2002 frühere Publikationen von Horn in rechtsextremistischen Zeitschriften wie dem Ostpreußenblatt gefunden. Bis 1996 habe er auch in der Jungen Freiheit und im Jahre 1997 im Criticon publiziert,[481] ein Rechtsaußenblatt aus Bonn, das viermal pro Jahre erscheint. In diesen Artikeln habe Horn über die DG als eine vierte Region und über die Deutschsprachigen als Deutschbelgier gesprochen. Weiter hat er noch einen Artikel über die Staatsreform[482] und deren Folgen für die Deutschsprachige Gemeinschaft verfasst. Außerdem habe er im Internet für die DG als eine vierte Region geworben und sprach auch hier von den Deutschbelgiern statt von den deutschsprachigen Belgiern. Horn erwiderte hierzu, dass Lambertz ihn vor den emotionellen Risiken der Benennungen gewarnt hat, und dass er seitdem darauf geachtet hat, immer den (politisch) korrekten Wortschatz zu benutzen. Die Artikel „Los von Lüttich - aber wohin? – Die Autonomiebewegung der Deutschen in Belgien“ und „Hoffnungen auf ein viertes belgisches Bundesland vorerst gedämpft“ seien von der Zeitschrift selbst erarbeitet worden, so Horn zu seiner Verteidigung.[483]
Ob die Zeitschriften aber wirklich als rechtsextremistisch bezeichnet werden müssen, ist noch immer nicht deutlich, obwohl sie auf der Liste des Bundesverfassungsschutzes stehen. Auch die Tatsache, dass Jörg Horn selbst rechtsextremistische Auffassungen führt, hat man bisher noch nicht beweisen können. Offiziell gehört er der christlichdemokratischen Partei an.[484]
Die Regierung habe die Entdeckungen der Presse anfangs gar nicht für Ernst genommen. Ministerpräsident Lambertz aber behauptet, dass die Regierung bereits nach einem Tag Stellung bezogen hat. Am 1. Oktober hat die Regierung Horn selbst um Erklärung gebeten. Vor der Ernennung Horns habe die Regierung von den rechtsextremen Veröffentlichungen nichts gewusst. In diesem Falle hätte sie ihn nicht angeworben.[485] Die Regierung gab wohl den Fehler zu, jemand ohne Stellenausschreibung ernannt zu haben.[486]
Der ‚Fall Horn’ – wie er in den Ostkantonen bekannt ist – hat wieder viel Staub aufgewirbelt und vor allem die CSP und Albert Gehlen benutzten diesen Vorfall als persönlichen Vorwurf gegen Ministerpräsidenten Lambertz. Sie macht den Ministerpräsidenten persönlich für den Imageschaden der DG verantwortlich. Albert Gehlen betrachtet den Vorfall sogar als „eine Ohrfeige für alle [...] gut ausgebildete, mehrsprachige potentielle Kandidaten aus der DG, die keine Chance bekommen haben, diese Stelle zu bekleiden. Die Regierung muss sich also den Vorwurf gefallen lassen, aufgrund einer Gefälligkeit jemanden angeheuert zu haben [...]“. Die CSP hatte auch Kritik geübt, dass Horn die deutsche Nationalität besitzt. Lambertz und verschiedene andere Parteien haben dies aber mit der Aussage widerlegt, dass Qualifikationen der Nationalität bevorzugt werden müssen.
Die anderen Parteien sind mit ihren Aussagen vorsichtiger. Die PJU-PDB wartet auf Beweise, bevor sie ihre Stellung zum Thema einnimmt und Ecolo fürchtet eine neue Hexenjagd wie derzeit der ‚Niermann-Affäre’.[487] Auch die SP – die Partei, zu der auch Ministerpräsident Lambertz gehört – reagiert eher abwartend. Sie erklärten außerdem, dass in der Beurteilung Horns ein Unterschied gemacht werden soll zwischen dem, was er vor und nach seiner Ernennung publiziert hat.
Ministerpräsident Lambertz selbst betrachtet die ganze Affäre als einen Druck der Presse auf die Regierung.[488] Die Presse habe die ganze Affäre ausgebeutet. So berichtete der BRF am 19. September über Herrn Horn als einen Anhänger der rechtsextremistischen Kreise, der pangermanische Gedanken verbreite. Obwohl Horn seine Publikationen nicht verneint, ist das noch kein unumstößlicher Beweis, dass er tatsächlich einer rechten Tendenz bevorzugt. Trotzdem genügten die Veröffentlichen, um Herr Horn zu entlassen. Solches Gedankengut stimmt nicht mit der Vision der Deutschsprachigen Gemeinschaft überein.
Die Regierung hat nur um Zeit gebeten, um die ganze Geschichte zu überprüfen und keine übereilten Entschlüsse zu fassen. Jetzt hat sie das Gefühl, sie habe zu sehr unter Druck der Presse arbeiten müssen. [489] Vor allem Freddy Derwahl, Journalist beim BRF ist von Lambertz schwer kritisiert worden und wird sogar als persönlicher Feind Lambertz dargestellt[490]. Der Journalist habe aus der ganzen Affäre eine ‚kampagnenartige Berichterstattung[491]’ gemacht, um die Regierung unter Druck zu setzen und um Jörg Horn zu entlassen. Lambertz beschuldigt Derwahl sogar der Medienmanipulation.[492] Dass Herr Derwahl und Ministerpräsident Lambertz keine guten Freunde sind, zeigen auch Aussagen des Journalisten. So hat Freddy Derwahl in einem Interview mit De Morgen zum Ministerpräsidenten Lambertz gesagt, dass er mit Bonn flirte, und dass er die Ostkantone in Deutschland immer als das kleinste der Länder vorstelle. Seiner Ansicht nach wird die Deutschsprachige Gemeinschaft auch so von Deutschland betrachtet. Lambertz widerruft dies selbstverständlich. Er hatte immer behauptet, die Deutschsprachige Gemeinschaft sei glücklich mit ihrer Position in Belgien.
Die Opposition bestreitet die Verschwörungstheorie Lambertz’ und sagt, es sei unmöglich, dass sowohl das Grenz-Echo, als auch BRF, RTBF, RTL, Le Soir, Aachener Zeitung und Südwestfunk unter dem Einfluss einer einzigen Person handelten. Sogar die frankophone und deutsche Presse wusste also vom ‚rechtsextremistischen Skandal in der DG’. Die Opposition betrachtet diese Theorie als eine Art Ausrede der Regierung. Außerdem kann der Presse nichts vorgeworfen werden, wenn sie ihre Arbeit macht: die Bürger informieren. Dass Ungewissheiten oder Doppeldeutigkeiten auftauchen, sei die normalste Sache der Welt. Es sei nicht die Presse, die einen Fehler gemacht hat.[493]
3.3.6. BESPRECHUNG MEINER UMFRAGEN
Auch über diese Ereignisse habe ich meine Respondenten um ihre Meinung gefragt, genau wie über die Identität und über die Autonomie, und auch hier habe ich versucht anhand meiner Ergebnisse einige häufig zurückkehrende Auffassungen wiederzugeben.
Was die Aussage „deutschsprachige Wallonen“ betrifft, sind sich alle einig, dass Ministerpräsident Vancauwenberghe einen großen Schnitzer gemacht hat. Die Einwohner der DG sind auf keinen Fall Wallonen. Eine der Antworten die ich bekommen habe, lautete: „Der sollte noch mal für ein paar Wochen die Schulbank drücken und sich über unsere Geschichte informieren. Wir sind DEUTSCHSPRACHIGE BELGIER! Wir sind keine Wallonen!!!!“ Ein anderer nuancierte aber, und sagte, dass Vancauwenberghe in politischen Termen recht hat. In der DG führt diese Benennung zu Polemik, aber Vancauwenberghe gibt eine politische Definition die korrekt ist, ob die Deutschsprachigen damit einverstanden sind oder nicht.
Die DG-Aufkleber und die Teddybärenaktion kennen weniger Einträchtigkeit. Die einen finden es eine gute Initiative und kleben ihn auf dem Wagen, die anderen verwerfen ihn als eine „politische Strategie, die mit dem Thema der Identität nichts zu tun hat. Die Aktion zeigt, dass die politischen Instanzen die Reichweite und Tiefe des Themas ignorieren und es zu einem politischen Strohfeuer verkommen lassen. Die DG hat kein Identitätsproblem und braucht daher keine derartigen Aktionen“.[494] Die Befürworter sehen in der Aktion dann wieder eine Gelegenheit, die DG zu profilieren, als Einheit bekannt zu machen und außerdem als eine Möglichkeit, die Einheit innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu fördern.
Der Fall Horn ist der Reinfall des Jahrhunderts in der DG, meinen die Einwohner. Die Regierung hat dort einen großen Fehler gemacht. Manche glauben sogar, all diese Ereignisse sollten die Aufmerksamkeit der Bewohner von der finanziellen Not der DG ablenken. Lambertz sei naiv gewesen, er habe sich von Horn einwickeln lassen.
3.3.7. FAZIT
Alle diese Ereignisse, die sich ungefähr im gleichen Zeitraum abgespielt haben, haben eine große Polemik verursacht und der Presse viel Gesprächsstoff gegeben. Vor allem die Opposition habe die Werbeaktionen der Aufkleber und der Teddybären abgelehnt und sich gefragt: „Ist das alles notwendig und hat die Regierung nichts anderes zu machen?“ Außerdem hat der Fall Horn das Image der Deutschsprachigen Gemeinschaft schwer beschädigt. Die Mehrheit ist nuancierter: So meint Hans Niessen von Ecolo zum Beispiel, der bewegte Sommer von 2002 habe der Deutschsprachigen Gemeinschaft genutzt. Die Ereignisse jenes Sommers haben das Gefühl der Eigenständigkeit verstärkt, und der Selbstreflexion neues Leben eingeblasen.[495] Der ganze Sommer 2002 war im Spiel zwischen der Mehrheit und der Opposition bedeutsam.
Anfangs dieser Diplomarbeit hatte ich mir zwei Fragen gestellt in bezug auf die Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Die erste Frage lautete: „Wie definieren die deutschsprachigen Belgier ihre Identität innerhalb der DG?“, die zweite sondierte nach dem politischen Autonomiebestreben. In diesem letzten Bereich wollte ich herausfinden, ob das politische Autonomiebestreben an erster Stelle ein Wunsch des Volkes oder der politischen Spitze (der Regierung) ist.
Um diese zwei Fragen beantworten zu können, musste ich zuerst die historische und politische Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft beschreiben. Denn die bewegte (in den zwei Bedeutungen des Wortes) Geschichte des Gebietes – die Nationalitätswechsel die mit einer emotionellen Entwurzelung zusammengehen – hat eine Identitätsbildung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Jahrzehnte verpönt. Mit der Gründung der politischen Institution „Deutschsprachige Gemeinschaft“ ist aber die Position des Gebietes verbessert worden und hat sogar zu einer neuen Identitätsbildung beigetragen.
Was ist dann die beste Definition der Identität der deutschsprachigen Belgier? Sie soll auf jedem Fall die gemeinsamen Elemente der Deutschsprachigen Gemeinschaft, nämlich Sprache, Geschichte und Kultur umfassen. Sie soll die Bewohner der DG von den Flamen und Wallonen und von den Bundesdeutschen unterscheiden, aber sie soll zugleich die Differenzen innerhalb der DG (Mentalität, Mundart usw.) nicht vernachlässigen. An dritter Stelle soll man damit rechnen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft aus kultureller Sicht noch immer stark deutsch geprägt ist. Diese Tatsache ist nicht nur eine Folge der (teilweisen) gleichen Geschichte und der gleichen Sprache, sie ist auch auf die Medien, die mehr deutschorientiert sind, zurückzuführen.
Die Ergebnisse meiner zwei Umfragen zeigen außerdem die Tendenz, dass die Deutschsprachigen ihre Identität nicht so sehr politisch, sondern eher gefühlsmäßig ausfüllen: die Identität steht mit der Familie und mit den Freunden gleich. Überdies haben meine Resultate meine Vermutungen bestätigt, dass die Identitätsfrage für die Politik wichtiger ist als für die Bevölkerung. Das zeigen die DG-Aufkleber- und Teddybärenaktion und die (vorwiegend) gleichgültigen oder sogar ablehnenden Reaktionen der Bewohner in Zeitungsartikeln und in meinen Umfragen zu diesem Thema.
Was das Autonomiebestreben betrifft, habe ich aus meinen Umfragen und aus der Literatur über die ich verfügte ableiten können, dass neben dem Identitätsbild auch das Autonomiebestreben in der Deutschsprachigen Gemeinschaft einige wichtige Rolle spielt. Trotzdem soll man hier nuancieren, denn für die Politik – und vor allem für Ministerpräsidenten Lambertz und seine Regierung – ist sie von einer viel größeren Bedeutung als für die Bewohner: Ministerpräsident Lambertz will – zur Zeit – zu einer Gemeinschafts-Region kommen. Er will für die Deutschsprachige Gemeinschaft eine ähnliche Sonderposition erwerben als Brüssel-Hauptstadt, was für die Einwohner nicht unbedingt notwendig ist: im Großen und Ganzen sind sie mit dem Erreichten zufrieden, obwohl einiges noch geändert werden darf (wie zum Beispiel einige regionale Materien). Die Bewohner meinen vor allem, dass die DG als winzige politische Entität nicht zu hohe Ansprüche klopfen soll, weil alles noch verkraftbar bleiben muss.
Ich könnte aus meinen Forschungen vielleicht sogar eine dritte Schlussfolgerung ziehen und behaupten, dass „der berechtigte Autonomiewunsch der Bevölkerung“ und die umstrittene Identitätsfrage eher eine politische Angelegenheit sind; dass sie eine Möglichkeit darstellen, sich als politische Partei oder als Vertreter besser beim Volk beliebt zu machen. Aus der Literatur, die ich gelesen habe, und aus den Reaktionen auf meine Umfragen könnte man sogar ablesen, dass die Identitäts- und Autonomiefrage durch die Politik als Propagandamittel benutzt werden. Ich halte es sogar für möglich, dass die Identitätsfrage als ein politisches Mittel betrachtet werden muss, um die von der Politik gewünschte Autonomie zu bekommen.
Was ist dann letztendlich das finale Fazit meiner Arbeit? Dass es auf diese zwei Fragen nach Autonomie und Identität keine richtige und schließende Antwort gibt: Die politische Autonomie wird immer eine emotionelle Materie bleiben – wie oft in einer Demokratie – denn jeder will immer mehr. Meine zweite Feststellung ist, dass DIE Identität einer ganzen Bevölkerungsgruppe nicht genau umschrieben werden kann. Oder doch? Einige meiner Befragten beschreiben ihre Identität als folgt:
„Wir sind belgische Staatsbürger und gehören einer deutschen Kulturnation an.“, was meines Erachtens bisher als die best mögliche Definition der Identität der DG-Bewohner gilt.
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[1] Kapitel basiert auf: De Vos, M. (2000); Langohr, M. (1999); Blaise, P. (1995); Rosensträter, H. (1985) 1. Bd; Hubert, J. (2001); Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer (2001); Minke, A. (1995); Henkes, G. & S. Thomas (2002a); Henkes, G. & S. Thomas (2002b); Henkes, G. (2002).
[2] Siehe Anlage 1und 2; Anlage 1:Die Deutschsprachige Gemeinschaft; Anlage 2: die Ostkantone.
[3] Das heißt ungefähr 0,7% der Gesamtbevölkerung Belgiens. Siehe auch Anlage 3,4,5: Die Demographie der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
[4] Malmedy ist durch seine historische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung während der ganzen Geschichte wallonisch geprägt gewesen. (cfr. http://www/eastbelgium.com). Für mehr Auskünfte, siehe Punkt 1.3.1.1. Die verschiedenen Gebiete im Mittelalter, S. 5.
[5] Vergleiche Anlage 1 und 2.
[6] Für mehr Auskunft über den Unterschied zwischen den Ostkantonen und der Deutschsprachigen Gemeinschaft, siehe Punkt 1.2. Land ohne Namen, S. 7.
[7] Siehe auch Teil 3, Punkt 3.1. Gemeinsame Elemente der Identität der Deutschsprachigen Gemeinschaft, S. 53.
[8] Titel übernommen aus dem Buch ‚Hinter Ostbelgischen Kulissen’ von. Jenniges, H. (2001).
[9] Rosensträter, H. (1985) 1. Bd; die Bewohner der DG. Im dritten Teil komme ich noch auf diese Definition zurück..
[10] Die Abkürzung DG gehört zum Standardwortschatz in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Siehe auch Teil 3, Punkt 3.1.1.1.5. Sprachgebrauch als Identitätsfaktor, S. 64.
[11] Siehe Teil 2, Punkt 2.3. Das Entstehen der Deutschsprachigen Gemeinschaft der Deutschsprachigen Gemeinschaft und ihre politische Entwicklung, S. 34.
[12] Siehe Punkt 1.3.1.1. Die verschiedenen Gebiete im Mittelalter, S. 7.
[13] Langohr, M (1999).
[14] Jenniges, H.(2001).
[15] Siehe Punkt 1.3.1.2.3. 105 Jahre Preußischer Herrschaft, S. 9.
[16] Neubelgier steht dann im Gegensatz zu den sogenannten Altbelgiern: Etwa zehn Jahre, nachdem das Königreich Belgien sich für unabhängig erklärt hatte, verzichtete der niederländische König Wilhelm von Oranien auf einen Teil der südlichen Gebiete, die ihm durch den Wiener Kongress zugesprochen waren. Mit der Provinz Luxemburg, die damals noch stark deutschsprachig war dank Arel, verfügte auch Belgien jetzt über ein deutschsprachiges Gebiet: die Altbelgier. Rosensträter, H. (1985, 94). Siehe auch Anlage 6: Alt- und Neubelgien.
[17] Rosensträter, H. (1985,.94): Der Historiker Klaus Papst schätzt die Altbelgier auf 77 000. Er basiert für diese Zahl auf belgischen Statistiken aus dem Jahre 1910.
[18] Titel analog zum Titel Spuren in die Zukunft (2001) von Lejeune, C. et al.
[19] Paragraph basiert auf: Hayt, F., et al (s.d.); De Gewestbond Overmaas van het Davidsfonds (1950, 7,8,9,22); Dr. Langohr, J & J. Van Overloop (1936, 13); http://www.eastbelgium.com;
http://www.kibrahacha.com/genealog/pub/vrh/joha/index.html
http//web.inter.nl.net/users/Paul-Treaonor/nederland.html; Cremer, F. et al (1990); Hochsteyn, L. (1904); Schärer, M. (1988); Langohr, J. (1926, 32-58).
[20] Hier kann ich ruhig noch von den Ostkantonen sprechen, denn es handelt sich hier um den geographischen Aspekt. Außerdem kann von dem Unterschied zwischen den Ostkantonen und der Deutschsprachigen Gemeinschaft nur nach 1984 die Rede sein, denn das ist das Jahr, in dem die Deutschsprachige Gemeinschaft als Institution gegründet worden ist. Mehr Auskunft hierüber in Teil 2 , Punkt 2.3. Das Entstehen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und ihre politische Entwicklung, S. 34
[21] Sankt-Vith wird 1130-1131 zum ersten Male erwähnt (cfr. http://www.eastbelgium.com).
[22] 1213 taucht der Ort Eupen zum ersten Male in einer Schenkungsurkunde auf. (cfr. http://www.eastbelgium.com).
[23] In diesem Jahr wurde Limburg Teil von Brabant als Puffer gegen Deutschland. Trotzdem konnte das Herzogtum seine Selbstständigkeit behalten.
[24] die Abtei ist im VII. Jahrhundert (648) gegründet worden. Minke, A.(1995, 2-7).
[25] Siehe auch Anlagen 7 und 8; Anlage 7: Eupen, Malmedy und Sankt-Vith im Mittelalter (10.-14. Jahrhundert); Anlage 8:Eupen, Malmedy und Sankt-Vith bis 1794.
[26] Henkes, G. & S. Thomas (2002a); De Vos, M. (2000).
[27] Paragraph basiert auf: Henkes, G. (2002); Henkes, G. & S. Thomas (2002a, 2002b); Rosensträter, H. (1985) 1. Bd; Bertha, A. (1991); Langohr, J. (1924, 96-107); Dietz, B. H. Gabel & U. Tiedau (2003); Blaise, P. et al (1995); Minke, A. (1995).
[28] Henkes, G (2000 ).
[29] Rosentsträter, H. (1985) 1. Bd.
[30] Bertha, A. (1991, 192).
[31] Henkes, G. & S. Thomas ( 2002 a & b).
[32] Dietz, B., H. Gabel & U. Tiedau (2003, 494).
[33] Blaise, P. et al (1995,. 2-3); Rosensträter, H. (1985);Siehe Anlage 9: Unter preußischer Herrschaft.
[34] Minke, A. (1995).
[35] Heutzutage nennt das Gebiet Kelmis (auf Französisch: la Calamine); Paragraph basiert auf: Cremer, F. et al (1990); De gewestbond van Overmaas (1936); Hochsteyn, L. (1904); Schärer, M. (1978); Langohr, J. & J. Vanoverloop (1396).
[36] Moresnet liegt über Eupen (Siehe auch Anlage 1). Bis 1795 war die Gemeinde Moresnet Teil des Herzogtums Limburg unter der Führung der österreichischen Niederlande.
[37] Ab 1830 zwischen Belgien und Preußen.
[38] Diese Teilung bezog sich noch auf die vorige Spaltung: die Niederlande bekamen das Gebiet, das mit der preußischen Grenze übereinstimmte, Preußen dieses, das mit der niederländischen übereinstimmte. Das Gebiet zwischen diesen zwei Grenzen war „Neutral-Moresnet“.
[39] Diese Lösung wurde am 26. Juni 1816 im Artikel 17 des Aachener Grenzvertrags unterzeichnet. (Hochsteyn, L. 1904); Cremer, F. et al (1990);Gewestbond Overmaas (1950); Rosensträter, H. (1985); heutzutage nennt Neutral-Moresnet Kelmis.
[40] Rosensträter, H. (1985); Hochsteyn, L. (1904); Langohr, J. (1924).
[41] Siehe auch Anlage 9: Unter preußischer Herrschaft.
[42] Rosensträter, H. (1985) 1. Bd I; Langohr, J. (1924).
[43] Minke, A. (1995).
[44] Rosensträter, H. (1985, 96).
[45] Rosensträter, H. (1985, 114).
[46] Der Kulturkampf: Bismarcks hatte Schwierigkeiten mit der katholischen Kirche, die immer mehr Macht verlangte. Bismarck war hiermit nicht einverstanden, und bekämpfte die Kirche, unterstützt von den Liberalen
[47] Rosensträter, H. (1985).
[48] Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer (2001, 16).
[49] Paragraph basiert auf: Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer (2001); Cremer, F. et al 1990; Schärer, M. (1978); Minke, A. (1995); Langohr, J. & J. Vanoverloop (1936); Jenniges, H. (2001);. Henkes, G. (2002); Berhta, A. (1991); Dietz, B. , H. Gabel & U. Tiedau ( 2003); Rosensträter, H. (1985)a 1. Bd; Kartheuser, B. (2001); Stephan, T. & G. Henkes (2002a und b) ; http://www.dglive.be; http://www.eastbelgium.com; Minke, A. (1995).
[50] Januar 1919-Juni 1919.
[51] Minke, A. (1995).
[52] Jenniges, H. (2001, 29).
[53] Minke, A. (1995).
[54] Siehe Anlage 10: Neubelgien ab 1919.
[55] Der Historiker Klaus Papst teilt die Geschichte zwischen 1920 und 1940 in drei Perioden ein. So spricht er von einem Sonderstatus bis 1925, der von der Periode der Eingliederung im belgischen Reich gefolgt wird (1925-1933). Während dieses Zeitraums gab es Rückgabehoffnungen und hat sich sogar eine autochthone Revionsbewegung entwickelt. Schließlich gibt es den Zeitraum zwischen 1933 und 1940, in dem der Einfluss des Nationalsozialismus und der Heimattreuen Front immer wuchs, bis die deutschen Truppen wieder in Belgien einmarschierten.
[56] Baron Gouverneur General Herman Baltia wurde am 01.09.1869 geboren. 1913 war er Major, Zugführer und Generalstab der Armee, März 1920 wurde zum Generalleutnant promoviert und nach dem Krieg zum Hohen Kommissars des Bezirks Eupen-Malmedy ernannt: er soll den Neubelgiern helfen, sich in ihre neue Heimat zu integrieren. Siehe auch Anlage 11: Baron Gouverneur General Herman Baltia (cfr.: Jenniges, H. (2001, 30); http://www.geocities.com/abl1831/).
[57] Losheim befindet sich etwa 22 Km süd-süd-östlich von Trier (Cfr. Van den Branden, J. & M. Nouboers (1978, 57).
[58] Rosensträter, H. (1985).
[59] Rosensträter, H. (1985).
[60] Jenniges, H. (2003, 30).
[61] Bertha, A. (1991).
[62] Henkes, G. & ST. Thomas (2002a):1925 schloss auch Belgien sich bei den Locarno-Verträgen an, um sich gegen Deutschland zu schützen und in einem System kollektiver Sicherheit aufgenommen zu werden.
[63] Kartheuser, B. (2001).
[64] Zu diesem Zweck wurden mittelalterliche Territorialgeschichte instrumentalisiert. Das Land Overmaas war die Benennung für die Gebiete des Herzogtums Brabant jenseits der Maas. Diese Gebiete waren: das Herzogtum Limburg, die Grafschaft Dalhem und die Herrschaften Valkenburg und ‚s Hertogenrade. Eupen gehörte im Mittelalter zur Grafschaft (und später zum Herzogtum) Limburg, Siehe Punkt 1.3.1.1. Die Gebiete im Mittelalter, S.6. Auch was die Sprache betrifft, blieb die Limburgische Mundart behalten, obwohl Eupen und Umgebung auch das Hochdeutsch sprachen. (cfr. Gewestbond Overmaas 1950)
[65] Jenniges, H. (2001).
[66] Jenniges, H. (2001, 29).
[67] Rosensträter, H. (1985) 1. Bd.
[68] Minke, A. (1995).
[69] Ernst Moritz Arndt (1769-1860) war ein deutscher Schriftsteller und Publizist, der sich selbst als Dichter Diener des Vaterlandes betrachtete und der mit seinen Dichtungen die französische Herrschaft Napoleons bekämpfte. Sein bekanntestes Lied ist: Was ist des Deutschen Vaterland? 1813 (cfr. Langohr, J. 1924, 74-75);; Siehe Anlage 12: Vaterlandslied.
[70] Bertha, A. (1991, 191-202).
[71] Dietz, B, H. Gabel, & U. Tiedau, (2003, 495): Zu dem neuen Belgischen Staat sollen alle Belgier gehören, die eins mit dem Land verbunden waren, also auch die Gemeinden, die damals zu Limburg und Luxemburg gehörten, und die als die ‚verlorenen Kantone’ bekannt standen.
[72] Rosensträter, H. (1985).
[73] Burkhard Dietz, Helmut Gabel, Ulrich Tiedau(2003, 508).
[74] Burkhard Dietz, Helmut Gabel, Ulrich Tiedau(2003,. 506).
[75] Langohr, J. (1924, 93-105).
[76] Rosensträter, H. (1985).
[77] Karhteuser, B. (2001, 31).
[78] Langohr, J. (1924, 97-98).
[79] Kapitel basiert auf: Cremer, F. et al (1990); Schärer, M. (1978); Kartheuser, B. (J2001); http://www.dglive.be; http://www.eastbelgium.com; Dietz, B. H. Gabel & U. Tiedau (2003); Rosensträter, H. (1985); Minke, A. (1995); Bertha, A. (1991).
[80] Siehe Seite 12.
[81] Henkes, G. & S. Thomas (2002a); Minke, A. (1995); Rosensträter, H. (1985) 1. Bd; Kartheuser, B. (2001, 31).
[82] Rosensträter, H. (1985).
[83] Henkes, G. & S. Thomas (2002a) siehe Teil 3, Punkt 3.1.4.1.2., Das Grenz-Echo S. 89.
[84] Minke, A. (1995).
[85] Henkes, G. & S. Thomas (2002a & b).
[86] Minke, A. (1995).
[87]Dietz, B., H. Gabel & U. Tiedau (2003).
[88] Bertha, A. (1991, 194).
[89] Schärer, M. (1978).
[90] Dietz, B., H. Gabel & U. Tiedau (2003).
[91] Rosensträter, H. (1985).
[92] der Bauernbund ist der Boerenbond, mit Hauptsitz in Löwen.
[93] Bruno Kartheuser (2001): Grund der Krise: Der Löwener Boerenbond hatte 14 Millionen Franken zurückgefordert, und das Deutsche Reich hatte dem LV 1,4 Millionen Reichsmark geliehen um sich zu behelfen. Von dieser Zeit ab, wurde der LV immer von Deutschland aus finanziell unterstützt.
[94] Kartheuser, B. (2001, 58-65): die christliche Volkspartei oder CVP war 1929 entstanden als eine Abspaltung der katholischen Union. Diese Partei war das Zentrum des Irredentismus und änderte 1936 seinen Namen in die ‚Heimattreue Front’ (HF).
[95] Kartheuser B. (2001, 78-81).
[96] HF ist die Abkürzung für: Heimattreue Front.
[97] HJ: Die Heimattreue Jugend, die jugendliche Abteilung der Heimattreuen Front.
[98] Kartheuser, B. (2001) Eumavia ist ein Löwener Studentenverein für Studenten aus Eupen und Malmedy. Dieser Verein, der 1926 gegründet worden ist, wurde als deutschgesinnt und sogar nazistisch angesehen.
[99] Hindenburgspende: manche Deutschgesinnte Familien haben – ich vermute als eine Art von Kriegsentschädigung – einen einmaligen Betrag von 100 DM bekommen. Den Begriff Hindenburg-Spende habe ich nur im Buch des Herrn Kartheuser zurückgefunden.
[100] Kartheuser, B. (2001,. 16, 47- 62).
[101] Paragraph basiert auf: Schärer, M. (1978); Cremer, F. et al (1990); http://www.dglive.be; http://www.eastbelgium.com; Rosensträter, H. (1985); Bertha, A. (1991); Minke, A. (1995); Dietz, B., H. Gabel & U. Tiedau (2003). Siehe Anlage 13 : Neubelgien während des Zweiten Weltkrieges.
[102] Rosensträter, H. (1985).
[103] Cremer, F. & B. Mießen (1996).
[104] Rosensträter, H. (1985); http//www.grenzecho.be: Nach dem Krieg ist er aber aus den Konzentrationslagern wiedergekommen und ist er wieder Chef des Grenzechos geworden.
[105] Minke, A. (1995).
[106] Minke, A. (1995); Rosensträter, H. (1985) 1. Bd.
[107] Rosensträter, H. (1985), 1. Bd.
[108] Kartheuser, B. (2001, 102-110).
[109] Rosensträter, H. (1985) 1. Bd; Kartheuser, B. (2001).
[110] früher Neutral-Moresnet.
[111] Minke, A. (1995).
[112]Cremer, F. et al (1990, 74): Durch die Annektierung ans Deutsche Reich waren die Ostkantone völliger Teil Deutschlands und sollten die Bewohner den Regeln des Dritten Reiches folgen, und demzufolge waren die Männer verpflichtet, in die deutsche Armee zu gehen. Jeder Mann, der zwischen 1890 und 1927 geboren war, musste Soldat werden. Nach dem Krieg, als die Ostkantoner wieder die belgische Nationalität hatten, wurden die Bewohner aber als „Waffenträger gegen Belgien“ gestraft, genau wie die Flamen oder die Wallonen. Wichtiger Unterschied war aber, dass die annektierten Deutschen damals nicht die Wahl hatten, mitzumachen oder nicht.
[113] Dietz, B,. H. Gabel & U. Tiedau (2003, 523-535).
[114] Bertha, A. (1991).
[115] Dietz, B., Gabel H. & U. Tiedau (2003, 523-535).
[116] Rosensträter, H. (1985, 162; Dietz, B., H. Gabel & U. Tiedau (2003).
[117] Die Ardennenoffensive oder Rundstedtoffensive fanden statt zwischen dem 16. Dezember 1944 und dem 25. Januar 1945.
[118] Rosensträter, H. (1985, 164-170); eine ausführliche Beschreibung der Taktiken von Hitler und seinen Generälen, finden Sie auf obengenannten Seiten.
[119] Minke, A. (1995); Henkes, G. (2002): Während des Krieges (1940-1943) sind ungefähr 5 500 Bomben über die Ostkantone gefallen.
[120] Rosenträter, H. (1985).
[121] Paragraph basiert auf: Schärer, M. (1978); F. Cremer et al (1990); Henkes, G. & S. Thomas (2002 a & b); Henkes, G. (2002); Rosensträter, H. (1985); Dietz, B., h. Gabel & U. Tiedau (2003); Kartheuser, B. (2003); Schärer, M. (1978); Bertha, A. (1991); Minke, A. (1995); Henkes,G. & S. Thomas (2002a & b); Henkes, G. (2002).
[122] Bezirkskommissar Henri Hoen, wurde 1909 geboren und ist 1982 gestorben. 1945 ernannte die Regierung ihn zum Bezirkskommissar für die Kantone Eupen, Malmedy und Sankt-Vith. Sein Amtssitz war in Malmedy, das zentralste Gebiet. Seine Aufgabe war, die Reorganisation und die Verwaltung der Ostkantone betrauen. 1970 nahm sein Amt ein Ende. (cfr. Jenniges, H. 2001, 49; Cremer, F. et al. 1990, 76).Siehe auch Anlage 14.
[123] Minke, A. (1995).
[124] Siehe mehr im Punkt 1.3.5: Friedliche Beziehungen ab 1956, S.23.
[125] Henkes, G. (2002);. Henkes, G. & S. Thomas (2002a).
[126] Rosensträter, H. (1985).
[127] Nur 1989 wird für das Problem der ‚Zwang-Soldaten’ eine Lösung nach vorne gebracht. (cfr. Cremer, F. et al 1990).
[128] Henkes, G. & S. Thomas (2002a).
[129] Minke, A. (1995).
[130]Dietz, B., H. Gabel & U. Tiedau, (2003).
[131] Schärer, M. (1978).
[132] Henkes, G. & S. Thomas (2002 a & b); Henkes, G. (2002).
[133] Henkes, G. & S. Thomas (2002a); Rosensträter, H. (1985).
[134] Henkes, G. & S. Thomas (2002a).
[135] Kapitel basiert auf: Platel, M. (1993); Bertha, A. (1991); Henkes, G. & S. Thomas (2002 a & b); Henkes, G. (2002)Lambertz, K.-H. (1993); Lambertz, K.-H. (März, 2002); htpp://www.senate.be/doc/const_de.html.
[136] Diese Macht betrifft die Gebiete des Justizwesens, der Finanzpolitik mit der Wirtschafts- und Währungsunion, des Wettbewerbs, der Inneren Sicherheit, der Außenpolitik und der auswärtigen Angelegenheiten, der Landesverteidigung, der nationalen Kommunikationsinfrastrukturen, der sozialen Sicherheit und der nationalen Forschungs- und Kultureinrichtungen. Schließlich gehören noch ein Teil der öffentlichen Volksgesundheit und der innenpolitischen Angelegenheiten zu den Kompetenzen des Föderalstaates. (cfr. Henkes G. & S. Thomas 2002a ; Lambertz, K-H. 1993; Platel, M. 1993).
[137] Die Abgeordnetenkammer zählt insgesamt 150 Mitglieder, der Senat 71. Von diesen 71 werden 40 direkt von der Bevölkerung gewählt, 21 kommen aus den Gemeinschaftsräten und die letzten zehn werden von den Senatoren selbst gewählt.
[138] Henkes G. (2002b, 17).
[139] Siehe Teil 3: Die politische Sprachevolution in der Deutschsprachigen Gemeinschaft S. 57.
[140] Sie darf höchstens 15 Minister zählen, die weder der Kammer, noch dem Senat angehören dürfen. (Lambertz, März 2002a); Blaise, P. et al (1995); http://www.senate.be/doc/const_de.html.
[141] Platel, M (1993).
[142] Kapitel basiert auf: Bertha, A. (1991); Minke, A. (1995); Henkes, G. (2002a & b); Platel, M. (1993); Luyckx, T. (1969); Brassine, J. & Y. Kreins (1984); Desseyn, J. (2002); Rosensträter, H. (1985); Vogelaere, L. (1991); Blaise, P. et al (1995); Cremer, F. et al (1990); Mast, A. & J. Dujardin (1985).
[143] Die Gesetze in bezug auf den Sprachgebrauch im Verwaltungs- und Unterrichtswesen waren bereits 1932 genehmigt, aber nur dreißig Jahre später sind sie - durch königlichen Erlass vom 18. Juli 1966 koordiniert - in Kraft gesetzt. Sie sorgen dafür, dass eine bestimmte offizielle Sprache für alle Verrichtungen dem Föderalstaat und den regionalen Institutionen gegenüber benutzt wird. Spracherleichterungen in zweisprachigen Gebieten bilden eine Ausnahme für die Einwohner eines Gebietes, aber ändern nichts an den homogenen Sprachcharakter (cfr. Mast, A. & J. Dujardin 1985). Das Gilson-Gesetz besagte außerdem, dass die Grenze der Verwaltungsbezirke mit diesen der Sprachregionen übereinstimmen müssen. Zum großen Missvergnügen der Deutschsprachigen Gemeinschaft, wurde das Gilson-Prinzip aber nicht völlig nachgelebt; Desseyn, J. (2002) , Rosensträter (1985).
[144] Mast, A.& J. Dujardin (1985, 78): In der damaligen Verfassung (1971) war der Artikel 3bis.
[145] Artikel 4 der belgischen Verfassung: Belgien umfasst vier Sprachgebiete: das deutsche Sprachgebiet, das französische Sprachgebiet, das niederländische Sprachgebiet und das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt. Jede Gemeinde des Königreichs gehört einem dieser Sprachgebiete an. Die Grenzen der vier Sprachgebiete können nur durch ein mit Stimmenmehrheit in jeder Sprachgruppe einer jeden Kammer angenommenes Gesetz abgeändert werden, vorausgesetzt, das die Mehrheit der Mitglieder jeder Gruppe versammelt ist, und insofern die Gesamtzahl der Jastimmen aus beiden Sprachgruppen zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erreicht. (Thomas, S., März 2002,7).
[146] Um die kulturelle Autonomie zu etablieren, ist in der belgischen Verfassung 1971 ein Artikel 32 bis eingefügt worden. (cfr. Mast, A.& J. Dujardin, 1985, 57) Außerdem besagt der Artikel 3ter der damaligen Verfassung, dass die flämische, französische und deutsche Kulturgemeinschaften Befugnisse ausüben können, die von der Verfassung oder von aufgrund der Verfassung festgeschriebene Gesetz zugewiesen werden. Die Gründung der Kulturräte ist Artikel 59bis festgeschrieben worden (Mast, A. & J. Dujardin (1985).
[147] Brüssel verteilt seine Kulturaufgaben zwischen den Flamen und den Wallonen ( cfr. Platel, M 1993, 68).
[148] Diese Befugnisse sind: die Schönen Künste, Bibliotheken, Schutz der eigenen Sprache, Rundfunk und Fernsehen, Tourismus und Förderung der Wissenschaft (cfr. Platel, M. 1993) .
[149]Der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft ist aufgrund des Artikels 59ter der Verfassung 1971gegründet worden (cfr. Brasinne, J. & Y. Kreins 1984, 3; Desseyn, J. 2002, 29 und Mast, A.& J. Dujardin 1985).
[150] Vor 1976 waren es noch 25 Gemeinden.
[151] Die Niederländische und die Französische Kulturgemeinschaft konnten eigene Gesetze entwerfen – die Dekrete – die die gleiche Gültigkeit haben, als die üblichen föderalen Gesetze, aber nur auf dem eigenen Sprachgebiet. (Artikel 59 bis der Verfassung 1971) (Cfr. Platel, M. 1993 und Desseyn, J. 2002, 30).
[152] Berge, F. & A. Grasse (2003, 171); Desseyn, J. (2002); Mast, A.& J. Dujardin (1985); Platel, M (1993)
[153] der Artikel 107quater in der Verfassung 1971 (cfr. Platel, M. 1993).
[154] Die Resolution vom 21. November 1977 hierüber lautet: Artikel 1: Für die deutsche Kulturgemeinschaft soll eine Gemeinschaftsrat mit dem gleichen Kompetenzbereich (kulturelle und personengebundene Materien) und mit der gleichen Rechtskraft (Dekretbefugnis) wie die beiden anderen Gemeinschaftsräte geschaffen werden; Artikel 2: Die Ausführung der Dekrete dieses Gemeinschaftsrates soll einer von diesem Gemeinschaftsrat gewählten und vor ihm verantwortlichen kollegialen Exekutive obliegen; Artikel 3: [...] Der für das Gebiet deutscher Sprache zuständige Gemeinschaftsrat soll gleichzeitig mit den anderen Gemeinschaftsräten eingesetzt werden (Rosensträter, H. 1985, 552).
[155] Desseyn, J. (2002, 31).
[156] Die Durchführung des Artikels 59 basiert auf das Gesetz des 31. Dezember 1983 zur Reform der Institutionen der Deutschsprachigen Gemeinschaft. (Mast, A. & J. Dujardin, 1985).
[157] Dieses Gesetz bekommt den Namen des Gesetzes der institutionellen Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft.
[158] Minke, A. (1995).
[159] Mast, A. & J. Dujardin (1985): Dieses Stuyvenbergabkommen ist 1978 für das erste Mal geäußert; man wollte der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine Dekretesbefugnis gestehen in diesen Angelegenheiten, für die die Flämische und Französische Gemeinschaft bereits länger zuständig waren.
[160] Unter anderem die Befugnisse über die Medien (Vandriessche, D., 1991).
[161] die personenbezogenen Angelegenheiten umfassen unter anderem die Gesundheitspolitik und die Personenhilfe; Minke, A. (1995).
[162] Brassine, J. & Y. Kreins (1984). Heutzutage hat die DG diese Regionalkompetenzen auch. Siehe auch Punkt 2.3.5.5..Die Regionalkompetenzen, S 44.
[163] Bertha, A. (1991, 196); Rosensträter, H. (1985, 543).
[164] Interview mit Herrn Thomas, S. am 19.11.2003.
[165]Albert Gehlen ist am 01.04. 1940 geboren. Zwischen 1971 und 1976 war er Präsident der CSP (der Christlichen Sozialen Partei), zwischen 1971 und 1976 war er Präsident des RdK, zwischen 1981 und 1999 war er Abgeordneter der Kammer, zwischen 1989 und 1994 war er Bürgermeister von Sankt-Vith zwischen 1989 und 1994 und seit 1999 ist er Fraktionsvorsitzender der CSP im RDG. Siehe auch Teil 3 Punkt 3.2.1.2.1.: die Christlich Soziale Partei (CSP), S 101.
[166] Rosensträter, H. (1985, 545).
[167] Artikel 139 der belgischen Verfassung in bezug auf Regionalbefugnisse für die DG: Auf Vorschlag ihrer jeweiligen Regierung können der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Rat der Wallonischen Region in gegenseitigem Einvernehmen und jeder durch Dekret beschließen, dass der Rat und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im deutschen Sprachgebiet Befugnisse der Wallonischen Region ganz oder teilweise ausüben.
Diese Befugnisse werden je nach Fall im Wege von Dekreten, Erlassen oder Verordnungen ausgeübt.
Thomas, S. März 2002, 42).
[168]Nur drei Befugnisse bleiben in den Händen des Föderalstaates: die Lehrpflicht, die Mindestanforderungen um ein Diplom zu bekommen und die Reglung der Alterssicherung des unterrichtenden Personals. (Henkes. G. 2002b, 12; Platel, M. 1993); Minke, A. (1995); Henkes, G. & S. Thomas (2002a & b).
[169] Henkes G. & S. Thomas (2002a, 19).
[170] Artikel 140 der belgischen Verfassung: Der Rat und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Üben im Wege von Erlassen und Verordnungen jegliche andere Befugnis aus, die ihnen das Gesetz übertragt.
Artikel 159 ist auf diese Erlasse und Verordnungen entsprechend anwendbar. (Thomas, S. 2002, 42)
[171] Lambertz 13.08.03; Henkes, G. & S. Thomas (2002a & b); Mast, A. & J. Dujardin (1985).
[172] Artikel 130:
§1: Der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft regelt durch Dekret: 1. die kulturellen Angelegenheiten; 2. die personenbezogenen Angelegenheiten; 3. das Unterrichtswesen in den in Artikel 127§1 Absatz 1 Nummer 2 bestimmten Grenzen; 4. die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaften sowie die internationalen Zusammenarbeit, einschließlich des Abschlusses von Verträgen, in den unter den Nummern 1, 2 und 3 erwähnten Angelegenheiten; [5. den Gebrauch der Sprachen für den Unterricht in den von den öffentlichen Behörden geschaffenen, bezuschussten oder anerkannten Einrichtungen] (Punkt 5: so ergänzt durch die Verfassungsänderung vom 20. Mai 1997)
Das Gesetz legt die unter den Nummern 1 und 2 erwähnten kulturellen und personenbezogenen Angelegenheiten fest sowie die unter Nummer 4 erwähnten Formen der Zusammenarbeit und die Art und Weise, wie die Verträge abgeschlossen werden.
§2: Diese Dekrete haben Gesetzkraft im deutschen Sprachgebiet (Thomas, S. 2002, 39-40).
[173] Henkes G. & S. Thomas (2002a, 19); Lambertz, K-H. 2003; Lambertz, K-H., März 2002.
[174] Henkes G. & S. Thomas (2002a, 19).
[175] Das sind die sogenannten Lambermontabkommen (Cfr. Lambertz, K.-H. März 2002; Desseyn, J. 2002).
[176] Bis 1983 waren das nur drei Mitglieder (Brassine, J. & Y. Kreins 1984; Mast, A. & J. Dujardin & J. Dujardin 1985; Platel, M. 1993; Berge, F. & A. Grasse 2003; Luyxk, T.1969).
[177] Berge, F. & A. Grasse (2003, 192).
[178] Berge, F. & A. Grasse (2003).
[179]Kapitel basiert auf: Bertha, A. (1991); Rosensträter, H. (1985, 561-565).
[180] Siehe Teil 1, Punkt 1.3.4. Die schwarze Nachkriegszeit, S.23.
[181] Siehe auch Teil 1, Punkt 1.2. Land ohne Namen, S. 5.
[182] Heinrich Toussaint war während der sechziger Jahre Chefredakteur des Grenz-Echos. Siehe auch Teil drei, Punkt 3.1.4.1.2. Das Grenz-Echo, S.80.
[183] Rosensträter, H. (1985, 562).
[184] die Partei der deutschsprachigen Belgier Siehe mehr Teil drei, Punkt 3.2.1.2.2. Die Partei der deutschsprachigen Belgier, S. 102.
[185] Rosensträter, H. (1985, 563).
[186] Henkes, G. & S. Thomas (2002a).
[187] Artikel 115 - §1: Es gibt einen Rat der Flämischen Gemeinschaft, Flämischer Rat genannt, und einen Rat der Französischen Gemeinschaft, deren Zusammensetzung und Arbeitsweise durch ein mit der in Artikel 4 letzter Absatz bestimmten Mehrheit angenommenes Gesetz bestimmt werden; Es gibt einen Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft, dessen Zusammensetzung und Arbeitsweise durch Gesetz bestimmt werden.
§2: Unbeschadet des Artikels 137 umfassen die in Artikel 39 erwähnten regionalen Organe für jede Region einen Rat (Thomas, S. 2002,34).
[188] Siehe Seite 31, Fußnote 5.
[189] Henkes, G. & S. Thomas (2002a); Henkes G. (2002b, 11).
[190]Paragraph basiert auf: Henkes, G. (2002 a & b); Bertha, A. (1991); Mast, A & J. Dujardin (1985).; Berge, F. & A. Grasse (2003); Rosensträter, H. (1985); Brassine, J. & Y. Kreins (1984); GE (16.04.1973)
[191] Bertha, A. (1991, 196);Rosensträter, H. (1985 1. Bd, 194); Mast, A & J. Dujardin (1985); Brassine, J. & Y. Kreins (1984, 5); Henkes, G. & S. Thomas (2002 a& b); Henkes, G. (2002).
[192] Berge, F. & A. Grasse (2003).
[193] Die Einwohner Brüssels konnten ihren Regionalrat bereits seit 1989 direkt wählen. (Henkes G. & S. Thomas 2002a, 18) ; Lambertz, K.-H. (13.08.2003).
[194] Minke, A. (1995).
[195] Henkes, G. & S. Thomas (2002a , 16); Henkes G. & Stephan, T. (2002b, 11); Rosensträter, H. (1985, 195). Willy Schyns war derzeit Bürgermeister der Gemeinde Kelmis und Abgeordneter. Bemerkenswert ist, dass Willy Schyns der zwar Verfechter der Kulturautonomie war, meinte, dass die Mitglieder des Kulturrates nicht durch allgemeine Wahlen ernannt werden konnten, denn das könnte eine neue Spaltung der Bevölkerung – wie während der zwei Weltkriege – verursachen. (Cfr. Cremer, F. et al 1990 ).
[196] Johann Weynant ist am 21.09.1923 geboren, ist CSP-Mitglied und seit 1950 Gemeindesekretär in Elsenborn. Als erster Präsident des RdK im Jahre 1973, war er der Nachfolger vom Bezirkskommissar Henri Hoen. (Rosensträter, H. 1985, 521) Jenniges, H. (2001, 90); Cremer; F. et al. (1990, 78); http://www.dglive.be/start.html?/fakten/geschichte.html. Siehe auch Teil 1, Punkt 1.3.4. Die schwarze Nachkriegszeit, S. 19.
[197] Rosensträter, H. (1985 1. Bde,. 521).
[198] GE (23.03.1983); GE (22.03.1983).
[199] Henkes, G. & S. Thomas (2002a).
[200]Paragraph basiert auf: Bertha, A. (1991), Mast, A. & J. Dujardin & j. Dujardin (1985); Brassine, J. & Y. Kreins (1984); Henkes, G. & S. Thomas (2002 a &b).
[201] Die niederländische und französische Kulturgemeinschaft verfügten im Gegensatz wohl über eine gesetzgebende Gewalt. Der Grund dafür sei, dass das deutsche Sprachgebiet Belgiens zu klein war, und zu wenig Parlamentsmitglieder zählte. Die Mehrheit in Brüssel meinte, dass es nicht möglich sei, die Kulturautonomie des deutschen Sprachgebietes auf die gleiche Art und Weise wie die der anderen Gemeinschaften zu gewährleisten, da „die territoriale und zahlengemäße Ausdehnung derselben nicht die der beiden anderen Gemeinschaften äquivalent“ sei. Wenn man dem deutschen Sprachgebiet eine kulturelle Autonomie gewähren wolle, so müsse eine Lösung „sui generis“ gefunden werden.’ (Rosensträter, H. 1985, 515).
[202] Rosensträter, H. (1985, 516).
[203]Paragraph basiert auf: Henkes, G. & S. Thomas (2002), Berge F (2003), Mast, A. & J. Dujardin (1985); Desseyn, J. (2002, 38-41); http://www.rdg.be; Unser Rat (1978).
[204] Mast, A. & J. Dujardin (1985, 258-259).
[205] Siehe: 2.3.5.: Die Befugnisse der Deutschsprachigen Gemeinschaft, S.16.
[206] Am 16. April 1984, als die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft entstand, kam dieser Dienst unter der Leitung der Exekutive der DG. (Vogelaere, L. 1991).
[207] Henkes G.& S. Thomas (2002a , 8).
[208] Mast, A. & J. Dujardin (1985).
[209] Heutzutage ist der Gemeinschaftssenator der Deutschsprachigen Gemeinschaft der Sozialist Louis Siquet. Louis Siquet ist am 09.08.1946 in Büllingen geboren. Vom Jahre 1990 bis zum 19. Januar 2004 war er Gemeinschaftsenator der DG. (Berge, F. & A. Grasse 2003, 175; http://www.dglive.be/chapter02/sub2/newwindow/siquetcv2.html.
[210] In der Deutschsprachigen Gemeinschaft haben Dekrete eine Gesetzkraft. Auch der Gemeindehaushalt und die Rechnungslegung werden jährlich per Dekret verabschiedet. (cfr. Henkes G. & S. Thomas 2002a, 27).
[211] Nach den letzten Wahlen, die vom Jahre 1999 datieren, gibt es im RDG neun Mandate für die CSP, sechs für die PFF, vier für die SP, drei für Ecolo und drei für die PDB (Berge, F. & A. Grasse2003, 172, 176).
[212] Berge, F. & A. Grasse (2003, 172).
[213] Heutzutage ist der Ratspräsident Alfred Evers von der PFF, der zugleich auch der Bürgermeister von Eupen ist. (Berge, F. & A. Grasse2003); http://www/dglive.be; http://www.rdg.be.
[214] Jede Legislaturperiode wird die Zahl der Mitglieder der Ausschüsse festgelegt. Jetzt zählt jeder Ausschuss elf Mitglieder und acht stellvertretende Mitglieder. Jeder Ausschuss wird von einem Präsidenten geleitet und verfügt auch noch über einen Vizepräsidenten und einen Sekretär. Es gibt so sechs Ausschüsse, jeder mit seinen spezifischen Bereichen; (Berge, F. & A. Grasse (2003); Siehe Teil 3, Punkt 3.2.2.1.: Besprechungen bestehender Umfragen, S. 103.
[215]Paragraph basiert auf: Henkes H. & S. Thomas (2002a); Berge, F. & A. Grasse (2003); Mast, A. & J. Dujardin & J. Dujardin (1985); Desseyn, J. (2002, S. 4142); http://www/dglive.be; Brassine, J. & Y. Kreins (1984); Lambertz, K.-H. (September 2001); http://dglive.be; Lambertz, (13.08.2003).
[216] Artikel 49 – Die Regierung besteht aus mindestens drei und höchstens fünf Mitgliedern, die vom Rat nach den in Artikel 60 des Sondergesetzes festgelegen Regeln gewählt worden. Die Vorschläge von Kandidaten brauchen jedoch nur von mindestens drei Mitgliedern des Rates unterschrieben zu werden. (abgeändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 7. Januar 2002) (Thomas, S. 2002, 93).
[217]Ab der letzten Staatsreform 2001 darf die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft bis zu fünf Minister zählen (Berge, F. & A. Grasse2003, 179 Note. 230).
[218] Hans Niessen ist am 4. Juli 1950 in Raeren geboren. 1982 hat er zum ersten Mal seine Kandidatur bei den Kommunalwahlen gestellt, aber ohne Wahlerfolg. 1988 war er Spitzenkandidat und alleiniger ECOLO-Vertreter im Eupener Stadtrat, 1994 war er erneut Spitzenkandidat für 3 ECOLO-Mandate im Eupener Stadtrat. Er ist ebenfalls ECOLO- Fraktionsvorsitzender. Zwischen 1996-1999 war Regionalsekretär von ECOLO – Ostbelgien. Seit Juli 1999 ist Minister für Jugend und Familie, Denkmalschutz, Gesundheit und Soziales der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Er hat diverse Funktionen im Rahmen der Jugendzentren: Verwaltung eines Jugendheims, Präsident des Jugendrates der Deutschsprachigen Gemeinschaft (1980-1984). Bei den RDG-Wahlen am 13. Juni 2004 ist er aufs neue Spitzenkandidat für ECOLO.
(Cfr. http://www.useyourmind.de/www/d/hans.php; http://www.dglive.be/start.html?/regierung/kompetenz-niessen.html.
[219] Bernt Gentges ist am 12.10.1943 in Bütchenbach geboren, ist Schöffe der Stadt Eupen gewesen (1977-1989) ,Fraktionsführer der PFF im RDG (1984-1990) , Präsident der PFF (1983-1991),Mitglied des Exekutivausschusses der PRL,Minister der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Unterricht und Ausbildung, Kultur, Jugend und wissenschaftliche Forschung (1990-1995), Vizepräsident des RDG seit (1995- 1999), und seit Juli 1999 Minister der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Unterricht und Ausbildung, Kultur und Tourismus (seit Juli 1999).
(cfr. http://www.dglive.be/start.html?/regierung/kompetenz-gentges.html).
[220] Seit Juli 1999 sitzen in der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Liberalen(die PFF), die Sozialdemokraten (die SP) und die Grünen (Ecolo). Die Regierung Eupens ist also eine blau-rot-grüne Regierung.
[221] §4 des Artikels 60 –Jede Regierung [abgeändert durch Artikel 127 §1 des Sondergesetzes vom 16. Juli 1993] benennt unter ihren Mitgliedern einen Präsidenten. Kommt keine Einigung zustande, so wird der Präsident in geheimer Abstimmung und mit absoluter Mehrheit der Mitglieder der Regierung[abgeändert durch Artikel 122 des Gesetzes vom 16. Juli 1993] gewählt. (Mast, A. & J. Dujardin, 1985, 404)
[222] Siehe Anlage 15: Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz.
[223] Lambertz, K.-H. (März 2002).
[224]Paragraph basiert auf: Henkes H. & S. Thomas (2002a); Berge, F. & A. Grasse (2003); Desseyn, J. (2002; 42); http://dglive.be; Mast, A. & J. Dujardin (1985); J. Brassine & Y. Kreins (1984).
[225] Berge, F. & A. Grasse (2003).
[226] Vogelaere, L (1991); Berge, F. & A. Grasse (2003); Henkes, G. (2002); Henkes, G. & S. Thomas (2002 a & b).
[227] Berge, F. & A. Grasse (2003).
[228]Das Medienzentrum ist zugleich Bibliothek und Mediathek. Siehe auch Teil drei, Punkt 3.1.4.2.3. Das Medienzentrum, S. 94.
[229]Die Befugnisse werden der Deutschsprachigen Gemeinschaft zugestanden anhand des Artikels 130 der heutigen belgischen Verfassung und anhand des Gesetzes des 31. Dezember 1983 zu den institutionellen Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Dieses Gesetz ist durch das Gesetz des 18. Juli 1990 abgeändert worden. Paragraph basiert auf: (Vogelaere, L. 1991, 16) Henkes, G (2002); Bertha, A. (1991); Berge, F. & A. Grasse (2003); Desseyn, J. (2003); Mast, A. & J. Dujardin (1985); J. Brassine & J. Kreins (1984); Henkes, G. & S. Thomas (2002 a & b).
[230]Dekrete sind in der DG Gesetze, die lediglich im deutschsprachigen Gebiet Belgiens Anwendung finden (Henkes G. & S. Thomas 2002a, 30).
[231] der Denkmal- und Landschaftsschutz ist 1994 in den Händen der DG gekommen (Cfr. Lambertz, K.-H., März 2002); Lambertz, K.-H. (2003 Redesammlung).
[232]Seit Mai 1997 kann die Deutschsprachige Gemeinschaft auch selbst den Sprachgebrauch in den Schulen bestimmen, folglich Artikel 130 der belgischen Verfassung über die Befugnisse der DG. Der Sprachgebrauch im Unterrichtswesen ist 1998 bei den Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft gefügt worden (Lambertz, K.-H. , 2003).
[233] Henkes, G. ( 12.11.2003).
[234]Der Artikel 55 des Gesetzes vom Jahre 1983 sagt, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft Zusammenarbeitsabkommen mit dem Flämischen und mit dem Französischen Gemeinschaftsrat abschließen kann (Vogelaere, L 1991, 25).
[235]Paragraph basiert auf: Vogelaere, L. (1991); Henkes, G.& S. Thomas (2002 a &b); Henkes, G. (2002); S. Thomas (2002); Dokument 94 des Rates, Sitzungsperiode 2001-2002.
[236] Lambertz, K.-H. (13.08.2003).
[237] Siehe Seite 30 für den Artikel 139.
[238]Der Vertrag ist am 5. Juli 1999 vereinbart worden.
[239] Seit der fünfte Staatsreform liegt diese Kompetenz bei der Wallonischen Region.
[240] Ministerpräsident Lambertz (cfr. Berge, F. & A. Grasse2 003, 184).
[241]Paragraph basiert auf: Lambertz, K.-H. (Dezember 2002); Lambertz, K.-H. (März 2002); Berge, F. & A. Grasse (2003); GE (20.03.2000).
[242] Lambertz, K.-H. (März 2002).
[243]1998 war in der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft bereits die Rede einer Kompetenzerweiterung im Sinne einer Gemeinschafts-Region (cfr. Berge, F. & A. Grasse 2003, 184). Eine Gemeinschafts-Region ist an erster Stelle noch immer eine Gemeinschaft, die sich jedoch mehrere regionale Kompetenzen anordnen darf. (Dokument des Rates 122, Sitzungsperiode 1998-1999).
[244] Während der Staatsreformen von den Jahren 1980-1983 haben die deutsche Kulturgemeinschaft und die Mehrheit der deutschsprachigen Parlamentarier in Brüssel dafür geworben, mehr regionale Autonomie zu bekommen. Aber es hat damals nicht geklappt. Inzwischen haben sie doch mehr Befugnisse bekommen. (cfr. Berge, F. & A. Grasse 2003) Siehe auch die regionalen Kompetenzen der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
[245] Berge, F. & A. Grasse (2003); siehe auch Teil drei, Punkt 3.3. Der bewegte Sommer 2002, S. 112 (cfr. Stephan Thomas, 19.11.2003).
[246] Siehe auch Teil drei: Punkt 3.3.1. Die Forderungsliste am wallonischen Ministerpräsidenten Vancauwenberghe, S. 112 und Punkt 3.3.2. Deutschsprachige Wallonen, S. 113.
[247] Teil 3, Punkt 3.3.1. Die Forderungsliste am wallonischen Ministerpräsidenten Vancauwenberghe, S. X.
[248] Siehe auch Teil 3, Punkt 3.3.1. Die Forderungsliste am wallonischen Ministerpräsidenten Vancauwenberghe, S. X. Dokument 106 des Rates, Sitzungsperiode 2002-2003: Die Einwohner der DG sind enttäuscht über die Stellung der Wallonen. ; Grenz-Echo vom 08.02.2001: Vor jeder weiteren Diskussion über Kompetenzenübertragungen muß die Deutschsprachige Gemeinschaft klar Stellung beziehen. Sie muß der Wallonischen Region sagen, was und wohin sie will. Uns ist nicht klar, ob sich hinter den ständigen Forderungen der DG nach einem Ausbau der Autonomie nicht eine besondere Taktik verbirgt [...] Wir wollen, daß die DG ihre Wünsche deutlich formuliert und das angestrebte Ziel festlegt.
[249] Ratsdokument N. 106 (2002).
[250] Diese Abkommen sind bereits 1984 als eine der Befugnisse der Gemeinschaften ausgearbeitet worden Vogelaere, L. (1991).
[251]Das kann die DG aber nicht machen für das nationale Parlament in Brüssel und auch nicht für die Wahlen des Regionalrates: sie hat keinen eigenen Wahlbezirk. In diesen beiden Bereichen ist die Deutschsprachige Gemeinschaft Teil der Wallonie. Im Senat ist die Deutschsprachige Gemeinschaft aber doch vertreten. (cfr. Berge, F. & A. Grasse2003, 190).
[252] Berge, F. & A. Grasse (2003, 166 Fußnote. 208).
[253]Paragraph basiert auf: Desseyn, J. (2002); Henkes, G. (2002); Henkes, G. & S. Thomas (2002 a & b) Lambertz, K.-H. (Dezember 2002); Dokument des Rates 122; Sitzungsperiode 1998-1999; Dokument 94 des Rates; Sitzungsperiode 2001-2002; GE (19.09.2001); Westdeutsche Zeitung (14.08.2002).
[254]Einige Forderungen in diesem Bereich sind z.B: die vollständige Übertragung der Raumordnung, des Wohnungswesens, Landwirtschaft, des Straßenbaus..... Dokument 94 des Rates; Sitzungsperiode 2001-2002.
[255] Die DG hat ja keinen eigenen Wahlbezirk, obwohl sie das wünscht. Henkes G. & S. Thomas ( 2002a).
[256] Hierfür hatte der vorige Ministerpräsident (1986 – 1999) Joseph Maraite bereits gewarnt: In einem Interview 1996 antwortete er auf die Frage ob die Deutschsprachige Gemeinschaft gerne eine eigene Region wäre: Wir dürfen nicht vergessen, dass wir eine kleine Gemeinschaft sind. Wir müssen darauf achten, daß der administrative Wust nicht zu groß wird. Ich kann natürlich alles fordern, aber letztlich muß ich sehen, daß sich diese Forderung auch in die Tat umsetzen lässt (Berge, F. & A. Grasse2003, 185).
[257] GE (23.10.1993).
[258] Denkmal- und Landschaftsschutz, Beschäftigungspolitik.
[259] Desseyn, J. (2002, 52).
[260]Eine eigene Region für die deutschsprachigen Belgier kann auf zwei Weise entstehen: 1) eine Abänderung der Verfassung, 2) die Bildung einer Gemeinschafts-Region gemäß dem Artikel 139 der Verfassung: Artikel 139: Auf Vorschlag ihrer jeweiligen Regierung können der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Rat der Wallonischen Region in gegenseitigem Einvernehmen und jeder durch Dekret beschließen, dass der Rat und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im deutschen Sprachgebiet Befugnisse der Wallonischen Region ganz oder teilweise ausüben. Diese Befugnisse werden je nach Fall im Wege von Dekreten, Erlassen oder Verordnungen ausgeübt ( Thomas, S., 42) (Desseyn, J. 2002, 52).
[261] Diese ‘es-kostet-zu-viel’-Theorie ist aber nicht neu: Als es 1973 darum ging, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft die Kulturautonomie übernehmen würde, wurde sie auch bereits benutzt.
[262] Hier nehmen die Spannungen zwischen der Wallonischen Regierung und der Deutschsprachigen Gemeinschaft einen Anfang.
[263] Henkes Gerd, (12.11.03).
[264]Paragraph basiert auf: Stephan Thomas (19.11.2003); Dokument des Rates 54, Sitzungsperiode 2000-2001; Lambertz, K.-H. (13.08.2003); GE (07.02.2001); GE (07.02.01). GE (19.09.2001); GE (206.09.2001); Aachener Nachrichten (23.08.2002); GE (.4.12.2001); GE (14.04.2001).
[265] Konkret handelt es sich hier um Regionalstraßen, Raumordnung, Gemeindeaufsicht (GE, 07.02.2001); GE (16.08.1995); GE (17.03.2001); GE (04.04.2001).
[266] Stephan Thomas (19.11.2003); GE (18.05.2001).
[267] In der gleichen Sitzung ist auch die Forderung der Gemeindebefugnisse diskutiert worden. Dokument 122 des Rates, Sitzungsperiode 1998-1999.
[268] Aachener Zeitung (16.07.2002).
[269] Siehe auch Anlage 17 für eine Übersicht der Fragen und der Ergebnisse.
[270] Kapitel basiert auf: Cremer, F. (2002); Kolloquium Louvain-La-Neuve (12.11.2003); Jenniges, H. (1988) und (2001); GE, 27.01.2001; GE, 20.12.1997; Rede von Ministerpräsident Lambertz (26.03.2002); Discours de Lambertz, (14. 09. 2002); Ausführlicher Bericht am 17.10.2002 (Sitzungsperiode 2002-2003); Berge, F (2003); Schleihs, D.(2004a); Schleihs, D. (2004b); Schleihs, D. (2004c); Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer (2001).
[271] Cremer, F. (2002).
[272] Carlo Lejeune am 12.11.2003 in Louvain-La-Neuve (Kolloquium); Siehe in diesem Zusammenhang auch Teil 2, Punkt 2.2.:Die Deutsch(sprachige) Frage, S. 32. Damals war es für die Einwohner Ostbelgiens noch viel schwieriger, sich eine eigene Identität zu bilden.
[273] Cremer, F. (2002).
[274]Wichtig ist hier, im Hinterkopf zu halten, dass diese Prozentzahlen auf Grundlage einer Zielgruppe von 37 und einer zweiten von 20 Personen berechnet sind.
[275] Siehe Seite 56.
[276] Ausführlicher Bericht,(2002, 7. Oktober, 168); Küchenberg, A. et al (2003).
[277] Jugend 98 S. 22; Gespräch mit Herrn Schleihs am 15.01.2004.
[278] GE, 17.09.2001.
[279]Diese Aussage ist das Ergebnis der Umfrage Jugend 98 in guter Gesellschaft? Meinungsbilder aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (sfr. Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer ,1998) vgl. auch Teil 2, Punkt 2.2: die Deutsch(sprachig)e Frage, S. 32.
[280] Küchenberg, A. et al (2003).
[281] Hier muss bemerkt werden, dass es sich hier um die belgischen Eifeler, und nicht um die bundesdeutschen handelt. In der DG gibt es die Zweispaltung „Eupen-Eifel“ oder „Eupen-Sankt-Vith“. Mit dem Eifeler Land oder mit den Eiflern sind also die Einwohner des Sankt-Vither Raums gemeint.
[282] Sieh Teil 1, Punkt 1.3.:Spuren in die Vergangenheit, S.7.
[283] Auch zwischen Eupen und Sankt-Vith bestehen linguistische Unterschiede: Siehe S. 66.
[284] Marzel Maraite, in ‚Wer bist du?’ (2003, 15).
[285]Kapitel basiert auf: Jenniges, H. et al (1988); Cremer, F. (1990); Henkes, G. (2002); Rosensträter, H.(1985, 3. Bd. 611-616); Bertha, A. (1991); Berge, F.(2003, 170-171); Brassine J. & Y. Kreins (1984); Thomas, S. (2002); Nelde, P. H. (1979, 108-111); eigene Umfrage (2003-2004); GE, 18.4.1983; Lambertz, K.-H. (Redensammlung 2002-2003); RDG-Ausschuss für Kultur (1994); Witte, E. & H. Van Velthoven (1999).
[286]Die altbelgischen Gebiete Aubel, Bocholt und Arel gehören ab 1830 zum Königreich Belgien. Dort wurde also Deutsch geredet, aber im Laufe der Zeit sind diese Gemeinden völlig französisiert. Siehe auch Anlage 6: die altbelgischen Gebiete.
[287] Siehe Teil 2, Punkt 1.3.2.2. Die Revisionsbewegung, S.16.
[288] Die geschätzten Zahlen sprechen von ungefähr 250 Lehrern, die, obwohl sie während der unsicheren Kriegszeiten treu ihre Pflicht weiter erfüllt hatten, nach 1945 entlassen worden sind. (cfr. Cremer, F. et al 1990).
[289] Henkes G. (2002b, 33).
[290] Dies schrieb die Revue Générale (cfr. Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer 2001, 52).
[291] Rosensträter, H. (1985, 460).
[292] Bemerkenswert ist aber, dass Malmedy, obwohl es immer als einen Teil der deutschsprachigen Gebiete betrachtet wird, seit dem Mittelalter im Grunde französischsprachig ist. Siehe Teil 1, Punkt 1.3.1. Die verschiedenen Gebiete im Mittelalter, S. 7.
[293] Bertha, A. (1991).
[294] Jenniges, H. (1988, 77); Witte, E. & H. Van Velthoven (1999).
[295] Siehe Teil 2, Punkt 2.1.2. 1. Die erste Staatsreform, S.27.
[296] Rosensträter, H. (1985, 465), 3. Bd.
[297] GE 23.3.1983: Der korrekte Gebrauch der deutschen Sprache muß beim Staatsrat gewährleistet werden. In internen Diensten, sowie für die Beziehungen zu der Hauptstadt ist Deutsch die maßgebende Sprache.
[298] Henkes G. (2002b, 10).
[299] Henkes, G. (2002b).
[300] Berge, F. (2003); GE, 14.4.1983: In Artikel 15, §3 der Gesetze über den Sprachgebrauch in Verwaltungsangelegenheiten heißt es, dass in den Malmedyer Gemeinden und in den Gemeinden der deutschsprachigen Region die lokalen Dienststellen in einer Weise zu organisieren sind, daß die Öffentlichkeit ohne jede Schwierigkeit die französische Sprache gebrauchen kann. Im Kontakt mit dem Bürger muß die Verwaltung die Sprache gebrauchen, die auch den lokalen Diensten in der jeweiligen Gemeinde des Betreffenden vorgeschrieben wird. Entweder deutsch oder französisch, je nach Wunsch des Bürgers.
[301] Siehe Teil 1, Punkt 1.3.2.1. Die schwierige Integration unter Baltia, S. 11 und Anlage 11.
[302] Heutzutage hat sich diese Situation aber noch immer nicht geändert, obwohl es einige Zugeständnisse gemacht worden sind
[303] Siehe Teil zwei S. 31-32, Fußnote 3.
[304] Der Sprachgebrauch in den administrativen Bereichen bleibt aber eine Befugnis des Föderalstaates Belgiens. Hier bleiben die Sprachengesetze von 1962-1963 also gültig und sie können nicht vom Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft abgeändert werden, obwohl er in diesen Materien eine beratende Rolle spielen kann. (Henkes, G. 2002b, S. 33)
[305] Jenniges, H. (1988), S. 39; Thomas, S.: Interview am 19.11.2003; Fragebogen 2: Frage 5 Haben Sie den Eindruck, mehrsprachiger Unterricht ist schwieriger als einsprachiger? Welche Lösungen werden dafür gefunden?.
[306] Berge, F. (2003 S. 198-201).
[307] Eigene Umfrage: «Wie steht die Bevölkerung der DG zum Identitätsbegriff und zum politischen Autonomiestreben?“ Frage 15, Graphik 1, Anlage 17.
[308]Kolloquium (12.11.2003); Eigene Umfrage.
[309] Rosensträter, H. (1985 , 193).
[310] Brassine, J. & Y. Kreins (1984).
[311] Titel IX – Übersetzung der Gesetze, Erlasse und Verordnungen
Artikel 76 - §1: Nach Maßgabe der Haushaltsmittel ist der für das deutsche Sprachgebiet zuständige Bezirkskommissar beauftragt: 1. eine offizielle deutsche Übersetzung der Gesetze, Dekrete, Verfügungen, Erlasse und Verordnungen zu erstellen und diese zu verbreiten; 2. bestehende deutsche Übersetzungen von Gesetzen, Dekreten, Verfügungen, Erlassen und Verordnungen zu sammeln, zu inventarisieren und zu verbreiten.
§2: Der unter §1 vorgenannte Bezirkskommissar wendet die deutsche Rechtsterminologie an, die der in Artikel 77 des vorliegenden Gesetzes erwähnte Ausschuss festgelegt hat. Er kann von Drittpersonen Übersetzungen in deutscher Sprache anfertigen lassen. Er kann für die von seiner Dienststelle erbrachten Leistungen ein Entgelt verlangen, dessen Höhe vom König festgestellt wird.
§3: Die in §1 Nr. 1 erwähnten Übersetzungen werden vom König erlassen und im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht.
Der Artikel 76 ist durch Artikel 16 des Gesetzes vom 18. Juli 1990 ersetzt worden. (cfr. Stephan, T. 2002, 146).
[312] Artikel 77 §1: Unter der Verantwortung des Innenministers wird ein Ausschuss mit der Bezeichnung „Ausschuss für die deutsche Rechtsterminologie“ eingesetzt. Dieser besteht aus drei Mitgliedern, die vom König unter den Bewerbern ernannt werden, die über besondere Kenntnisse in Rechts- und Gesetzgebungsfragen sowie über eine gründliche Kenntnis der deutschen Sprache und der Rechtsterminologie verfügen.
Der König regelt die Modalitäten, nach denen die Mitglieder dieses Ausschusses ernannt und besoldet werden, sowie dessen Arbeitsweise. Er stellt dem Ausschuss die zur Erfüllung seines Auftrags erforderlichen Sachmittel zur Verfügung. Das Mandat der Mitglieder dieses Ausschusses dauert vier Jahre; es kann erneuert werden.
§2: Der in §1 erwähnte Ausschuss ist beauftragt: 1. die in Belgien geltende deutsche Rechtsterminologie festzulegen; 2. Listen von Termini und Glossarien zu erstellen und zu verbreiten; 3. dem in Artikel 76 erwähnten Bezirkskommissar aus eigener Initiative oder auf dessen Anfrage ein Gutachten abzugeben über das Programm der in Artikel 76 §1 erwähnten offiziellen Übersetzungen und den Erwerb der in Artikel 76§2 erwähnten Übersetzungen; 4. den betroffenen Institutionen und Behörden in den Texten, die in ihre Zuständigkeit fallen, die Annahme jeglicher Änderung der Terminologie oder Formulierung zu empfehlen, die sich als angebracht erweist.
Der Artikel 77 ist durch Artikel 16 des Gesetzes vom 18. Juli 1990 ersetzt worden.. (Stephan, T. 2002, 146-147).
[313] Diese Vertretung ist aber nicht ständig, Siehe Teil zwei, Seite 48, Fußnote 2.
[314] Jenniges, H. (1988); Henkes, G.(2002;) GE: 23.3.1983: Sogar dieser Zeit wurde ein Ausschuss für die offizielle Übersetzung der Gesetze, Dekrete, und Erlasse geschaffen. Im Ausschuss sitzen drei Mitglieder, die vom Rat für 4 Jahre ernannt werden.
[315] Henkes G. & S. Thomas (2002b, 19).
[316] Jenniges, H. (1988); Henkes, G. & S. Thomas (2002b).
[317] Berge, F. (2003); Rosensträter, H. (1985, 564).
[318] Nelde, P. H. (1979, 48).
[319] Am 15. 11. 1985 ist im Belgischen Staatsblatt der Erlass in bezug auf einen eigenen Gerichtsbezirk in Eupen veröffentlicht worden. (cfr. Jenniges, H. 1988, 89).
[320] Jenniges, H. (1988. 89).
[321] Küchenberg, A. et al (2003, 13).
[322] Jenniges, H. et al (1987, 22-24).
[323] Die Arbeitnehmer kommen fast alle aus Wallonien, weil die Arbeitslosenzahl in der DG so niedrig ist (6%), dass es keine Leute gibt, die eine solche Stellung bekleiden wollen. In den wallonischen benachbarten Gemeinden wie Welkenraedt gibt es mehr Arbeitslose, die dann in der DG arbeiten.
[324] Auf dieser Ebene besteht auch ein Unterschied zwischen Eupen und Sankt-Vith: die Eifeler verweigern es sich ohne weiteres in Eupen in einem Laden ein Wort Französisch zu sprechen, während die Eupener damit weniger Schwierigkeiten empfinden..
[325] Eigene Umfrage: “Wie steht die Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft zum politischen Autonomiestreben? Frage 13: Welche Sprache sprechen Sie? Graphik 3; Anlage 17.
[326] Die Umfrage Jugend 98 in guter Gesellschaft von Lejeune C., A. Fickers und F. Cremer zeigt, dass 2 auf 3 Jugendlichen Mehrsprachigkeit als einen wesentlichen Charakterzug der DG betrachten.
[327]; Kolloquium in Louvain-La-Neuve am 12.11.2003.
[328] Lambertz, K.-H. (2001b).
[329] Die Prozentzahlen auf dieser Seite sind die Ergebnisse meiner Umfragen.
[330] DG: Deutschsprachige Gemeinschaft, GE: Grenz-Echo, MP: Ministerpräsident.
[331] Eigene Umfrage Frage 2, Graphik 6.
[332] Siehe Punkt 3.1.Gemeinsame Elemente der Identität der Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft, S. 53.
[333] Siehe Teil 2, Punkt 2.1.2.1. die erste Staatsreform, S. 27.
[334] Eigene Umfrage Frage 13: Welche sprachen sprechen Sie?; Anlage 17.
[335] Cremer, F. (2002) in Fiducit.
[336] Rosensträter, H. (1985, 457) 3. Bde.
[337] Leo Tindemans ist am 16.04.1922 geboren. Zwischen 1974 und 1978 war er belgischer Ministerpräsident. Während seiner politischen Karriere hat er die Deutschsprachigen geholfen, sich in ihrer neuen Heimat zu Hause zu fühlen (cfr. Jenniges, H. 2001, 149; http://www.premier.fgov.be/nl/formerpm/portraits/l_tindem.html ).Siehe auch Anlage 16.
[338] Lambertz, K.-H. (2002b).
[339] Eigene Umfrage, Frage 5: In wie weit sind Sie mit der Geschichte Eupen-Malmedys bekannt? In wie weit interessieren Sie sich dafür und „beeinflusst“ sie Ihr leben? Graphik 4 und 4b; Anlage 17.
[340]Siehe auch Teil 2, Punkt 2.3.1.: Der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft, S. 34. (cfr.RDG-Ausschuss für Kultur, 1994).
[341] Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer (1998); eigene Umfrage.
[342] Gespräch mit Herrn Schleis am 15.01.2004.
[343] Küchenberg, A. et al (2003, 19). Diese Feste sind ganz regionale Feste, die beim Außenseiter nicht bekannt sind. Ich habe allerdings nichts über dieses Fest herausfinden können.
[344] Siehe Anlage 1, Karte der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
[345] BRF (1999).
[346]Dekret betreffend die Einführung des Festtages, des Wappens und der Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft, den 1. Oktober 1990; Dekretentwurf betreffend die Einführung des Festtages, des Wappens und der Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft, den 31. August 1990 und den 25. September 1990; Baerten, J. (1969).
[347]Die heraldischen Farben sind Rot und Weiß, später ist auch das Blau dazu gekommen.
[348] Siehe auch Teil 1, Punkt 1.3.1.1. die verschiedenen Gebiete im Mittelalter S. 7.
[349] Es hat auch zig Versuche gegeben, statt des Löwen ein Fabelwesen zu kreieren, nämlich einen Greif: halb Löwe und halb Adler, um auf diese Weise auch den Zusammenhang mit der deutschen Kultur und Geschichte zu zeigen. Aber Tiere wie der Greif sind mehr in den mediterranen Ländern üblich, wie Italien und Griechenland. Der Vorschlag ist abgelehnt worden. Der Löwe hat die Oberhand gewonnen, nicht an letzter Stelle, weil auch das Königreich Belgien den Löwen in seinem Wappen trägt. Die Verbindung ist deutlich. Außerdem ist der Löwe der König der Tiere und flößt Respekt ein. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist ja noch jung, und sie soll sich also flink wehren können. Der Löwe kann dabei helfen. Drittens ist der Löwe nicht ganz gewalttätig, denn er ist das Tier des Evangelisten Markus (cfr. RDG, 25.: Dekret des Festtages, des Wappens und der Fahne; September 1990).
[350] Wenn die Anzahl der Gemeinden in der DG sich in der Zukunft ändern sollte, kann auch die Anzahl der Blumen auf dem Wappen per Dekret angepasst werden, wenn gewünscht(cfr. RDG, 25.: Dekret des Festtages, des Wappens und der Fahne; September 1990).
[351] Die silberne Farbe ist durch weiß ersetzt worden, weil die Fahnenfarben keine Metallfarben kennen. Dies sagt die Vexillologie, die Lehre der Bedeutung der Fahnen und Flaggen (cfr. Dekret, 25.09.1990).
[352] Senkrechte Streife in einer Fahne zeigen, dass das Gebiet durch eine Revolution entstanden ist (cfr. Dekret, 25.09.1990).
[353] Die Fahne basiert sich immer auf das Wappen, und Regel in der Heraldik ist, dass die Fahne zuerst die Farbe bekommt, die als Hintergrund auf dem Wappen dient (also silbern oder weiß), und dass erst danach die Farben der Figuren benutzt werden (also das Rot der Löwen in diesem Fall, weil der Löwe auch auf die frühere territoriale Geschichte des Gebietes hinweist). Die Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist also nicht auf die belgische Nationalfahne basiert. (die schwarz-gold-rote Fahne Belgiens geht auf das Wappen des Brabander Herzogtums zurück, dessen Farben rot, gelb und schwarz waren, obwohl waagerecht statt senkrecht. Nur in einem späteren Stadium haben die Farben eine senkrechte Stellung bekommen. Und auch hier gilt die Regel: zuerst die Hintergrundfarbe und nur an zweiter und dritter Stelle die Farben der Figuren). (http://www/users.pandora.be/tom.verheyden/verdi2/geschiedenis.htm).
[354] Dekret betreffend die Einführung des Festtages, des Wappens und der Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft, den 1. Oktober 1990; Dekretentwurf betreffend die Einführung des Festtages, des Wappens und der Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft, den 31. August 1990 und den 25. September 1990; Lejeune C., A. Fickers & F. Cremer (2001).
[355] Dies hat unter anderem der damalige Ministerpräsident Joseph Maraite gesagt. Er war die Meinung, ein nationaler Tag wäre am besten, vor allem wie sich die Daten aus der jüngeren Vergangenheit allesamt dazu nicht eignen. (cfr.Cremer, F. 2002).
[356] Siehe auch Teil 1, Punkt 1.3.2. Zugehörigkeit zu Belgien: Zitat aus Spuren in die Zukunft, S. 11.
[357] RDG; den 25. September 1990, Dekretentwurf betreffend die Einführung des Festtages, des Wappens und der Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
[358]Paragraph basiert auf: Kolloquium (12.11.2003): Gerd Henkes, die Studenten, Freddy Cremer, Carlo Lejeune; eigene Umfrage.
[359] Diese Gedanken Herrn Cremers sind eine Zusammenfassung, von dem, was er auf dem Kolloquium in Louvain-la-Neuve gesagt hat, und was er in seinen Artikeln über die DG geschrieben hat. Cremer, F. (2002).
[360] Kolloquium in Louvain-La-Neuve, am 12.11.2003.
[361] Siehe Punkt 3.1.4.1 Die Medien, S. 87.
[362] Zuständige dafür war das Meinungsforschungsinstitut Marketing Unit in Brüssel
[363] GE, 24.10.1992.
[364] GE, 13.10.1981, Lejeune, C., A. Fickers &F. Cremer (1998); Lejeune C., A. Fickers & F. Cremer (2001).
[365] Siehe auch meine Umfrage, in der ich gegensätzliche Ergebnisse gefunden habe.
[366] GE, 13.10.1981.
[367] Siehe auch Punkt 3.1.1. Gemeinsame Elemente der Identität der Deutschsprachigen Gemeinschaft, S. 53.
[368] «Wir sind keine deutschsprachigen Wallonen!».
[369] In meiner Umfrage erwiesen sich diese Kenntnisse doch als wichtig! Vor allem dann für die ältere Generation.
[370] Dies stimmt überein mit dem Element Kultur ihrer Identität. Die meisten Einwohner der DG sind kulturell mehr auf Deutschland als auf Belgien orientiert. Meine Umfrage hat ergeben, dass die jüngere Generation Nazi-Deutschland nicht zu ihrer Vergangenheit rechnet, im Gegensatz zu der älteren.
[371] Solche Auffassungen sind typisch für die DG: 1940 war das Rathaus von Eupen mit einem Transparent verziert, das sagte: „Führer, wir danken dir“ Nach dem Krieg wurden den Alliierten so zugejauchzt. Jetzt werden die schlimmeren Seiten des Geschichtsbuches allzu schnell umgedreht und ‚vergessen’(cfr. Cremer, F. & B. Mießen, 1996).
[372] Schleihs Dirk: Identité et frontière, S. 5 GE, 10.04.1986.
[373] Berge, F. (2003, 167).
[374] Dank einer Verwandten, die im Eupener Bauernbund (Boerenbond) bekannt ist, habe ich dort einen Konferenzraum buchen können, um mit den Leuten ungestört reden zu können.
[375] Im Süden (Sankt-Vith) benutzt die übergroße Mehrheit (+/- 80%) den Namen Ostbelgien, gegenüber in Eupen 40%. In Eupen benutzen die Bewohner den Begriff „Deutschsprachige Gemeinschaft“.
[376] In Sankt-Vith wird „Heimat“ mit Familie und Freunden verknüpft, in Eupen eher mit politischen Institutionen wie „Belgien“, „DG“ usw.
[377] Ganz verständlich soll man hier im Hinterkopf halten, dass es hier um eine Anekdote geht und dass es also Übertreibungen mitspielen können. Ich bezweifle sehr, dass jetzt kein einziges Spiel mehr in einer Kneipe verfolgt wird. Die Anekdote unterstützt aber die schwergeladene gefühlsmäßige Verbundenheit mit Belgien, und auf keinem Fall mit Deutschland.
[378] Schleihs, D. (Gespräch am 15.01.2004).
[379] Schleihs, D. (2004b).
[380] Siehe auch Punkt 3.1.1.3.: Kultur, S. 70.
[381]Paragraph basiert auf: Jenniges, H. (1988); Lambertz, K.-H. (2002-2003; Redensammlung); Vandriessche, D. (1991); Lejeune, C., A. Fickers & F. Cremer (2001); eigene Umfrage Fragen 8 und 10.
[382] Medien üben eine Art von kontrollierender Funktion aus.
[383] Der Fernsehsender des BRF.
[384] Der Sender umfasst die Teilsender Première, Vivacité, Classique 21, Musique 3 et Pure FM. Zwischen diesen fünf habe ich aber keinen Unterschied gemacht.
[385] Jenniges, H. (1988); BRF (1999); http://www.grenzecho.be; 75 Jahre Grenz-Echo (Sonderausgabe); Vandendriessche, D. (1991); Cremer; F. et al (1990),; Jenniges, H. (2001).
[386] Siehe auch Teil 1, Punkt 1.3.2.1. Die schwierige Integration unter Baltia, S. 11. (cfr.Lejeune C., A. Fickers & F. Cremer (2001).
[387] http://www.grenzecho.be (konsultiert am 4.10.2003).
[388] Die christlich-soziale Partei (Siehe auch Punkt 3.2.1.2.1., S. 101.)
[389] BRF (1999).
[390] Vandriessche, D (1991, 10).
[391] Vandriessche, D. (1991, 11).
[392] BRF (1999); Jenniges, H. (1988); RDG-Auschuss (07.02.2003) ;http://www.brf.be; Rosensträter, H. (1985, 536 3. Bd); Jenniges, H. (2001); Lejeune C., A. Fickers & F. Cremer (2001).
[393] Der Artikel 1 ist festgeschrieben im Rahmen eines Beschlusses zur Genehmigung des Entwurfs eines Geschäftführungsvertrags mit dem BRF (cfr. RDG-Ausschuss für Kultur, 1994).
[394] Das Medienzentrum hängt auch direkt vom Ministerium der DG ab.
[395] BRF (1999).
[396] BRF (1999); RDG-Ausschuss ( 07.02.2003).; Vandriessche, D. (1991); http://www.brf.be/ka3/ .
[397] Interreg ist ein Projekt des europäischen Fonds für die regionale Entwicklung (EFRB), das die transeuropäische Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Regionen in der EU fördern will. Daher unterstützt Interreg die grenzüberschreitende, die transnationale und die interregionale Zusammenarbeit. (cfr. http://europa.eu.int/comm/regional_policy/interreg3/index_en.htm).
[398] Carlo Lejeune auf dem Kolloquium in Louvain-La-Neuve am 19.11.2003.
[399] Zusammen mit Herrn Stephan Thomas Chef des Kommunikationsdienstes des RDG.
[400] GE, 22.10.1983; GE 15.10.1981; Rat der deutschen Kulturgemeinschaft (Siehe auch Teil 2.3.1.: Die deutsche Kulturgemeinschaft und der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft, S.34).
[401] GE, 13.10.1981.
[402] Manfred Betsch war Generalsekretär des RDG in den achtziger Jahren.
[403] Carlo Lejeune am 19.11.2003; Dirk Schleihs am 15.04.2004.
[404] Kolloquium Louvain-La-Neuve: Gerd Henkes vom RDG; http://www.dglive.be; http://www.rdg.be .
[405] Siehe auch Punkt 3.3: der bewegte Sommer 2002 (DG-Aufkleber und Teddybären).
[406] GE, 6.11.1999.
[407] Cremer, F. (2002).; http://www.dglive.be.
[408] Siehe hierüber mehr im Punkt 3.3: Der bewegte Sommer 2002.
[409] Laut Einwohner der DG sprach er sogar von einem ‘Referendum’ (Schleihs, D., 15.01.2004).
[410] http://www.dglive.be/start.html?/medienzentrum.
[411] www.learnbox.org ; Interview am 17.03.04 anhand meiner zweiten Fragebogen.
[412] Siehe auch Punkt 3.1.1.1. Sprache: die Sprachevolution in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, S.57.
[413] Ist von den Schulen bedingt.
[414] Eigene Umfrage, Frage 16: „ Benutzen Sie deutsche oder französischsprachige Handbücher?“.
[415] Eigener Umfrage, Frage 16. Benutzen Sie deutsche oder französischsprachige Handbücher?“.
[416] Fickers, A., F. Cremer & C. Lejeune (1998).
[417] RDG (s.d.)Unser Rat.
[418] Der RDG-Ausschuss für Kultur (1994, 13) ; Interview mit Stephan Thomas am 19.11.2003.
[419] Interview mit Stephan Thomas am 19.11.2003.
[420] GE, 12.08.2002; Ausführlicher Bericht, 17.10.2002; http://sp-info.be.
[421] Siehe Punkt 3.3.: der bewegte Sommer 2002.
[422] GE, 10.03.2001.
[423]Charles Servaty ist am 14.06.1966 in Malmedy geboren. Seit 1988 ist er Mitglied der SP und jetzt ist er der Fraktionsleiter. Seit 1995 ist er ebenfalls Mitglied des RDG.
[424] http://www.pff.be.
[425] Vandriessche, D. (1991).
[426] GE, 26.09.2001; GE, 15.09.2001.
[427] Das Sprechen mehrerer Sprache ist ja einen wichtigen Trumpf der Identität der DG.
[428] Der RDG-Ausschuss für Kultur (1994); http://www.csp-dg.be.
[429] Vandriessche, D. (1991); Jenniges, H. (2001).
[430] Siehe auch Punkt 3.3.: Der bewegte Sommer 2002, S. 112.
[431] Cremer, F. (2002) aus GE vom 22.08.2002.
[432] Öfters so genannt, weil behauptet wird, dass in der Regierung nur einer den Ton angibt.
[433] Grenz-Echo, 07.07. 2003, S. 5.
[434] Siehe Punkt 3.3.: der bewegte Sommer, S. 112.
[435] Cremer, F. (2002).
[436] http://www.pju-pdb/be.
[437] Berge, F. (2003, S. 176, Fußnote 225).
[438] Siehe Punkt 3.3.3. Die DG-Aufkleber, S. 114.
[439] Siehe Teil 2 Punkt 2.4.1.3.Die Beziehungen mit der Wallonischen Region und der Wallonischen Gemeinschaft, S. 46 und Teil 3 Punkt 3.3.1. Die Forderungsliste am wallonischen Ministerpräsidenten Vancauwenberghe, S. 113.
[440] In dem RDG sind 6 Ausschüsse tätig, die sich damit beschäftigen, die Entscheidungen der Plenarversammlungen vorzubereiten und sie beschlussreif zu machen. Jeder Ausschuss hat seine spezifischen Aufgaben: Ausschuss I: Geschäftsordnung, Petitionen, Finanzen und Buchführung; Ausschuss II: Jugend, Sport, Freizeit, Tourismus; Ausschuss III: Unterricht und Sprache; Ausschuss IV: Fortbildung, Volksbildung, Bibliotheken, Musik, Museen; Ausschuss V: Rundfunk; Ausschuss VI: kulturelle Zusammenarbeit. (cfr. Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft s.d. Unser Rat, S. 33).
[441] Diese lokalen Mandatare sind die Mitglieder der BSK (das Bürgermeister- und Schöffenkollegium), der Gemeinderäte, der ÖSHZ (das öffentliche Sozialhilfezentrum) der 9 Gemeinden und der Mitglieder der Provinzialräte, die in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ansässig sein. (cfr. RDG Auschuss I 2002 a, b und c).
[442] Bis jetzt sind 2 Deutschsprachigen nur zeitlich im wallonischen Parlament vertreten. Da die deutschsprachigen Belgier keinen eigenen Wahlbezirk haben, können sie nicht selber eine Liste mit Vertretern aufstellen, in diesem Bereich gehören sie zum Wallonischen Region. Dies hat zur Folge, dass die deutschsprachigen Vertreter immer nur auf der 3. oder 4. Platz stehen und sie nie genug Stimmen erzielen können, um ständig vertreten zu werden. Im Föderalparlament gibt es eine ähnliche Situation.
[443]Die untergeordneten Behörden sind die Gemeinden und Provinzen.
[444] Der Denkmal- und Landbauschutz ist Teil der Befugnisse der DG seit 1994.
[445] (RDG Ausschuss I, 2002a, 11).
[446] (RDG-Ausschuss I, 2002a, 33).
[447]Wissenschaftliche Forschung, Infrastruktur, Dienste, Einrichtungen und Unternehmen, Vorkaufsrechte, Unterstrafestellung und Feststellung von Strafen, Entwicklungszusammenarbeit, ....
[448] Auswertung der Umfrage in bezug auf die Übertragung von regionalen Befugnissen, S. 11.
[449] Siehe Punkt 3.1.3.3. Besprechung meiner Umfragen, S. 108.
[450] Es war eine offene Fragen und ich hatte selbst keine Möglichkeiten gegeben. In der Graphik stehen die von mir selbst katalogisierten Antworten, die am häufigsten zurückkamen.
[451] Kolloquium in Louvain-La-Neuve am 12.11.2003.
[452] Küchenberg, A. et al (2003, 20).
[453]Die meist zurückkehrenden Antworten habe ich in der obenstehenden Graphik zu kategorisieren versucht.
[454]Diese Aussage ist ein Zitat aus meinen Antworten und ist ein Kommentar, der häufig (au 20 13) zurückkam.
[455] Siehe Teil 2, Punkt 2.3.5: die Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft, 42. X.
[456]Paragraph basiert auf: Cremer, F. (2002); GE, 07.02.2001; GE, Dienstag, 06.02.2001; Dokument des Rates N. 106; Berge, F. (2003, S. 187-189).
[457] Siehe auch Teil 2, Punkt 2.3.5.5., S.44.
[458] Dokument 106: Resolution an die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft und die Regierung der Wallonischen Region zum Autonomiestatus der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dessen weiteren Anbau.
[459] Siehe auch Teil 2: weiterer Autonomieausbau
[460] Cremer, F. (2002).
[461] Lambertz, K-h. (2002a).
[462]Paragraph basiert auf: Berge, F. (2003, 188-189); Dokument des Rates, Nr. 106. GE-Artikel; Interview am 17.03.4; Umfrage 2.
[463] Dokument 106 des Rates: […] weist der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit Nachdruck und in aller Deutlichkeit darauf hin, dass die Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf Grund ihrer Geschichte, ihrer Sprache und ihrer Kultur (Siehe auch Teil eins) über eine eigene Identität verfügt, die insbesondere durch die Zuerkennung eines spezifischen Status in der Verfassung anerkannt und verankert wurde; dass es der Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft selbst bzw. dem Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft als deren legitimer und demokratischer Vertreter zukommt, ihre Identität zu definieren; [...].
Berge, F. (Zitat aus GE von 18.07.2002): Laut unserer großzügigen, gastfreundlichen und multikulturellen Auslegung ist jeder Bürger, der in der Wallonie lebt, Wallone. Neben der Mehrheit frankophoner Wallonen, gibt es deutschsprachige Wallonen, so wie es Wallonen ausländischen Ursprungs gibt.
[464] Grenz-Echo12. 07.2002; GE, 26.09.2001.
[465]Paragraph basiert auf: Cremer, F. (2002); Interview mit Stephan Thomas am 19.11.2003; Interview mit Rita Bertemes am 19.11.2003: GE Artikels (12.08.2002, 16.09.2002, 24.07.2002, 25.07.2002, 26.07..2002, 31.07.2002).
[466] Die Kosten des Aufklebers betragen ungefähr € 8250.
[467] so begeistert war die Bevölkerung also nicht [eigene Anmerkung] GE, 16.09.2002.
[468] Küchenberg, A. et al (2003): Serge Demonthy, Wer bist du? Zitat, S. 17.
[469] Cremer, F. (2002) aus GE vom 24.07.2002.
[470] GE: 16.09.2002, Ge 25.07.2002: Hubert Kockelmann hat im Juli die ganze Aktion der deutschen Polizei erklären können, als sie ihn in der Nähe von Düsseldorf gehalten hat, weil sie dachten, einen Drogenhändler aus Osteuropa gefunden zu haben. Acht Beamten aus vier Polizeifahrzeugen musste der Mann erklären, was die DG eigentlich ist und wo sie in Belgien liegt. Anfangs traute die Polizei ihm nicht: Ein Mann mit einem belgischen Pass, der Deutsch spricht und ein unbekanntes Emblem auf seinem Wagen hat, kam ihnen verdächtigt vor. Nach einem Anruf bei den belgischen Behörden konnte der Mann konnte seine Fahrt aber weitermachen. Außerdem können wir hier einen Parallel mit Katalonien (im Nordosten von Spanien), wo die übergroße Mehrheit einen Aufkleber auf dem Wagen hat, der den Unterschied zu Spanien deutlich macht.
[471] GE: 26.07.2002.
[472] Cremer, F. (2002) Fiducit aus le Soir vom 16.08.2002.
[473] Ausführlicher Bericht, 17.10.2002; Sitzungsperiode 2002-2003.
[474] Interview mit Rita Bertemes am 19.11.2003; Artikel aus der Zeitung Grenz-Echo (13.09.2002; 14.09.2002; 16.09.2002, 20.09.2002); Interview am 17.03.04; Fragebogen 2.
[475] Die Bären würden € 2.84 pro Stück kosten, die Gesamtkosten für 800 Bären belaufen sich also auf ungefähr € 2300.
[476] Siehe auch die DG-Aufkleber.
[477] Als Protest haben manche sich beim Karneval als Teddybären verkleidet. Sie hatten alle einen DG-Aufkleber bei sich.
[478] GE: 14.09.2002.
[479] Interview mit Rita Bertemes am 19.11.2003; Artikel aus dem Grenz-Echo (13.07.2002, 20.09.2002, 21.09.2002, 25.09.2002, 26.09.2002, 27.09.2002, 28.09.2002, , 01.10.2002, 02.10.2002, 03.10.2002, 04.10.2002, 05.10.2002, 08.10.2002, 09.10.2002, 17.10.2002 23.10.2002, 04.11..2002,); Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Sitzungsperiode 2002-2003; Ausführlicher Bericht, 7.10.2002; http://www.csp-dg.be; Interview am 17.03.04; Fragebogen 2.
[480] Die CSP bestreitet diese Aussprache (Ausführlicher Bericht, 17.10.2002).
[481] GE, 26.09.2002.
[482] Erschienen in der Ausgabe vom 03.02.2001.
[483] GE, 21.09.2002.
[484] Ausführlicher Bericht 17.10.2002.
[485] Früher war dies nicht möglich, weil Herr Horn in Urlaub war. (Ausführlicher Bericht, S. 151).
[486] GE: 21.09.2002: GE: 03.10.2002 Die Regierung verteidigt sich hier aber. Sie sagt, dass es nicht das erste Mal ist, dass so etwas passiert, und das auch anderen Parteien auf diese Weise Leute ernannt haben, sogar die CSP.
[487] Niermann war ein reicher Deutscher, der in den 70’er-80’er Jahren die Niermanstiftung organisiert hat. Mit dieser Stiftung unterstützte er Minderheiten, und so auch die DG. Auch die PDB war Mitglied dieser Stiftung. Problem war aber, dass auch einige rechtsextremistischen Deutschen und Österreicher Mitglied des Gremiums war und das sie versucht haben, im Vorstand eine Mehrheit zu bilden und so die Führung der Stiftung zu übernehmen. Die PDB hat dann versucht, die Rechtsextremisten zu beseitigen, ist aber trotzdem selber Rechtsextremismus beschuldigt worden. Später ist ihre Ehre aber wiederherstellt worden.
[488] RDG (2002), Ausführlicher Bericht, N. 106.
[489] RDG (2002), Ausführlicher Bericht, N. 106.
[490] Dies lässt unter anderem eine Briefkorrespondenz zwischen Lambertz und Derwahl vermuten. Lambertz beschuldigt Derwahl, Rache zu nehmen, weil er von der Regierung keine Freistellung für einen kulturellen Auftrag finanziert bekommen hat. Lambertz behauptet sogar, dass Derwahl im Auftrag handle. Lambertz wollte die Briefe vorlesen, aber Gehlen protestierte, dass das eine Verletzung der Briefkorrespondenz sei. Gehlen meint, Lambertz wolle seinen Fehler zu ein Fehler der Presse machen. GE, 09.10.2002.
[491] Ausführlicher Bericht und GE, 08.10.2002.
[492] GE, 08.10.2002.
[493] RDG (2002), Ausführlicher Bericht, N. 106.
[494] Eigene Umfrage, Fragen 12, 13, 14, 15; Zitat einer meiner Respondenten.
[495] GE, 19.09.2002.